Ernst Fischer

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Ernst Fischer, um 1930
Daten zur Person
PersonennameName der Person im Format Nachname, Vorname Fischer, Ernst
Abweichende NamensformAlternative Formen des Namens wie z.B. Pseudonyme oder Mädchennamen im Format Nachname, Vorname Peter Wieden, Pierre Vidal
TitelAkademische Titel (abgekürzt), Amtstitel, Adelstitel Dr. phil.
Geschlecht männlich
Wien Geschichte WikiIdentifier/Persistenter URL zur Seite  19528
GNDGemeindsame Normdatei 118691163
Wikidata Q79072
GeburtsdatumDatum der Geburt 3. Juli 1899
GeburtsortOrt der Geburt Komotau, Böhmen (Chomutov, Tschechische Republik)
SterbedatumSterbedatum 31. Juli 1972
SterbeortSterbeort Deutsch-Feistritz, Steiermark
BerufBeruf Politiker, Schriftsteller
ParteizugehörigkeitAngabe der Partei (bei PolitikerInnen) Kommunistische Partei Österreichs, Sozialdemokratische Partei
EreignisEreignis, mit dem die Person in Verbindung gebracht wird
Nachlass/Vorlass ÖLA 37/96: Teilnachlass Ernst Fischer
Siehe auchVerweist auf andere Objekte im Wiki  Karl Kraus (Portal)
RessourceUrsprüngliche Ressource  Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien, Gedenktage, Gedenktage-GW
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BestattungsdatumDatum der Bestattung 
FriedhofFriedhof, auf dem eine Person begraben wurde
Grabstelle
BildnameName des Bildes Ernst Fischer.jpg
BildunterschriftInformation, die unterhalb des Bildes angezeigt werden soll Ernst Fischer, um 1930

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Familiäre Beziehung
Berufliche Beziehung
Beziehung, Bekanntschaft, Freundschaft
  • Nationalrat – Abgeordneter (19.12.1945 bis 09.06.1959)
  • Republik Österreich – Staatssekretär für Volksaufklärung, für Unterricht und Erziehung und für Kultusangelegenheiten (27.04.1945 bis 20.12.1945)
  • KPÖ – Mitglied des Zentralkomitees (1945 bis 1969)

  • Karl-Renner-Preis für Publizistik (Übernahme: 7. Mai 1969)


Ernst Fischer, * 3. Juli 1899 Komotau, Böhmen (Chomutov, Tschechische Republik), † 31. Juli 1972 Deutsch-Feistritz, Steiermark, Politiker, Schriftsteller.

Biografie

Herkunft und Jugend

Ernst Fischer (Pseudonym Peter Wieden, Pierre Vidal) wurde als ältester Sohn von Josef und Agnes Fischer (geborene Planner von Wildinghof) in Chomutov geboren. Ihm folgten noch zwei Brüder – Walter (1901) und Otto (1902) – und eine Schwester namens Agnes (1904). Der Vater war Berufsoffizier und wurde zu Beginn des Jahrhunderts an eine Kadettenanstalt in Liebenau bei Graz versetzt, dort lehrte er Mathematik. Ernst Fischer besuchte das Realgymnasium in Graz und wurde mit 15 Jahren der Schule verwiesen, weil er "pornographische" Gedichte geschrieben hatte. 1917 absolvierte er als Externist die "Kriegsmatura" und wurde im Ersten Weltkrieg an der norditalienischen Front eingesetzt.

Sein politisches Engagement begann 1918 in einem revolutionären Soldatenrat. Der Tod seines Vaters 1919 hatte die Verarmung der Familie zur Folge. Zurück in Graz studierte er vier Semester Philosophie, Germanistik und Geschichte an der dortigen Universität und arbeitete nebenbei als Hilfsarbeiter in einer Brikettfabrik. Trotz seiner bürgerlichen Herkunft fand er sich schnell zurecht, trat der Gewerkschaft und 1920 auch der Sozialdemokratischen Partei bei.

Außerdem trat er als Autor hervor, wobei die Anfänge seiner literarischen Produktion bis in die Kindheit zurückreichen – als kränkliches, stotterndes Kind mit einem autoritären Vater war Literatur schon früh eine Zuflucht. 1920 veröffentlichte er seinen ersten Gedichtband und publizierte auch erste Aufsätze. Seine Texte orientierten sich vorerst stark am Expressionismus wie auch an philosophischen Themen. Er kam in Kontakt mit Stefan Zweig, unter dessen Protektion 1923 in Wien sein Drama "Attilas Schwert" erfolgreich am Burgtheater aufgeführt wurde. In Graz wurde er in Folge Redakteur der sozialdemokratischen Zeitung "Arbeiterwille" und ab 1925 auch künstlerischer Leiter des Vereins "Arbeiterbühne", die sein Stück "Der ewige Rebell" zur Aufführung brachten.

Wiener Zeit

1927 zog Ernst Fischer nach Wien, wo er als Feuilletonredakteur der Wiener "Arbeiter-Zeitung" tätig war – Ernst Toller soll diese Stelle vermittelt haben. In Folge betreute Fischer etwa die Rubrik "Zwischenrufe links", in der u. a. Jura Soyfer und Fritz Brainin publizierten. 1933 wurde Fischer Mitglied der Vereinigung sozialistischer Schriftsteller. In den frühen 1930ern wurde Fischer zudem in der Sozialdemokratischen Partei eine führende Figur der parteiinternen Linksopposition, der sogenannten "Jungfront" oder "Fischer-Wagner-Linken", die auch nach Ludwig Wagner benannt war. Fischer traf das Lebensgefühl einer linken, vom Krieg geprägten jungen Generation, indem er kühle Analyse mit sprachlichem Überschwang verband. Auch sein Buch "Krise der Jugend", in dem sich Fischer mit dem Nationalsozialismus auseinandersetzte, hatte in diesem Sinne große Resonanz. Aber es gab auch Gegenstimmen: Karl Kraus, der den "Perlen-Fischer" in der "Fackel" als "bedingten Verehrer von mir" einordnete, war nicht der einzige, der Fischer seine Verbindung von Romantizismus und Radikalismus vorwarf. Grundsätzlich kann das Verhältnis Fischers zu Kraus als recht prototypisch für junge Sozialistinnen und Sozialisten in Österreich stehen.

1932 heiratete Ernst Fischer die österreichische Schriftstellerin Ruth von Mayenburg, mit der er am 3. März 1934 mit gefälschten Pässen nach Prag floh und dort der KPÖ beitrat, zu der sie schon zuvor Verbindungen aufgebaut hatten.

Exil

Schon im Juli 1934 reisten Ernst Fischer und seine Frau weiter nach Moskau, wo sie mit anderen bekannten Exilantinnen und Exilanten im berüchtigten Hotel Lux untergebracht wurden. Seine Verdrängung des stalinistischen Terrors im Moskauer Exil reflektierte Fischer später in seinen Erinnerungen und erklärte seinen Tunnelblick vor allem mit dem Ziel, Hitler zu besiegen. Er verfasste damals zwei Broschüren zu den sogenannten "Moskauer Prozessen", in denen er Stalins Liquidation seiner Feinde zur Absicherung seiner Alleinherrschaft als notwendigen Beitrag zur Wahrung der inneren Einheit der Sowjetunion rechtfertigte. Darüber hinaus wurde Ernst Fischer ins Zentralkomitee der KPÖ aufgenommen, war ab Herbst 1935 ihr Vertreter bei der Komintern und von 1938 bis 1943 Redakteur des deutschsprachigen Komintern-Organs "Die Kommunistische Internationale". Zeitweise arbeitete er auch im Volkskommissariat des Auswärtigen Amts der UdSSR. Dort war er Leiter der Propagandaarbeit für Österreich und Rundfunkkommentator deutschsprachiger Sendungen für Österreich.

Remigration und österreichische Kulturpolitik

1945 kehrte Fischer nach Wien zurück und fungierte bis zum Ende des Jahres als Staatssekretär für Volksaufklärung, Unterricht, Erziehung und Kultusangelegenheiten in der provisorischen Staatsregierung Renner. Gleichzeitig war er bis 1947 Chefredakteur der gemeinsam von SPÖ, ÖVP und KPÖ herausgegebenen ersten Nachkriegszeitung "Neues Österreich". Zusammen mit Friedl Fürnberg und Johann Koplenig stand er zudem an der Spitze der KPÖ (Mitglied des Zentralkomitees 1946 bis 1969).

Parallel zu seinen politischen Tätigkeiten – bis 1959 war Fischer auch Abgeordneter zum Nationalrat, danach schied die KPÖ aus – war er auch immer als Schriftsteller, Essayist, Kritiker, Lyriker, Übersetzer und Kulturtheoretiker aktiv. In diesen Jahren schloss er auch sein Studium mit Promotion ab.

1945 bis 1956 war er Mitglied der Österreichischen Sektion des internationalen PEN-Klubs. Da er sich aber 1956 nicht von den Ereignissen in Ungarn distanzierte, wurde er ausgeschlossen. Ernst Fischers Revision seiner politischen Linie beziehungsweise seine Abwendung vom Stalinismus dauerte länger. Sie führte aber schließlich 1968 zum entschiedenen Protest gegen die Niederschlagung des "Prager Frühlings" – Fischer sprach in diesem Zusammenhang von "Verbrechen gegen den Sozialismus" und "Panzerkommunismus". Daraufhin wurde er am 13. Oktober 1969 aus der KPÖ ausgeschlossen, erhielt jedoch den Karl-Renner-Preis für Publizistik (1969).

Mit Franz Marek gab er weiterhin die Monatszeitschrift "Wiener Tagebuch" heraus und erlangte durch seine Bücher und Texte internationales Ansehen als Theoretiker eines undogmatischen Marxismus. Schon während der Exilzeit und darüber hinaus machte sich Ernst Fischer vielfach Gedanken zur österreichischen Kultur und Identität und schrieb etwa auch ein Buch über Franz Grillparzer als "großen österreichischen Dichter".

Ab 1955 war Ernst Fischer mit der Schriftstellerin und Übersetzerin Louise Eisler verheiratet. Aus der Ehe mit Ruth von Mayenburg hatte er eine Tochter: Marina Fischer-Kowalski (*1946).

Werke (Auswahl)

  • Ernst Fischer: Krise der Jugend. Wien / Leipzig: Hess & Co. 1931
  • Ernst Fischer: Der Arbeitermord von Kemerowo (als P. Wieden). Leipzig: Hartenstein 1932
  • Ernst Fischer: Freiheit und Diktatur. Basel: Prometheus 1934
  • Ernst Fischer: Schutzbundkämpfer erzählen vom Februar 1934. Moskau: Verlagsgenossenschaft Ausländischer Arbeiter in der UdSSR 1936
  • Ernst Fischer: Für oder gegen die Einheitsfront. Strasbourg: Éditions Prométhée 1937
  • Ernst Fischer: Heimat Österreich. Free Austrian Movement in Great Britain. London: Free Austrian Movement in Great Britain 1944
  • Ernst Fischer: Der österreichische Volkscharakter. London / Zürich: Free Austrian Books/Frei-österreichische Bewegung 1944
  • Ernst Fischer: Österreich 1848. Probleme der demokratischen Revolution in Österreich. Wien 1946
  • Ernst Fischer: Franz Grillparzer. Ein großer österreichischer Dichter. Wien: Stern-Verlag 1946
  • Ernst Fischer: Ende der Besetzung! Unser Kampf um Staatsvertrag und Souveränität. Wien: Stern-Verlag 1948
  • Ernst Fischer: Herz und Fahne. Gedichte. Wien: Erasmus Verlag 1949
  • Ernst Fischer: Kunst und Menschheit. Essays. Wien: Globus-Verlag 1949
  • Ernst Fischer: Goethe, der große Humanist. Wien: Globus Verlag 1949
  • Ernst Fischer: Der große Verrat. Ein politisches Drama in fünf Akten. Wien: Globus Verlag 1950
  • Ernst Fischer: Prinz Eugen. Ein Roman in Dialogen. Zusammen mit Louise Eisler. Mit einem Nachwort von Lion Feuchtwanger. Wien: Schönbrunn-Verlag 1955
  • Ernst Fischer: Von Grillparzer zu Kafka. Sechs Essays. Wien: Globus-Verlag 1962
  • Ernst Fischer: Was Marx wirklich sagte. Unter Mitarbeit von Franz Marek. Wien: Molden 1968
  • Ernst Fischer: Erinnerungen und Reflexionen. Erinnerungen bis 1945. Reinbek: Rowohlt 1969
  • Ernst Fischer: Die Revolution ist anders. Ernst Fischer stellt sich zehn Fragen kritischer Schüler. Reinbek: Rowohlt 1971
  • Ernst Fischer: Kafka-Konferenz. In: Heinz Politzer [Hg.]: Franz Kafka. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft 1973, S. 366–377
  • Ernst Fischer: Das Ende einer Illusion. Erinnerungen 1945–1955. Wien: Molden 1973
  • Ernst Fischer: Erinnerungen und Reflexionen. Autobiographie 1899–1945. Frankfurt am Main: Büchergilde Gutenberg 1994

Quellen


Ernst Fischer im Katalog der Wienbibliothek im Rathaus.

Literatur

  • Alexander Hartl: Ernst Fischers Literaturbetrachtungen. Ein Streifzug durch sein Werk. In: Mitteilungen der Alfred Klahr Gesellschaft 29. Jg./ Nr. 2 (Juli 2022), S. 1-4
  • Hans Schafranek: Ernst Fischer und die stalinistischen "Säuberungen". In: Zeitschrift für Geschichtswissenschaft 11 (2020), S. 944–959
  • Sebastian Baryli: Zwischen Stalin und Kafka. Ernst Fischer von 1945 bis 1972. Bonn: Pahl-Rugenstein 2008
  • Bernhard Fetz [Hg.]: Ernst Fischer. Texte und Materialien. Wien: Sonderzahl 2000
  • Siglinde Bolbecher / Konstantin Kaiser: Lexikon der österreichischen Exilliteratur. Wien: Deuticke 2000
  • Karl Kröhnke: Ernst Fischer oder die Kunst der Koexistenz. Leben und Meinungen eines österreichischen Kommunisten. Ein Essay. Frankfurt am Main / Wien 1994
  • Isabella Ackerl / Friedrich Weissensteiner: Österreichisches Personenlexikon [der Ersten und Zweiten Republik]. Wien: Ueberreuter 1992
  • Murray G. Hall / Gerhard Renner: Handbuch der Nachlässe und Sammlungen österreichischer Autoren. Wien [u. a.]: Böhlau 1992 (Literatur in der Geschichte, Geschichte in der Literatur, 23)
  • Walter Kleindel: Das große Buch der Österreicher. 4500 Personendarstellungen in Wort und Bild, Namen, Daten, Fakten. Unter Mitarbeit von Hans Veigl. Wien: Kremayr & Scheriau 1987
  • Harry Zohn: "...ich bin ein Sohn der deutschen Sprache nur...". Jüdisches Erbe in der österreichischen Literatur. Wien [u. a.]: Amalthea-Verlag 1986
  • Ruth von Mayenburg: Hotel Lux. Mit Dimitroff, Ernst Fischer, Ho Tschi Minh, Pieck, Rakosi, Slansky, Dr. Sorge, Tito, Togliatti, Tschou En-lai, Ulbricht und Wehner im Moskauer Quartier der Kommunistischen Internationale. München: C. Bertelsmann 1978
  • Karl Heinz Ritschel [Hg.]: Stichwort Österreich 1975. Salzburg: Edition Reinartz 1975
  • Heribert Sturm: Biographisches Lexikon zur Geschichte der böhmischen Länder. München: Oldenbourg 1974−lfd.
  • Robert Teichl: Österreicher der Gegenwart. Lexikon schöpferischer und schaffender Zeitgenossen. Wien: Verlag der Österreichischen Staatsdruckerei 1951
  • Rathaus-Korrespondenz. Wien: Presse- und Informationsdienst 1945−lfd., 01.07.1974 (Werksverzeichnis)
  • Karl F. Stock / Rudolf Heilinger / Marylène Stock: Personalbibliographien österreichischer Dichter und Schriftsteller von den Anfängen bis zur Gegenwart. Pullach [Isartal]: Verlag Dokumentation 1972
  • Jean Maitron / Georges Haupt [Hg.]: Dictionnaire biographique du mouvement ouvrier international. Band 1: Autriche. Paris: Éditions Ouvrières 1971
  • Alfred Kosing: Ernst Fischer − ein moderner Marxist? Berlin: VEB 1970
  • Harry Zohn: Österreichische Juden in der Literatur. Ein bio-bibliographisches Lexikon. Tel Aviv: Olamenu 1969
  • Hans Giebisch / Gustav Gugitz: Bio-Bibliographisches Literaturlexikon Österreichs von den Anfängen bis zur Gegenwart. Wien: Hollinek 1963


Ernst Fischer im Katalog der Wienbibliothek im Rathaus.

Weblinks