Gemeindewahlordnung

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Daten zum Eintrag
Datum vonDatum (oder Jahr) von 1850
Datum bisDatum (oder Jahr) bis
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RessourceUrsprüngliche Ressource  Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien
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Letzte Änderung am 22.04.2024 durch WIEN1.lanm08uns

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Für den Gemeinderat wurden aufgrund der Gemeindeordnung von 9. März 1850 jährliche Wahlen bei dreijähriger Funktionsdauer der Gemeinderäte festgelegt (jedes Jahr musste demnach ein Drittel der Gemeinderäte gewählt werden). Er wurde nach dem Kurienwahlrecht gewählt; in drei Wahlkörpern, die nach der gesellschaftlichen Stellung und dem Einkommen beziehungsweise Vermögen der (ausschließlich männlichen) Wähler gegliedert waren, wurden je 40 (auf die Bezirke nach ihrer Bevölkerungszahl aufgeteilte) Mandate nach dem Verhältniswahlrecht vergeben, und zwar ohne Rücksicht auf die Zahl der Wahlberechtigten in den einzelnen Wahlkörpern. Nach dem Neoabsolutismus kam es am 26. Februar 1861 zu einer Reform der Gemeindeverfassung und zur Schaffung einer kommunalen Selbstverwaltung; am 9. April 1861 trat der erste konstitutionelle Gemeinderat zu seiner Eröffnungssitzung zusammen.

1861 waren 18.322, 1870 26.069, 1880 24.627 und 1890 53.948 Männer wahlberechtigt; da die Volkszählungen 1869 324.738, 1880 352.949 und 1890 661.961 männliche Bewohner ergaben, waren demnach 1870 etwa 8 %, 1880 6,9 % und 1890 8,1 % der männlichen Bewohner wahlberechtigt. 1867 wurde die Ausschließung jener, die Steuerrückstände hatten, von den Wahlen aufgehoben, wodurch sich die Zahl der Wahlberechtigten schlagartig um 38 % erhöhte. Am 14. Dezember 1885 wurde das Wahlrecht im dritten Wahlkörper auf jene Personen ausgedehnt, die ein Minimum von 5 Gulden an direkten Steuern zahlten. Ohne Rücksicht auf die Steuerleistung waren Beamte, Lehrer, nichtaktive Offiziere, Geistliche der christlichen Kirchen sowie Rabbiner, Akademiker inländischer Universitäten sowie Bedienstete am Hof stimmberechtigt. In den Gemeinderatssitzungen von 15./16. März 1899 wurde heftig ein Entwurf der christlichsozialen Fraktion debattiert, der die Abschaffung der Wahlkörper und das Wahlrecht aller österreichischer Staatsbürger männlichen Geschlechts vorsah, die das 24. Lebensjahr vollendet hatten und seit fünf Jahren ununterbrochen im Gemeindegebiet von Wien wohnten. Der vom Gemeinderat beschlossene Entwurf wurde dem Niederösterreichischen Landtag vorgelegt, fand allerdings nicht die Zustimmung des Statthalters Erich Kielmansegg und der niederösterreichischen Regierung.

Ein neuer Entwurf, ausgearbeitet von Magistratsdirektor Richard Weiskirchner, sah drei Privilegienwahlkörper und einen allgemeinen (vierten) Wahlkörper vor (in dem in jedem Gemeindebezirk l Mandatar nach dem Prinzip der absoluten Mehrheit gewählt werden sollte); nach Einspruch der Regierung musste die als Wahlvoraussetzung festgehaltene Sesshaftigkeit auf drei Jahre vermindert werden. Am 24. März 1900 wurde das Gesetz vom Kaiser sanktioniert; der Gemeinderat bestand nunmehr aus je 46 Mandataren in den Wahlkörpern 1 bis 3 und 20 Mandataren in den 20 Gemeindebezirken, insgesamt somit aus 158 Gemeinderäten. Bei der Gemeinderatswahl von 31. Mai 1900 waren 228.490 Wähler neu zugelassen, von denen 136.052 tatsächlich zur Wahl gingen (Wahlbeteiligung 59,5 %); infolge des Prinzips der absoluten Mehrheit gingen die meisten Stimmen der Opposition verloren.

An der Grundstruktur der Wahlen änderte sich ab diesem Zeitpunkt bis 1919 nichts mehr; lediglich die Zahl der Mandate wurde ab den Wahlen 1906 (nach der Eingemeindung von Floridsdorf 1904/1905) erhöht (im ersten bis dritten Wahlkörper um je 2, im vierten Wahlkörper um 1, womit der Gemeinderat insgesamt 165 Mandatare [3 mal 48 und 21] umfasste); im ersten bis dritten Wahlkörper entfielen von den je 48 Mandaten jeweils 29 auf die Innen- und 19 auf die Außenbezirke. Das Privilegienwahlrecht der Gemeinde Wien überdauerte auch die Einführung des allgemeinen und gleichen Männerwahlrechts für den Reichsrat (1907). Die Gemeindewahlordnung 1919 (Wahlen am 4. Mai 1919) legte das allgemeine und gleiche Wahlrecht für Männer und Frauen fest, setzte jedoch die Zahl der Gemeinderäte 1923 auf 120 und 1932 auf 100 herab (eine Zahl, die auch nach 1945 beibehalten wurde).

Literatur

  • Maren Seliger / Karl Ucakar: Wahlrecht und Wählerverhalten in Wien 1848 - 1932. Privilegien, Partizipationsdruck und Sozialstruktur. Wien [u.a.]: Jugend und Volk 1984 (Kommentare zum Historischen Atlas von Wien, 3)
  • Felix Czeike: Liberale, christlichsoziale und sozialdemokratische Kommunalpolitik (1861-1934). Dargestellt am Beispiel der Gemeinde Wien. München: Oldenbourg 1962, S. 14 ff.
  • Birgitta Bader-Zaar: Die Wiener Wahlen vom 4. Mai 1919 und ihre politischen Auswirkungen. In: Bernard Hachleitner/Christian Mertens [Hg.]: Wien wird Bundesland. Die Wiener Stadtverfassung und die Trennung von Niederösterreich. Salzburg/Wien: Residenz 2020, S. 25-35