Ehrenbürgerbuch
Am 2. April 1839 wurde unter Bürgermeister Ignaz Czapka beschlossen, zum Zwecke der feierlichen Eintragung der Ehrenbürger ein besonderes Buch anzulegen. In das Buch wurden rückwirkend bis 1801 die Namen der Ehrenbürger eingetragen, allerdings lückenhaft. Es fehlen nämlich 22 Personen. Die Eintragungen enthalten bis 1918 und seit 1945 Würdigungen und sind seit 1853 mit Farben ausgeschmückt. In der Zeit der Ersten Republik erfolgte lediglich die Eintragung des Beschlusses. In der Zeit des Ständestaats (1934-1938) und des Nationalsozialismus (1938-1945) erfolgten keine Ehrenbürgerernennungen; im Gegensatz zu zahlreichen anderen österreichischen Städten wurden in Wien weder Otto von Habsburg noch Adolf Hitler zu Ehrenbürgern ernannt. Bis 1918 wurden die Eintragungen künstlerisch gestaltet, seither erfolgen sie lediglich in Zierschrift (in der Ersten Republik ohne, in der Zweiten Republik mit Laudatio). In einem zweiten Abschnitt des Ehrenbürgerbuchs sind in Kurzeintragungen die Bürger der Stadt Wien vermerkt (seit 1921)[1]. Die Eintragungen werden bis heute laufend ergänzt.
Prachtvoller Einband
Im Juli 1853 hat der Gemeinderat unter Bürgermeister Johann Kaspar von Seiller beschlossen, das Ehrenbürgerbuch mit einem prächtigen Einband versehen zu lassen. Dazu wurde das 40 x 26 Zentimeter große Buch in rotem Samt gebunden und mit üppigen, vergoldeten und teilweise emaillierten Silberbeschlägen verziert. Den Entwurf dazu lieferte der Architekt Eduard van der Nüll, den der Medailleur Josef Cesar zu einem Modell formte. Die Ausführung der Silberarbeiten oblag der Firma Klinkosch, die damals Josef Carl Klinkosch und Stefan Mayerhofer führten. Die Buchbinderarbeiten und die Anfertigung der roten Lederkassette führte der Hofbuchbinder Leopold Groner (Haus Zum roten Igel) durch. Ende des Jahres 1855 lag das fertige Ergebnis vor.
Die Beschläge des Vorderdeckels zeigen in der Mitte den Doppeladler aus dem damaligen Stadtwappen, auf dessen Brust ein Medaillon mit dem bekannten mittelalterlichen Wappenengel liegt. Dieser war 1842 vom Taschnerhaus 1842 auf das Alte Rathaus übertragen worden und galt ab 1850 als eigentliches Stadtwappen. Er vereinigt mit einer Kette den österreichischen Bindenschild und den Wiener Kreuzschild. Über dem Wappen ist der Schriftzug ‚Vindobona‘ angebracht, darunter aus einem Psalm ‚Sub umbra alarum tuarum‘, also ‚Unter dem Schatten Deiner Flügel [beschütze uns]‘. In den Ecken symbolisieren sitzende Frauengestalten die Bürgertugenden: Tapferkeit und Stärke (Löwe und Keule), Gerechtigkeit (Waage und Lanze), Glaube (Kreuz und Bibel) und Wahrheitsliebe (Spiegel). Der Buchrücken trägt die Inschrift ‚Ad honorem virtutis civilis‘ (‚Zur Ehre der bürgerlichen Tugend‘); der Rückendeckel die Jahreszahl 1853. Im Buchschnitt sind die Wahlsprüche von Kaiser Franz I., Ferdinand I. und Franz Joseph I. eingeprägt.
Bilder
Einband des Ehrenbürgerbuchs, Detail Vorderseite: Das mit dem Wappenengel belegte Doppeladlerwappen
Beschluss des Gemeinderats für die Bindung des Ehrenbürgerbuches. Eintrag im Ehrenbürgerbuch, 1853
Quellen
Literatur
- Manuel Swatek: Zeichen der Stadt. Beiträge zur Geschichte der Wiener Wappen und Symbole. In: Jahrbuch des Vereins für Geschichte der Stadt Wien 76 (2020), S. 233-268
- Wiener Zeitung, 2. Dezember 1855, S. 3255 (ANNO)
- Die Presse, 16. Juli 1853, S. 3 (ANNO)
- Archivalien aus acht Jahrhunderten. Ausstellung des Archivs der Stadt Wien. Dezember 1964 - Februar 1965. Wien: Eigenverlag der Museen der Stadt Wien 1965 (Sonderausstellung des Historischen Museums der Stadt Wien, 15), S. 86 f.
Einzelnachweise
- ↑ Die ersten beiden Jahre er erstmals 1919 vergebenen Ernennung zu Bürgern der Stadt Wien wurden nicht eingetragen.