Arbeitsamt Ottakring
48° 12' 20.11" N, 16° 20' 6.67" E zur Karte im Wien Kulturgut
Arbeitsamt Ottakring (16., Herbststraße 6-10, Ludo-Hartmann-Platz 13, Hippgasse 13-15), Arbeitsamt für das Baugewerbe, eröffnet 28. Mai 1927, um 1996 übersiedelt es nach 16., Huttengasse 25, seit 2007 ist der Gebäudekomplex des ehemaligen Arbeitsamtes Sitz von der Pharmafirma Bayer Austria.
Gebäude
Erbaut von Hermann Stiegholzer und Herbert Kastinger (Eröffnung 28. Mai 1927). Das einstöckige Gebäude diente ursprünglich der Information über freie Arbeitsplätze im Baugewerbe und entwickelte sich erst allmählich zu einem allgemeinem Arbeitsamt. Es verfügte über einen Vermittlungsraum für 600 Personen und 48 Schalter. Das Obergeschoß beherbergte Diensträume und einen Sitzungssaal.
Seit 1951 befasste man sich mit Plänen für einen Neubau. 1968-1970 wurden Ausweichunterkünfte geschaffen (4., Belvederegasse 32; 5, Embelgasse 6), am 11. Mai 1970 begannen die Abbrucharbeiten. Der mehrstöckige Neubau, ein Stahlbetonskelettbau mit vorgehängter Leichtmetallfassade von Leo Splett, wurde am 30. September 1975 dem Betrieb übergeben. Dabei wurden bei der Planung der inneren Organisation den Erfordernissen des Arbeitsmarktförderungsgesetzes und einer aktiven Arbeitsmarktpolitik Rechnung getragen.
Die Tätigkeit des Arbeitsamtes
1898 wurde das erste städtische Arbeitsvermittlungsamt eröffnet, neben dem noch Arbeitsnachweise der freien Gewerkschaften bestanden. Im Zuge des Ersten Weltkriegs kam es 1914 durch die Gemeinde Wien zur Errichtung einer Zentralstelle für Arbeitsnachweise in Wien und Niederösterreich im Büro der Kommission für soziale Fürsorge (1., Stock-im-Eisen-Platz) und 1917 zur Umwandlung des „Arbeits- und Dienstvermittlungsamtes der Stadt Wien in ein „Arbeiterfürsorgeamt".
Zur Vermittlung von Kriegsinvaliden beziehungsweise zur Auszahlung von Arbeitslosenunterstützungen waren ab 1918 zunächst 54 Arbeitslosenämter in Wien für die Entgegennahme der Anmeldungen zuständig, in den folgenden Jahren wurde diese Zahl reduziert. 1927 bestanden rund 20 Arbeitsämter in Wien, darunter das in diesem Jahr eröffnete Arbeitsamt Ottakring, das für das Baugewerbe zuständig war.
Am 30. Mai 1938 wurden die Arbeitsämter in Gauarbeitsämter umbenannt und fungierten 1938 bis 1945 als Außenstelle Wien der Reichsanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung (Überbezeichnung der staatlichen Arbeitsverwaltung).
Um während des Zweiten Weltkriegs die "Reichsverteidigung" sicherzustellen, wurde vom Arbeitsamt Wien 1943 eine Kundmachung herausgegeben, die sich an alle meldepflichtigen Personen (Männer von 16 bis 65 Jahren und Frauen |Mädchen| von 17 bis 45 Jahren) richtete, "die es bisher unterlassen haben, ihrer Meldepflicht auf Grund der Verordnung vom 27. Jänner 1943 , RGBl. I S. 67, über die Meldung von Männern und Frauen für Aufgaben der Reichsverteidigung nachzukommen, haben ihre Meldung nachträglich bis 10. Oktober 1943 nachzuholen."
Während des Zweiten Weltkriegs vermittelte das Gauarbeitsamt Ottakring "Fremdarbeiterinnen" und "Fremdarbeiter" zudem unter anderem an die Industrie- und Handwerksförderungsgesellschaft m.b.H. (INHA), die in INHA-Lagern Zwangsarbeit leisten mussten, etwa im INHA-Lager 12 in 21., Wagramer Straße. Auch anderen Firmen wurden auf diese Weise ausländische Arbeitskräfte zugeteilt, etwa dem "Sager & Woerner-Baubüro OT-Lager Wien", ein Lager der Organisation Todt.
Nach dem Zweiten Weltkrieg entwickelte sich das Arbeitsamt Ottakring zum größten Arbeitamt Österreichs, um das sich Ende der 1980er Jahre auch ein "Arbeitsstrich" etablierte. Dabei standen rund 200 Männer und einige Frauen, überwiegend aus Polen, täglich in der Hoffnung auf einen Job am Straßenrand.
Literatur
- Felix Czeike: XVI. Ottakring. Wien [u.a.]: Jugend & Volk 1981 (Wiener Bezirkskulturführer, 16), S. 17
- Konrad Hofer: Arbeitsstrich. Unter polnischen Schwarzarbeitern. Wien: Verlag für Gesellschaftskritik 1992
- Mathias Krempl / Johannes Thaler [Hg.]: 100 Jahre Arbeitsmarktverwaltung. Österreich im internationalen Vergleich. Wien: Vienna University Press 2017 (Zeitgeschichte im Kontext, 12)
- Karl Schwanzer [Hg.]: Wiener Bauten. Band 1: 1900 bis heute. Wien: Österreichisches Bauzentrum 1964, S. 27
- Helmut Weihsmann: Das Rote Wien. Sozialdemokratische Architektur und Kommunalpolitik 1919-1934. Wien: Promedia 2002, S. 375
- Wiener Geschichtsblätter 30 (1975), S. XL