Römische Wasserleitung
Römische Wasserleitung (ab 1. Jahrhundert nach Christus; Ende unbekannt).
Die Garnisonsstadt Vindobona
Die günstige Lage auf einem (angeblich) vor Überschwemmungen sicheren Plateau am südlichsten schiffbaren Arm der Donau war die ideale Voraussetzung für die Errichtung eines Legionslagers in Vindobona (heute Innere Stadt. Der Strom bildete 350 Jahre lang die Grenze zu den im Norden gelegenen Germanengebieten sowie auch einen eminent wichtigen Verkehrs- und Transportweg von wirtschaftlicher und militärlogistischer Bedeutung. Römische Bauingenieure und Architekten waren routiniert in der fünf Jahre dauernden Errichtung eines Legionslagers für 6000 Soldaten und einer benachbarten Zivilstadt mit der entsprechenden Infrastruktur wie Straßen und auch einer qualitätsvollen Wasserversorgung. Bereits zur Zeit der Kelten bzw. der Boier bestand eine Wasserversorgung in der spätlatènezeitlichen Handwerkersiedlung am heutigen Rochusmarkt durch sechs neun Meter tiefe Brunnen.
Infrastruktur der Garnisonsstadt
Die römische Wasserleitung und Kanalisation
Das Legionslager mit der Therme (Sterngasse 5-7), die Eliten der Kommandoebene in ihren Peristylhäusern sowie die Legionssoldaten erhielten das Wasser über eine ca. 17 km lange Freispiegelleitung. Der Verlauf führte von den kalkhaltigen Gesteinsregionen im Bereich Breitenfurt/Kalksburg (Ort) über die heutigen Bezirke Liesing, Hietzing und Meidling, über den Wienfluss in Richtung Südtor des Legionslagers an der Ecke Naglergasse/Graben/Tuchlauben. Über einen Verteilerturm an der Legionslagermauer führten die Wasserrohre zu den jeweiligen Konsumentinnen und Konsumenten.
Auch die Kanalisation in Vindobona war auf einem hohen Niveau. An den innerhalb des Legionslagers befindlichen Gebäuden führten geziegelte Wasserrinnen und weitere kleine Kanalstränge in große, zwei Meter hohe Sammelkanäle bis zur Entwässerung in den nordöstlichen Lagergraben.
Niedergang und Ende
Im späten 3. Jahrhundert wurden die Legionsstadt und angrenzende Gebiete der Lagervorstadt von Katastrophen wie einem Hangrutsch und Überschwemmungen der Donau heimgesucht. Die Seitenerosionen und Unterwaschungen des Prallhangs verursachten die heute noch sichtbare Plateaukante am Ruprechtsplatz und bei Maria am Gestade. Infolge des Hangrutsches wurde einer der vom Lagerzentrum über die via praetoria nach Norden zur Donau führenden Kanäle aufgelassen. Das nunmehr verkleinerte Legionslager wurde an der Nordseite neu befestigt; im 4. Jahrhundert wurde ein Flusshafen einer spätrömischen Donauflotte am Zusammenfluss von Ottakringer Bach und Donau am Fuß der heutigen Marienstiege gebaut.
Der Zusammenbruch der gesamten römischen Infrastruktur mit den Abwasserkanälen und wohl auch der Wasserleitung ist auf den Beginn des 5. Jahrhunderts zu datieren. In den Migrationsbewegungen des Frühmittelalters wurden sogar Bestattungen innerhalb der brachliegenden Thermen des Legionslagers durchgeführt.
Siehe auch:
Literatur
- Josef Donner: Dich zu erquicken mein geliebtes Wien … Geschichte der Wiener Wasserversorgung bis 1910, Klosterneuburg: Norka 1990, S. 7f
- Heinz Gerstbach, Die Römische Wasserleitung durch Hietzing und Vindobona. Siedlungen zur Römerzeit im Bezirk Hietzing und römische Straßen in seiner Umgebung (Fenster in die Vergangenheit 10). Wien: Club 13 - Hietzinger Forum für Politik, Kultur u. Wirtschaft 2022
- Dorothea Herrmann, Krista Süss: Fundbericht. In: Fundberichte aus Österreich Band 31 (1992). Hrsg. vom Bundesdenkmalamt. Wien 1993. Berger, S. 518.
- Ruth Koblizek, Nicole Süssenbek, Die Trinkwasserversorgung der Stadt Wien von ihren Anfängen bis zur Gegenwart, Teil 2A (ungedruckte Dissertation Wien). Wien. 1999/2000, S. 113-118
- Ruth Koblizek, Nicole Süssenbek, "Wasser in jedwedes Bürgers Haus". Die Trinkwasserversorgung Wiens. Wien: MEMO 2003, S, 26.
- Martin Mosser, Bendeguz Tobias, Karin Wiltschke-Schrotta: Gräber des frühen 9. Jahrhunderts innerhalb der Legionsziegelei von Vindobona. In: Fundort Wien. Band 17 Jahrgang 2014, S. 80–95
- Martin Mosser, Vindobona und das Wasser. In: Wasser Stadt Wien. Eine Umweltgeschichte. Hg. vom Zentrum für Umweltgeschichte, Universität für Bodenkultur Wien. Wien: Holzhausen Druck 2019, S. 226f