Alma Motzko
Alma Motzko, * 1. Juni 1887 Kierling (Niederösterreich), † 22. November 1968 Wien, Kommunalpolitikerin.
Biografie
Alma Motzko, geborene Seitz, wurde als Tochter eines Beamten geboren. Nach der Matura, die sie als Privatistin am Gymnasium in Prag ablegte, begann sie an der Universität Geschichte, Geografie und Philosophie zu studieren und promovierte 1912. Politisch stark interessiert, nahm sie Kontakt zur katholischen Frauenorganisation (KFO) auf und stellte sich dieser ehrenamtlich zur Verfügung. Allmählich stieg sie im Verband zur Generalsekretärin und schließlich zur Präsidentin auf. Zudem war sie Mitglied der Leo-Gesellschaft, der Katholischen Akademikergemeinschaft und Vizepräsidentin der Reichsorganisation katholischer Frauen Österreichs. Sie heiratete einen Beamten der Bauabteilung des Wiener Magistrats.
Nach dem Ersten Weltkrieg gehörte sie dem Provisorischen Gemeinderat der Stadt Wien an. Sie kandidierte für die Christlichsoziale Partei im 1. Bezirk und 1927 für die Einheitsliste. Motzko war von 1919 bis 1920 Mitglied des Gemeinderates der Stadt Wien, von 1920 bis 1934 Abgeordnete zum Wiener Landtag und Mitglied des Gemeinderates der Stadt Wien. Zudem fungierte sie von 1919 bis 1934 als Stadträtin. Alma Motzko war eine der ersten gewählten Politikerinnen Österreichs und entwickelte sich zur bedeutendsten christlichsozialen Kommunalpolitikerin Wiens in der Zwischenkriegszeit. Die Schwerpunkte ihrer Arbeit bildeten dabei soziale und Frauenthemen, Volks- und Weiterbildung.
Alma Motzko war von 1934 bis 1938 in der Wiener Bürgerschaft Rätin der Stadt Wien für Schul-, Erziehungs- und Bildungswesen. Damit war sie die einzige weibliche Abgeordnete, die während der gesamten Ersten Republik dem Gemeinderat – und von 1934 bis 1938 dessen Scheinvertretung – angehörte. Obwohl sie grundsätzlich den "Ständestaat" begrüßte, stand sie Maßnahmen, die sich gegen Frauen richteten (Wiedereinführung des Heiratsverbots für aktive Beamtinnen und Lehrerinnen, Rücknahme der gesetzlichen Gleichstellung der Frau, Subventionskürzungen für Mädchenmittelschulen), kritisch gegenüber und hielt sich mit öffentlichen Äußerungen nicht zurück. Im eigenen Wirkungsbereich innerhalb der katholischen Frauenorganisation kämpfte sie dagegen an, dass der Verband durch die katholische Kirche vereinnahmt wurde und dass Funktionärinnen nicht mehr gewählt werden durften, sondern durch Kardinal Innitzer ernannt wurden.
1935 wurde ihr nahegelegt, als Präsidentin der katholischen Frauenorganisation zurückzutreten; sie wich dem Druck und schloss sich 1937 als Landesfrauenreferentin der Vaterländischen Front an. Nach 1945 ging sie nicht mehr in die Politik, arbeitete aber als Landesgeschäftsführerin des Sozialen Hilfswerks. Zudem war sie Geschäftsführerin-Stellvertreterin der Österreichischen Frauenbewegung (ÖFB), Präsidentin des Vereins zur Versorgung und Beschäftigung erwachsener Blinder in Wien und von 1954 bis 1958 Obmann-Stellvertreterin des Österreichischen Familienbundes.
1959 veröffentlichte sie "Weg der Frau zu Recht und Geltung" (1959) und "Über die Persönlichkeit der Frau" (1962); postum erschien "Leben, Welt und Gott".
Die städtische Wohnhausanlage Alma-Motzko-Seitz-Hof ist nach der Politikerin benannt.
Quellen
- Österreichisches Staatsarchiv − Archiv der Republik, Bundesministerium für Inneres, Gauakten: 50.720
- Wiener Stadt- und Landesarchiv, M. Abt. 202, A52 − Personal- und Pensionsakten, politische Funktionäre, 1945−2004: Personalakt von Alma Motzko
- Wiener Stadt- und Landesarchiv, Gestapo, K1 − Gestapo-Kartei: Erkennungsdienstliche Kartei von Alma Motzko
- Wienbibliothek im Rathaus / Tagblattarchiv: Motzko, Alma, TP-034826
- Wienbibliothek Digital: Motzko, Alma
Literatur
- Maren Seliger: Scheinparlamentarismus im Führerstaat. "Gemeindevertretung" im Austrofaschismus und Nationalsozialismus. Funktionen und politische Profile Wiener Räte und Ratsherren 1934–1945 im Vergleich. Wien: Lit-Verlag 2010, S. 791
- Österreichisches Biographisches Lexikon 1815–1950. Hg. von der Österreichischen Akademie der Wissenschaften. Band 3, 10−12. Wien: Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften / Wien / Graz: Böhlau 1965, 1994, 1999, 2005, 2009
- Wolfgang Solt: Wiener Abgeordnete zum Nationalrat, Mitglieder des Wiener Gemeinderates (Landtages) und des Wiener Stadtsenates (Wiener Landesregierung), Wiener Bezirksvorsteher und -Stellvertreter 1918 (1920)−1934. Wiener Bundesräte 1920−1934. Wiener Bezirksvorsteher 1934−1948. Wien (maschinschriftlich) 2002
- Susanne Feigl: Politikerinnen in Wien. 1848−2000. 2 Bände. Wien: Frauenbüro, Magistrat der Stadt Wien 2000, S. 30
- Wolfgang Solt: Mitglieder des Gemeinderates der Stadt Wien (Wiener Landtages) und des Stadtsenates der Stadt Wien (der Wiener Landesregierung) 1918−1934. Wien: 1995
- Pia Maria Plechl: Alma Motzko. In: Christliche Demokratie. Schriften des Karl-von-Vogelsang-Instituts. Vierteljahresschrift für Zeitgeschichte, Sozial-, Kultur- und Wirtschaftsgeschichte 2 (1984), S. 231−234
- Irene Schöffmann: Ein (anderer) Blick auf die katholische Frauenbewegung der Zwischenkriegszeit. In: Österreich in Geschichte und Literatur 28 (1984), S. 155–168
- Wienbibliothek Digital: Oswald Knauer: Der Wiener Gemeinderat 1861−1962. In: Handbuch der Stadt Wien. Band 77. Wien: Verlag für Jugend und Volk 1963 [Stand: 04.11.2019]
- Wolfgang Oberleitner: Politisches Handbuch der Republik Österreich 1945–1960. Wien: Guardaval 1960 (Guarda Information, 4), S. 18, S. 122
- Das Neue Wien und seine Bürgerschaft. Eine Darstellung des ständischen Aufbaues der Stadt Wien. Almanach für die bundesunmittelbare Stadt Wien. Wien: Beck 1935, S. 75
Alma Motzko im Katalog der Wienbibliothek im Rathaus.