Floridsdorf (ehemalige Gemeinde)
48° 15' 25.44" N, 16° 23' 49.98" E zur Karte im Wien Kulturgut
Floridsdorf (21.), selbständige Ortsgemeinde am linken Donauufer, benannt nach Floridus Leeb.
1786 hatte das Stift Klosterneuburg (unter Propst Floridus Johannes Nepomuk Leeb) 30 Grundstücke in der "Haidschüttau" (entlang der heutigen Schloßhofer Straße und östlich der Brünner Straße; bis dahin Weidegrund der Leopoldauer) an Siedler abgegeben, nachdem bereits 1782 im benachbarten Jedlersdorf am Spitz 15 Grundstücke zur Verfügung gestellt worden waren; die Siedler wurden von der Zahlung einer Grundsteuer befreit. Damit war der Grundstock zu einer eigenen Gemeinde gelegt, die anfangs "Am Spitz" (auch Jedlersdorf am Spitz; er lag in der Verlängerung der über Zwischenbrücken laufenden Donaubrücke) geheißen hatte, alsbald jedoch nach dem Stiftspropst Floridus Leeb den Namen "Floridsdorf" erhielt (erst 1874 wurde Jedlersdorf am Spitz der Gemeinde Floridsdorf einverleibt).
Seit 1801 besitzt Floridsdorf eine Kirche (Jakobskirche; 1938 abgetragen). Der Ort entwickelte sich verhältnismäßig rasch, wozu der Bau einer Schiffswerft durch die Donaudampfschiffahrtsgesellschaft (DDSG), einer Station der Nordbahn, später auch der Nordwestbahn und (1885) der Dampftramway wesentlich beitrugen. Nach der Eingemeindung der Vororte (Schaffung der Bezirke 11-19; Zweite Stadterweiterung) kam erstmals der Gedanke auf, am linken Donauufer eine von Wien unabhängige neue Hauptstadt von Niederösterreich zu bilden (Wien war die Hauptstadt des Kronlands Niederösterreich); der Gedanke nahm schärfere Konturen an, als die Liberalen 1895 die Mehrheit im Wiener Gemeinderat verloren und sich damit die Opposition gegen die von Karl Lueger geführte Christlichsoziale Partei verstärkte. Der liberale niederösterreichische Statthalter Erich Graf Kielmansegg sah die Voraussetzung für eine Realisierung eines solchen Plans allerdings darin, die linksseitigen Donaugemeinden städtisch aufzuwerten; das Ergebnis der Bemühungen war der am 8. Mai 1894 erfolgte Zusammenschluss von Floridsdorf, Donaufeld (einem Teil von Leopoldau), Jedlesee und Neujedlersdorf (Jedlersdorf am Spitz gehörte bereits 1874 zu Floridsdorf) zur "Großgemeinde (Großkommune) Floridsdorf".
In kürzester Zeit entstanden Fabriken, die den Zuzug vieler Arbeiter und einen bedeutenden wirtschaftlichen Aufschwung der Gemeinde zur Folge hatten. Erst nach der Eingemeindung wurde auf dem Kinzerplatz eine neue Kirche erbaut (Zum heiligen Leopold; Donaufelder Kirche); das Floridsdorfer Rathaus (21., Am Spitz 1) entstand hingegen bereits 1901/1902 nach Plänen der Architekten Brüder Drexler (heute Magistratisches Bezirksamt 21). 1904 durchkreuzte Lueger alle weiteren Pläne, indem er den Wünschen der Floridsdorfer Bevölkerung entsprach, Floridsdorf samt angrenzenden Gemeinden nach Wien einzugemeinden (siehe Floridsdorf; 21. Bezirk).
Siehe auch: Floridsdorf.
Siegel
Die Gemeinde Floridsdorf führte ein Siegel, das einen ovalen, von einem Blumengewinde umrahmten Schild, in dem Schilde eine Vase mit drei Blumen an Stielen. Umschrift: ¤ [Rosette] FLORIDS : DORFFER : GEMEINDE : INSIGL.
Das Siegel war 1904 eine Grundlage für die Gestaltung des Bezirkswappens Floridsdorf.
Häuser
- 1786: 30
- 1794: 30
- 1799: 42
- 1801: 48
- 1810: 56
- 1819: 60
- 1822: 63
- 1830: 64
- 1838: 64
- 1840: 64
- 1851: 114
- 1869: 139
- 1880: 169
- 1890: 182
- 1900: 234
Einwohner
- 1794: 190
- 1800: 246
- 1819: 673
- 1828: 656
- 1830: 758
- 1838: 800
- 1840: 821
- 1846: 996
- 1851: 1.364
- 1857: 2.810
- 1869: 3.570
- 1880: 5.131
- 1890: 6.123
- 1900. 8.540
Ortsrichter
- Josef Mossbrugger (1786-1795, 1799-1805);
- Bernhard Rampp (1795-1798);
- Matthias Ertl (1798/1799);
- Mathias Pichelwanger (1805-1811, 1815-1822 [?]);
- Peter Biber (1811-1814);
- Paul Neuhauser (1831[?]-1833);
- Josef Zaunscherb (1833-1839);
- Sebastian Kohl (1839-1840);
- Johann Ferchenbauer (1841-1846; Ferchenbauergasse);
- Josef Kahl (1846-1850).
Bürgermeister
- Josef Kahl, Tischler (1850-1861; Kahlgasse);
- Dr. Leopold Ferstl, Arzt (1861-1869; * 8. November 1812, † 10. Jänner 1876; Leopold-Ferstl-Gasse);
- Karl Frömml (1869-1876; * 7. September 1807 Lichtental, † 1. Jänner 1889 Floridsdorf; Frömmlgasse);
- Georg Puffer (1876-1882; * 1829 Eggendorf, † 8. Juli 1895; Puffergasse);
- Konrad Krafft (1882-1885; Konrad-Krafft-Gasse);
- Franz Ziegler (1885-1887; * 10. Jänner 1836 Floridsdorf, † 11. Februar 1878 ebenda; ehemalige Franz Ziegler-Gasse);
- Anton Schwaiger (1887-1898; die Schwaigergasse ist nicht nach ihm, sondern nach Josef Schwaiger benannt);
- Anton Anderer (1898-1904; Anton-Anderer-Platz).
Literatur
- Jakob Dont [Hg.]: Der heraldische Schmuck der Kirche des Wiener Versorgungsheims. Mit dem Anhang: Beschreibung der Siegel der ehemaligen Wiener Vorstädte und Vorort-Gemeinden. Wien: Gerlach & Wiedling 1910, S. XX f., Taf. N
Bevölkerungsgeschichte
- Historisches Ortslexikon. Statistische Dokumentation zur Bevölkerungs- und Siedlungsgeschichte. Wien: http://www.oeaw.ac.at/fileadmin/subsites/Institute/VID/PDF/Publications/diverse_Publications/Historisches_Ortslexikon/Ortslexikon_Wien.pdf