Emilie Mataja

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Emilie Mataja
Daten zur Person

Emilie Mataja (Pseudonym Emil Marriot), * 20. November 1855 Wien, † 5. Mai 1938 Wien, Schriftstellerin.

Biografie

Emilie Mataja wurde 1855 als zweite Tochter des aus Fiume stammenden Kaufmanns Anton Peter Mataja und seiner Wiener Frau Barbara Gernerth in Wien geboren. Der Nationalökonom und Sozialpolitiker Victor Mataja war ihr jüngerer Bruder, der Politiker Heinrich Mataja ihr Halbbruder. Neben der Schule erhielt Emilie Mataja Französisch- und Literaturunterricht. Sie begann mit zwölf Jahren Gedichte zu schreiben. Ihre frühen Dramen wurden vor der Verwandtschaft aufgeführt.

Darüber hinaus wurde ihr Wunsch, Schriftstellerin zu werden, von der Familie allerdings nicht unterstützt. Mataja, der die Grenzen der traditionellen Frauenrolle zu eng waren, wandte sich mit ihren literarischen Texten an Redakteure und von ihr bewunderte Schriftsteller. Mit Leopold von Sacher-Masoch, der daraufhin ihr Mentor wurde, pflegte sie Mitte der 1870er einen intensiven Briefwechsel (ohne ihm zu begegnen). Auch Karl Emil Franzos wurde ihr Lehrer und Freund. 1874 war sie für kurze Zeit mit Franzos verlobt.

Mataja veröffentlichte ihre erste Erzählung unter dem Pseudonym Hugo Valentin, dann publizierte sie als Emil Marriot. Ihren 1880 erschienenen ersten Roman "Egon Talmors" kaufte sie später auf, um ihn einstampfen zu lassen. Im selben Jahr begann sie regelmäßig für das Feuilleton der "Wiener Allgemeinen Zeitung" zu schreiben und so für ihr eigenes Einkommen zu sorgen. In ihren dort erscheinenden Essays setzte sie sich neben Tierschutz vor allem für gerechte Entwicklungs- und Arbeitsmöglichkeiten von Frauen ein. Auch in zahlreichen ihrer realistischen Romane und Novellen thematisierte sie die gesellschaftliche Rolle der Frau. Etliche ihrer Texte, etwa der Roman "Der geistliche Tod" (1884), spielen im geistlichen Milieu. Manche Kritiker lasen darin eine Verteidigung der Kirche, andere eine Attacke auf diese. Matajas zweiter Roman, "Die Familie Hartenberg", erschien zunächst 1880 in Fortsetzungen in der Wiener Allgemeinen Zeitung, 1883 in Buchform im Berliner Verlag Lehmann und verschaffte ihr den literarischen Durchbruch.

Den männlichen Namen, mit dem sie bekannt wurde, Emil Marriot, behielt Mataja auch bei, als ihre Identität längst bekannt war. Teilweise verwendete sie ihn auch in privaten Briefen, etwa an Karl Kraus, mit dem sie von 1899 an bis mindestens 1904 in freundschaftlichem Kontakt stand. Seine Einladung zur Mitarbeit an seiner Zeitschrift "Die Fackel" schlug sie aus. In Berlin, wo Mataja ab 1882 die Winter verbrachte, war sie mit dem Kreis um den Journalisten Maximilian Harden bekannt, in Österreich verkehrte sie unter anderem mit Ferdinand von Saar und Peter Rosegger.

Emilie Mataja gehörte zu den Gründungsmitgliedern des Vereins der Schriftstellerinnen und Künstlerinnen in Wien, dessen Zweite Vizepräsidentin sie in den 1890ern für fünf Jahre war. Ab 1891 war sie außerdem Mitglied der antimodernen, konservativen Schriftstellervereinigung "Iduna". Beiden gehörten auch Helene Migerka, Matajas enge Vertraute bzw. "Gefährtin"[1], und ihre Freundin Marie Eugenie delle Grazie an. Über die "Iduna" lernte Mataja Fritz Lemmermayer und Rudolf Steiner kennen, mit denen sie ihr Leben lang befreundet blieb. Zu ihrem Freundeskreis zählten auch die Komponistin Mathilde von Kralik, die mehrere Gedichte Matajas vertonte, und deren Bruder, der Schriftsteller Richard Kralik.

Zwischen 1880 und 1912 veröffentlichte Mataja etwa alle zwei Jahre eine Buchpublikation. 1916 erschien noch der Roman "Der abgesetzte Mann". Mit dem Ende des Ersten Weltkriegs 1918 endete ihre Mitarbeit an der "Wiener Allgemeinen Zeitung" und damit – zwanzig Jahre vor ihrem Tod – ihre literarische Produktion. Für den Verein der Schriftstellerinnen und Künstlerinnen hielt sie in den folgenden Jahren noch einige Vorträge und Lesungen. Als sie 1938 starb, war sie trotz ihres früheren Erfolgs als Schriftstellerin bereits vergessen.

Emilie Mataja wurde am Wiener Zentralfriedhof beigesetzt. Ihr Nachlass befindet sich in der Österreichischen Nationalbibliothek und der Wienbibliothek im Rathaus.

Publikationen (Auswahl)

  • Egon Talmors. Roman. Wien: Hartleben 1880
  • Die Familie Hartenberg. Roman aus dem Wiener Leben. Berlin: Lehmann 1883
  • Der geistliche Tod. Erzählung aus dem katholischen Priesterstande. Wien: Engel 1884
  • Mit der Tonsur. Geistliche Novellen. 2 Bände. Berlin: Lehmann 1887
  • Die Unzufriedenen. Roman aus bürgerlichen Kreisen. Berlin: Freund und Jeckel 1890
  • Moderne Menschen. Roman. Berlin: Freund und Jeckel 1893
  • Der Heirathsmarkt. Sittenbild in 3 Akten. Berlin: Freund und Jeckel 1895
  • Seine Gottheit. Roman. Stuttgart: Cotta 1896
  • Junge Ehe. Roman. Berlin: Freund und Jeckel 1897
  • Gretes Glück. Schauspiel in 3 Akten. Berlin: Freund und Jeckel 1897
  • Thiergeschichten. Berlin: Freund und Jeckel 1899
  • Die Starken und die Schwachen. Novellen. Berlin: Freund und Jeckel 1899
  • Schlimme Ehen. Novellen. Berlin: Freund und Jeckel 1901
  • Menschlichkeit. Drama in 4 Aufzügen. Berlin: Grote 1902
  • Anständige Frauen. Roman. Berlin: Grote 1906.
  • Ein schwerer Verdacht und Vertauschte Rollen. Berlin: Kürschners Bücherschatz 1909
  • Sterne. Drei Erzählungen. Berlin: Grote 1908
  • Erstarrung und Stilles Martyrium. Berlin: Kürschners Bücherschatz 1909
  • Heinz Henning. Roman. Berlin: Grote 1911
  • Der abgesetzte Mann. Roman aus der Zeit vor dem Kriege. Berlin: Grote 1916
  • Auferstehung. Roman. Berlin: Grote 1916
  • Caritas. Roman. Berlin: Grote 1918
  • Das Sündengesetz. Roman. Heilbronn: Weber 1920


Quellen

Literatur

  • Ariadne – Österreichische Nationalbibliothek: Frauen in Bewegung 1848–1938 (Emilie Mataja) [Stand: 15.12.2024]
  • Ilse Korotin [Hg.]: biografiA. Lexikon österreichischer Frauen. Wien / Köln / Weimar: Böhlau 2016
  • Marianne Baumgartner: Der Verein der Schriftstellerinnen und Künstlerinnen in Wien (1885–1938). Wien / Köln / Weimar: Böhlau Verlag 2015
  • Christa Gürtler / Sigrid Schmidt-Bortenschlager: Eigensinn und Widerstand. Schriftstellerinnen der Habsburgermonarchie. Wien: Ueberreuter 1998
  • Murray G. Hall / Gerhard Renner: Handbuch der Nachlässe und Sammlungen österreichischer Autoren. Wien [u.a.]: Böhlau 1992 (Literatur in der Geschichte, Geschichte in der Literatur, 23) (unter Marriot)
  • John Byrnes: "Mataja, Emilie". In: Neue Deutsche Biographie 16 (1990), S. 363–364 Online-Version)
  • Aufbruch in das Jahrhundert der Frau? Rosa Mayreder und der Feminismus in Wien um 1900. 21. September bis 21. Jänner 1990. [Wien]: Eigenverlag der Museen der Stadt Wien 1989 (Sonderausstellung des Historischen Museums der Stadt Wien, 125), S. 217
  • Walter Kleindel: Das große Buch der Österreicher. 4500 Personendarstellungen in Wort und Bild, Namen, Daten, Fakten. Unter Mitarbeit von Hans Veigl. Wien: Kremayr & Scheriau 1987
  • John Byrnes: An introduction to Emil Marriot. In: Modern Austrian Literature Vol. 12, Nr. 3-4/1979, S. 45–57
  • John Byrnes: Emil Marriot Bibliography. In: Modern Austrian Literature Vol. 12, Nr. 3-4/1979, S. 58–76
  • Hans Giebisch / Gustav Gugitz: Bio-Bibliographisches Literaturlexikon Österreichs von den Anfängen bis zur Gegenwart. Wien: Hollinek 1963
  • Österreichisches biographisches Lexikon 1815–1950. Hg. von der Österreichischen Akademie der Wissenschaften. Wien: Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften / Wien/Graz: Böhlau 1954-lfd.
  • Wilhelm Kosch: Deutsches Literatur-Lexikon. Biographisches und bibliographisches Handbuch. 4 Bände. Bern: Francke 1949-1958
  • Wilhelm Kosch: Das katholische Deutschland. Biographisch-bibliographisches Lexikon. Augsburg: Literarisches Institut von Haas und Grabherr 1938
  • Hermann Degener [Hg.]: Degeners Wer ist's. Berlin: Degener 1935
  • Das Jahrbuch der Wiener Gesellschaft. Biographische Beiträge zur Wiener Zeitgeschichte. Hg. von Franz Planer. Wien: F. Planer 1929
  • Hermann Clemens Kosel: Deutsch-österreichisches Künstler- und Schriftsteller-Lexikon. Band 1: Biographien der Wiener Künstler und Schriftsteller. Wien: Verlag der Gesellschaft für Graphische Industrie 1902
  • Ludwig Eisenberg: Das geistige Wien. Künstler- und Schriftsteller-Lexikon. Mittheilungen über Wiener Architekten, Bildhauer, Bühnenkünstler, Graphiker, Journalisten, Maler, Musiker und Schriftsteller. Band 1. Wien: Daberkow 1889 ff.


Emil Marriot im Katalog der Wienbibliothek im Rathaus.


Weblinks

Referenzen

  1. Marianne Baumgartner: Der Verein der Schriftstellerinnen und Künstlerinnen in Wien (1885–1938). Wien / Köln / Weimar: Böhlau Verlag 2015 S. 136