48° 12' 38.22" N, 16° 22' 2.30" E zur Karte im Wien Kulturgut
1, Am Hof 3-4 (Konskriptionsnummern 319-321), Naglergasse 22-24, Irisgasse 2.
Vorgängergebäude
An der Stelle des heutigen Gebäudes standen ursprünglich drei Häuser:
Haus Stadt 319 "Adam-und-Eva-Haus" / "Militärstöckel"
Dieses Gebäude lag entlang des Hundsfottgässels (heute Irisgasse). Seine Geschichte reicht in die Zeit der ersten Habsburger zurück, da es im Besitz von Ulrich II. von Kapellen (1250-1301) stand, der ein Vertrauter Rudolfs I. von Habsburg war. Die erste urkundliche Erwähnung des Hauses stammt erst aus dem Jahr 1391. Der ab dem 17. Jahrhundert belegte Name "Adam-und-Eva-Haus" leitet sich vom beliebten Adam-und-Eva-Spiel ab, das im Fasching besonders im Hundsfottgässel abgehalten wurde. Im 18. Jahrhundert trug es nach einer im Gebäude untergebrachten Militäragentur auch den Namen "Militärstöckel". Gegen Ende dieses Jahrhunderts wurde das zweistöckige Haus um weitere zwei Stockwerke erhöht, verlor dabei jedoch seinen über die ganze Hausbreite reichenden Balkon. 1878 wurde es zusammen mit dem Nachbargebäude Stadt 320 abgebrochen (ausführlichere Beschreibung im Artikel Adam-und-Eva-Haus).
Haus Stadt 320 "Hallweilsches Haus"
Auch die erste urkundliche Erwähnung dieses Hauses stammt aus dem Jahr 1391. Es lag in der Mitte der drei hier beschriebenen Häuser und grenzte an die Pankrazkapelle. Im 15. Jahrhundert gehörte es dem Bürgermeister Paul Würffel. 1754 erwarb es Maria Anna Gräfin Hallweil, die anstelle des bisher zweistöckigen Hauses ein fünfstöckiges errichten ließ, das auch innen sehr schön ausgestattet war. 1878 wurde es niedergerissen (ausführlichere Beschreibung im Artikel Hallweilsches Haus).
Haus Stadt 321
Auf diesem Grundstück stand einst die Pankrazkapelle, die als die erste Burgkapelle gilt. Wahrscheinlich diente sie jedoch nicht der herzoglichen Familie selbst, sondern dem Burggesinde. Ihre erste urkundliche Erwähnung stammt aus dem Jahr 1158. 1575 wurde sie von der Familie Beck zugunsten eines Wohnhauses abgetragen oder in ein Wohnhaus umgebaut (ausführlichere Beschreibung im Artikel Pankrazkapelle). Die genauen Besitzverhältnisse zu dieser Zeit sind jedoch ungeklärt. Die Familie Beck, die dem Schottenstift bereits 1.000 Gulden geliehen hatte, stellte für die Errichtung des Hauses Forderungen in der Höhe von 6.000 Gulden. Da das Stift diese Summe nicht aufbringen konnte, brachte die Familie Beck im Jahr 1600 den Vorschlag ein, dass ihnen das Haus für immer überlassen würde und das Stift zusätzlich 200 Gulden in bar erhalten würde. Offenbar kam es zu keiner Einigung, denn das Haus wurde mitsamt der Schuldforderung verkauft. 1603 wurde das aus dem Jahr 1600 bekannte Angebot erneuert. Es scheint aber wieder zu keiner Einigung gekommen zu sein, da das Haus im folgenden Jahr vom Schottenstift dem Grafen Basta als Leibgedinge überlassen wurde. Noch bevor dieser im Jahr 1607 starb, hatten sich die Jesuiten in dem Haus eingemietet, nachdem ihr Konviktshaus ein Raub der Flammen geworden war. In der Folge entstand ein Rechtsstreit zwischen den Erben des Grafen und den Jesuiten, die entweder das Haus ankaufen oder verlassen sollten. Obwohl man sich über den Kaufpreis nicht einig wurde, durften die Jesuiten durch ein kaiserliches Dekret weiter im Haus bleiben. 1610 einigte man sich darauf, dass die Jesuiten den Erben des Grafen Basta 6.000 Gulden und dem Schottenstift 200 Gulden bezahlten, dafür aber nach Bezahlung der letzten Rate (1615) in den Besitz des Hauses kamen. Das Grundstück blieb jedoch im Besitz des Schottenstiftes.
1626 wurde es gegen ein Gebäude des Grafen Michael Adolf Althan eingetauscht. Graf Althan schenkte es 1630 Papst Urban VIII., damit dieser hier die Nuntiatur einrichten könne (der päpstliche Gesandte wohnte bis dahin im Franziskanerkloster). Im nächsten Jahrhundert wurde ein weiteres Gebäude, das zwischen der Pankrazkapelle und dem Haus Stadt 320 lag und ab dem 15. Jahrhundert urkundlich belegt ist (ein Streit zwischen einem Kaplan der Pankrazkapelle und dem Besitzer dieses Hauses um eine Mauer dauerte von 1413 bis 1418), in das Nuntiaturgebäude miteinbezogen.
In den Jahren 1767 und 1768 ließ Papst Clemens XII. das bereits baufällige Gebäude von Grund auf neu bauen. Dabei wurde die Hauskapelle "Zu Mariä Schmerzen" errichtet. Beim Anschluss an die Wasserleitung im Jahr 1876 fand man zahlreiche Bruchstücke von Leistenziegeln aus der Römerzeit, wobei eines den Stempel der X. Legion trug. Außerdem wurden eckige Tonröhren gefunden.
Vom 22. März bis zum 22. April 1782 wohnte hier Papst Pius VI. während seines Wiener Aufenthalts. Nachdem die Nuntiatur im Jahr 1913 in die Theresianumgasse im vierten Bezirk übersiedelt war, wurde das Gebäude abgetragen.
Am Hof 3, Naglergasse 22, Irisgasse 2
Anstelle der beiden Häuser Stadt 319 und 320 wurde im Jahr 1878 ein prächtiger Neubau errichtet. 1906 wurde dieser von der "Zentralbank Deutscher Sparkassen" erworben, die ihn 1913 zusammen mit dem Nuntiaturgebäude (Am Hof 4, Naglergasse 24) demolieren ließen.
Neubau 1913
Im Jahr 1913 ließ die "Zentralbank Deutscher Sparkassen" anstelle der oben genannten Häuser das heutige Gebäude nach Plänen von Emil Hoppe, Marcel Kammerer und Otto Schönthal erbauen. Nach dem Zusammenbruch der Bank in der Zwischenkriegszeit wurde in dem Gebäude die Zentrale der von Engelbert Dollfuß gegründete Vaterländischen Front (VF) eingerichtet. Als am 12. März 1938 die Nationalsozialisten die Macht übernahmen, wurde noch in derselben Nacht die Hakenkreuzfahne gehisst und das Haus kampflos der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei (NSDAP) übergeben. Hier wurde nun die Gauleitung Wien untergebracht. Als diese in das Parlament übersiedelte, wurde das Gebäude als Bürohaus genutzt. Am 25. November 1939 ging das Haus in das Eigentum des Landes Österreich über, am 31. Mai 1941 wurde es dem Deutschen Reich einverleibt. Seit 16. Oktober 1948 gehört es der Republik Österreich (anfangs Bundesministerium für Volksernährung).
Gewerbe und Firmen innerhalb des Hauses im Laufe der Jahre
- Zentralbank Deutscher Sparkassen
Literatur
- Paul Harrer-Lucienfeld: Wien, seine Häuser, Geschichte und Kultur. Band 2, 2. Teil. Wien ²1952 (Manuskript im WStLA), S. 250-262