Bertha Hartmann

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Bertha Hartmann
Daten zur Person
PersonennameName der Person im Format Nachname, Vorname Hartmann, Bertha
Abweichende NamensformAlternative Formen des Namens wie z.B. Pseudonyme oder Mädchennamen im Format Nachname, Vorname Hartmann, Berta; Rödiger, Bertha; Roediger, Bertha
TitelAkademische Titel (abgekürzt), Amtstitel, Adelstitel
Geschlecht weiblich
Wien Geschichte WikiIdentifier/Persistenter URL zur Seite  369889
GNDGemeindsame Normdatei 1025202635
Wikidata
GeburtsdatumDatum der Geburt 29. April 1839
GeburtsortOrt der Geburt Hanau am Main 4023201-3
SterbedatumSterbedatum 3. Jänner 1916
SterbeortSterbeort Wien 4066009-6
BerufBeruf Vereinsfunktionärin
ParteizugehörigkeitAngabe der Partei (bei PolitikerInnen)
EreignisEreignis, mit dem die Person in Verbindung gebracht wird
Nachlass/Vorlass
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RessourceUrsprüngliche Ressource 
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Letzte Änderung am 20.07.2024 durch WIEN1.lanm09lue
BestattungsdatumDatum der Bestattung  6. Jänner 1916
FriedhofFriedhof, auf dem eine Person begraben wurde Döblinger Friedhof
Grabstelle
BildnameName des Bildes Bertha Hartmann.jpg
BildunterschriftInformation, die unterhalb des Bildes angezeigt werden soll Bertha Hartmann
  • 1., Ebendorferstraße 6 (Letzte Wohnadresse)
Familiäre Beziehung
Berufliche Beziehung
Beziehung, Bekanntschaft, Freundschaft

Bertha Hartmann, * 29. April 1839 Hanau am Main, † 3. Jänner 1916 Wien, Vereinsfunktionärin.

Biografie

Bertha Hartmann kam als das zweite von vier Kindern des Ehepaares Brigitta Rödiger, geborene Zimmermann (* 1813–ca. 1863), und Heinrich Achilles Rödiger (1812–1868) zur Welt. In der Familie, die der wallonisch-reformierten Kirchengemeinde in Hanau angehörte, spielte Religion eine wichtige Rolle. Berthas Mutter war eine Pfarrerstochter, der Vater war Lektor und Kantor in der Kirchengemeinde sowie Lehrer an der örtlichen Realschule. Nachdem sich Achilles Rödiger an der Badischen Revolution 1848/49 beteiligt und für religiöse Toleranz und liberale Politik eingesetzt hatte, wurde er aus dem Schuldienst entlassen und ging mit seiner Familie 1852 ins Exil nach Genf, wo er eine Privatschule gründete. Tochter Bertha musst schon früh Verantwortung übernehmen, sich um ihre an Tuberkulose erkrankte Mutter kümmern und den Haushalt führen.

Bertha Hartmann und ihr Sohn Ludo Moritz Hartmann

Im Schweizer Exil lernte Bertha Rödiger 1859 Moritz Hartmann kennen, der nach seiner Beteiligung an der Revolution in Wien nach Paris geflüchtet war. Das Paar vollzog am 12. Juni 1860 auf dem Genfer Standesamt die Ziviltrauung, ließ sich aus Rücksicht auf die Brautmutter zwei Tage später aber auch kirchlich trauen. Im Mai 1861 kam der erstgeborene Sohn Heinrich (* 4. Mai 1861, † 11. September 1865) zur Welt. 1863 übersiedelte die Familie nach Stuttgart, wo sich Moritz Hartmann bessere Publikationsmöglichkeiten erhoffte. Dort wurde im März 1865 Ludwig Moritz geboren, doch verstarb nur wenige Monate darauf der erstgeborene Heinrich – ein schwerer Schicksalsschlag für die Familie.

Nach der im Jahr zuvor erfolgten Generalamnestie, kehrte Moritz Hartmann 1868 nach Wien zurück und trat eine Stelle bei der Neuen Freien Presse an. Bertha Hartmann fand rasch Anschluss an das intellektuelle Netzwerk ihres Mannes, zu dem unter anderem die Familien Wertheimstein, Gomperz oder Billroth zählten. Dieser Freundeskreis stand ihr 1872 auch nach dem frühen Tod ihres Ehemannes, den sie jahrelang gepflegt hatte, helfend zur Seite. Moritz Hartmann hatte noch vor seinem Ableben den reichsdeutschen Politiker und Abgeordneten Ludwig Bamberger und den Wiener Bankier Leopold von Lieben zu Vormunden seines Sohnes bestimmt, die vor allem die ökonomischen Belange regeln sollten. Die Erziehung oblag Bertha Hartmann, die großen Wert darauf legte, ihrem Sohn jene Werte zu vermitteln, die ihr und ihrem Mann in den Revolutionsjahren und danach wichtig gewesen waren: Parlamentarismus, Grund- und Freiheitsrechte aber auch Konfessionslosigkeit.

Bertha Hartmann nahm großen Anteil an den beruflichen und privaten Entwicklungen ihres Sohnes. Sie verfolgte seine Karriere und besuchte regelmäßig seine populärwissenschaftlichen Vorträge. Nach seiner Eheschließung mit der Arzttochter und Bildhauerin Grete Chrobak überließ sie dem jungen Paar die Familienwohnung und zog in die Ebendorferstraße 6. Sie kümmerte sich um ihre Enkel, finanzierte der jungen Familie aber auch eine Köchin. Zudem pflegte sie eine erkranke Nichte, die bei ihr eingezogen war.

Obwohl Bertha Hartmann – so ihr Sohn in "Das Andenken der Mutter" – der Frauenbewegung mitunter kritisch gegenüberstand und sich mit allzu fordernd auftretenden Frauenrechtlerinnen nicht identifizieren konnte, setzte sie sich mit viel Engagement für Frauenbildung und das Frauenstudium ein. Über Anregung von Theodor Gomperz trat Bertha Hartmann 1888 dem neu gegründeten Verein für erweiterte Frauenbildung bei und wirkte wahrscheinlich bis 1897 im Ausschuss mit. Sie war es, die Joseph Maria Stowasser für die Ausarbeitung des ersten Lehrplans des Mädchengymnasiums gewinnen konnte. Für das Vereinsjahr 1894/95 ist sie als Vizepräsidentin belegt. Im Jahresbericht für das Jahr 1909/10 wird sie gemeinsam mit Marie Schwarz und Marianne Hainisch als eine "Führerin der Wiener Frauenbewegung" genannt.

Ihr Hauptbetätigungsfeld aber war die "Kunstschule für Frauen und Mädchen", die Bertha Hartmann im Herbst 1897 gemeinsam mit ihrem Sohn, ihrer Schwiegertochter und anderen Kunstinteressierten mitbegründete. Der Verein, der später den Namen "Wiener Frauenakademie und Schule für freie und angewandte Kunst" trug und aus dem nach dem Zweiten Weltkrieg die Modeschule Hetzendorf hervorging, entstand auf Anregung durch Olga Prager und Adalbert Seligmann. Ziel der Kunstschule war es, Frauen und Mädchen professionelle Lehrende und Hilfsmittel zur Verfügung zu stellen und ihnen im Kunstgewerbe neue Berufe zu eröffnen. Hartmanns Engagement erwuchs in erster Linie aus dem Wunsch, ihre Schwiegertochter zu unterstützen, die zu den ersten Schülerinnen der Kunstschule zählte. Bertha Hartmann wirkte im Verein nach außen hin unter anderem als Obmannstellvertreterin (1914) und Schriftführerin. Darüber hinaus mobilisierte sie ihre Netzwerke für den Verein und überzeugte namhafte Persönlichkeiten wie Friedrich Jodl und Karl Mayreder zur Mitarbeit.

Ab 1900 engagierte sich Hartmann zudem in der neu gegründeten Kinder-Schutz- und Rettungs-Gesellschaft, die sich für misshandelte Kinder einsetzte. Sie war Vizepräsidentin und Ausschussmitglied bis 1912, als sie ihr Amt vor allem aufgrund von Unstimmigkeiten was die religiöse Erziehung der Kinder betraf, zurücklegte.

Nach mehreren Schlaganfällen verstarb Bertha Hartmann am 3. Jänner 1916.

Quellen

Literatur

  • Christian H. Stifter: Ludo Moritz Hartmann: Wissenschaftlicher Volksbildner, sozialdeterministischer Historiker, realitätsferner Politiker. In: Universität – Politik – Gesellschaft. 650 Jahre Universität Wien. Hg. von Mitchell G. Ash / Josef Ehmer. Göttingen: V & R unipress 2015, S. 251
  • Gerold Unterhumer: Alles Lernen soll zum Denken führen. Demokratie und Erwachsenenbildung bei Ludo Moritz Hartmann. Saarbrücken: Dr. Müller 2010, S. 20–31
  • Frauen in Bewegung 1848–1938: Hartmann, Bertha [Stand: 16.07.2024]


Bertha Hartmann im Katalog der Wienbibliothek im Rathaus.