Josef Popper-Lynkeus

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Josef Popper-Lynkeus, um 1910
Daten zur Person
PersonennameName der Person im Format Nachname, Vorname Popper-Lynkeus, Josef
Abweichende NamensformAlternative Formen des Namens wie z.B. Pseudonyme oder Mädchennamen im Format Nachname, Vorname Popper, Josef; Lynkeus; P. Josef; Hugo von Friedheim; Nestor
TitelAkademische Titel (abgekürzt), Amtstitel, Adelstitel
Geschlecht männlich
Wien Geschichte WikiIdentifier/Persistenter URL zur Seite  16491
GNDGemeindsame Normdatei 118595822
Wikidata Q78903
GeburtsdatumDatum der Geburt 21. Februar 1838
GeburtsortOrt der Geburt Kolín
SterbedatumSterbedatum 22. Dezember 1921
SterbeortSterbeort Wien
BerufBeruf Sozialethiker, Philanthrop, Sozialphilosophischer Schriftsteller, Techniker, Erfinder
ParteizugehörigkeitAngabe der Partei (bei PolitikerInnen)
EreignisEreignis, mit dem die Person in Verbindung gebracht wird
Nachlass/Vorlass Wienbibliothek im Rathaus
Siehe auchVerweist auf andere Objekte im Wiki 
RessourceUrsprüngliche Ressource  Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien, Gedenktage, Gedenktage-GW
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Letzte Änderung am 24.04.2024 durch WIEN1.lanm08uns
BestattungsdatumDatum der Bestattung 
FriedhofFriedhof, auf dem eine Person begraben wurde Alter Israelitischer Friedhof
Grabstelle Gruppe 52A, Reihe 1, Nummer 20
GrabwidmungGrabwidmung als Ehrengrab, historisches oder ehrenhalber gewidmetes Grab  Ehrengrab
BildnameName des Bildes Josef Popper.jpg
BildunterschriftInformation, die unterhalb des Bildes angezeigt werden soll Josef Popper-Lynkeus, um 1910
  • 2., Woltergasse 2a (Sterbeadresse)
Familiäre Beziehung
Berufliche Beziehung
Beziehung, Bekanntschaft, Freundschaft

Denkmal für Josef Popper-Lynkeus im Rathauspark
Titelblatt, 1879
Popper-Lynkeus-Medaille, gestaltet von Hugo Taglang, 1918

Josef Popper-Lynkeus (eigentlich Popper), * 21. Februar 1838 Kolín, Böhmen, † 22. Dezember 1921 Wien, Sozialethiker, Philanthrop, sozialphilosophischer Schriftsteller, Techniker, Erfinder.

Biografie

Ausbildung und naturwissenschaftliche Bedeutung

Josef Popper studierte nach der Absolvierung der deutschen Oberrealschule in Prag von 1854 bis 1859 an der Prager deutschen technischen Hochschule Physik und Mathematik. Zugleich ging er am polytechnischen Institut in Wien naturwissenschaftlich-technischen Studien nach, hörte jedoch auch Vorlesungen zur Nationalökonomie, Kulturgeschichte und Ästhetik.

Aufgrund seiner jüdischen Abstammung konnte Josef Popper eine ihm in Prag angebotene Assistentenstelle nicht annehmen, sondern war vielmehr gezwungen, seinen Lebensunterhalt als Frachtarbeiter bei der Eisenbahn, als Privatlehrer und Schriftsteller zu verdienen. Seit 1862 befasste er sich vermehrt mit Erfindungen. Im Bereich der Elektrotechnik beschäftigte er sich etwa mit den physikalischen Grundlagen der elektrischen Kraftübertragung und Kondensatortechnik. Auf dem Gebiet der Kalorik gelang ihm 1867 die Verbesserung der Leistung von Dampfmaschinen durch neuartige Reinigungssysteme (Kesseleinlagen) und in der Aerodynamik konnte er 1880 auf die Erfindung der "Kaptiv-Schraube", einer Art Propeller, verweisen.

In dieser Zeit wurde auch die lebenslang anhaltende Freundschaft Poppers mit dem Physiker und Philosophen Ernst Mach begründet, den er bei dessen psychophysikalischen Experimenten unterstützte. Die erste wirtschaftlich verwertbare Erfindung Poppers war ein Luftkondensator. Dieser wurde zusammen mit den seit 1870 patentierten Kesseleinlagen über eine eigens dafür begründete Firma, dessen Leitung sich Josef Popper mit seinem Bruder David teilte, vertrieben.

Schriftsteller

Abseits seiner naturwissenschaftlichen Arbeiten publizierte Josef Popper Gelegenheitsprosa, die ihm zunächst eine größere Bekanntheit eintrug, als seine technischen Arbeiten dies vermochten: In der Sammlung Phantasien eines Realisten (1900) ist die Erzählung Träumen wie Wachen enthalten, auf die sich Sigmund Freud während seiner Arbeit an der Traumdeutung, die im selben Jahr erschien, bezog und darin eine Vorwegnahme seiner eigenen Traumforschung erkannte. Das Prosawerk wurde von Georg Schönerer heftig attackiert und eine von ihm angeregte Interpellation der Alldeutschen Partei erwirkte 1901 die Beschlagnahmung der Schrift.

Sozialphilosophische Arbeiten

Die heutige Bekanntheit verdankt Josef Popper seinen theoretischen Abhandlungen als Sozialreformer. Sein sozialphilosophisches Denken verstand er als konsequente Fortführung der Lehren Voltaires sowie der Aufklärung. Erste Aufmerksamkeit erregte Poppers frühe Schrift Das Recht zu leben und Die Pflicht zu sterben (1878), worin er versucht, die Forderungen Voltaires (Achtung des Individuums, Freiheit und Unabhängigkeit des Denkens) in die Gegenwart zu übersetzen. Im Zentrum der freien Gesellschaft stehe ein persönlich und politisch freies Individuum, welches keinen religiös-sittlichen Normen unterworfen sei. Der Staat wird von Popper als ein soziales Geschöpf der Gesellschaft betrachtet, der dem Individuum nicht übergeordnet ist, sondern von diesem, um nicht in Anarchie zu degenerieren, aus Solidarität gegenüber dem menschlichen Leben erhalten wird. In diesem Zusammenhang spricht sich Popper auch für die Abschaffung der allgemeinen Wehrpflicht sowie für Strafrechtsreformen aus.

Sein sozialphilosophisches Hauptwerk formulierte er 1912 mit Die allgemeine Nährpflicht als Lösung der sozialen Frage. Darin legte Popper ein statistisch und volkswirtschaftlich begründetes Modell vor, wonach der Staat als Gegenleistung für den Arbeitsdienst, zu dem sich die Bürger in einer "Nährpflicht-Armee" verpflichten, dem Individuum die lebensnotwendige Grundversorgung zur Verfügung stellt. Die Umsetzung überwacht die sogenannte "Minimum-Institution". Die Realisierbarkeit dieses Modells einer materiellen Grundsicherung für alle wurde von Josef Popper mathematisch bewiesen.

Popper verfasste zudem Schriften gegen den Antisemitismus und trat, ohne der zionistischen Bewegung anzugehören, für die Schaffung eines jüdischen Staates ein.

Rezeption

Die größte Bedeutung erlangten die sozialreformerischen Ideen Poppers während und nach dem Ersten Weltkrieg, als in der Wiener Sozialdemokratie im Umfeld von Otto Bauer und Otto Neurath solche sozialreformerischen Ideen als Lösung der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Probleme diskutiert wurden.

1918, noch zu Lebzeiten Poppers, wurde der Verein "Allgemeine Nährpflicht" gegründet, welcher sich die Umsetzung und Verbreitung der sozialreformerischen Konzepte ihres Begründers in Österreich und Deutschland zum Ziel gesetzt hatte.

Biografische Quellen und Dokumente in der Wienbibliothek im Rathaus

Josef Popper unterhielt ausführliche Korrespondenzen mit dem Literaturkritiker Moritz Necker sowie den Schriftstellern Carl Colbert und Anton Wildgans. Diese Korrespondenzen sowie eine Sammlung von etwa 50 Briefen, beinhaltend Nachrichten Josef Poppers an Regierungsrat Jakob von Winternitz, den Leiter des literarischen Büros im Ministerium des Äußeren, werden in der Handschriftensammlung der Wienbibliothek im Rathaus aufbewahrt.

Nach dem Sozialethiker wurden die Lynkeusgasse und das Popper-Lynkeus-Denkmal benannt.

Quellen

Literatur

  • Andrea Fruhwirth: Josef Popper-Lynkeus. Zwischen Individualethik, Ich-Verlust und Social Engineering. Anthropologische Montagefahrten eines Maschinen- und Menschentechnikers. Graz: SFB Moderne 2003
  • Friedrich Brezina: Josef Popper-Lynkeus. Wien: Eigenverlag 1996
  • Patricia Steines: Hunderttausend Steine. Grabstellen großer Österreicher jüdischer Konfession auf dem Wiener Zentralfriedhof, Tor I und Tor IV. Wien: Falter-Verlag 1993, S. 171 f.
  • Murray G. Hall / Gerhard Renner: Handbuch der Nachlässe und Sammlungen österreichischer Autoren. Wien [ u. a.]: Böhlau 1992 (Literatur in der Geschichte, Geschichte in der Literatur, 23)
  • Rathauskorrespondenz, 18.12.1971, 15.02.1988
  • Harry Zohn: "...ich bin ein Sohn der deutschen Sprache nur...". Jüdisches Erbe in der österreichischen Literatur. Wien [u. a.]: Amalthea-Verlag 1986
  • Robert Plank: The welfare state as utopia. The work of Josef Popper-Lynkeus. New York: Human Dimension Center 1978
  • Heribert Sturm: Biographisches Lexikon zur Geschichte der böhmischen Länder. München: Oldenbourg 1974–lfd.
  • Hans Markl: Kennst du die berühmten letzten Ruhestätten auf den Wiener Friedhöfen? Band 1: Zentralfriedhof und Krematorium (Urnenhain). Wien: Pechan 1961, S. 158
  • Österreichisches biographisches Lexikon 1815–1950. Hg. von der Österreichischen Akademie der Wissenschaften. Wien: Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften / Wien / Graz: Böhlau 1954–lfd.
  • Hans Markl: Josef Popper-Lynkeus, der Gesellschaftsingenieur. Wien: Saturn-Verlag 1938
  • Neue österreichische Biographie. 1815–1918. Band 7. Wien [u. a.]: Amalthea-Verlag 1923–1935
  • Karl Raimund Popper: Die sozialreformerischen Ideen von Josef Popper-Lynkeus. O. O., o. J.
  • Josef Popper-Lynkeus im Katalog der Wienbibliothek im Rathaus.

Weblinks