48° 12' 24.55" N, 16° 22' 0.41" E zur Karte im Wien Kulturgut
Redoutensäle (Großer und Kleiner Redoutensaal; 1, Hofburg, Josefsplatz, zwischen Schweizerhof und Winterreitschule).
Barocke Festsäle und Theatergebäude
Für die Feierlichkeiten der Hochzeit Ferdinands III. mit Infantin Maria Anna von Spanien wurden 1629 bis 1631 durch Hofbaumeister Giovanni Battista Carlone zwei Festsäle gebaut. Im Gegensatz zu früheren temporären Bauten sollten diese dauerhaft genutzt werden können. Zwischen Lustgarten und Rosstummelplatz (Bereich des heutigen Josefsplatzes) gelegen, wurde dafür der Augustinergang verlegt. 1651 gestaltete Giovanni Burnacini der Ältere den großen Saal zu einem Theater um, das 1659 durch seinen Sohn Lodovico Ottavio Burnacini adaptiert wurde. Nach einem Brand am 19. Juli 1699 erfolgte die Wiederherstellung durch Francesco Galli-Bibiena. In diesem Theater fanden bis 1744 Vorstellungen statt.
Tanzvergnügen in der Hofburg
Unter Maria Theresia erfolgte 1747 die Übergabe an Baron Rochus de lo Presti, damit in den Räumlichkeiten Redouten (Maskenbälle) abgehalten werden konnten. 1748 wurde der große Saal in einen öffentlichen Redoutensaal umgewandelt. 1755 unterzog man die Säle einer grundlegenden Modernisierung. Dabei hat Hofarchitekt Nikolaus Pacassi wohl auf Pläne von Jean Nicolas Jadot de Ville-Issey zurück gegriffen, der den Wiener Hof 1753 verlassen hatte. Um 1755 wurde die heute noch bestehende Redoutenstiege (zwischen Kleinem Redoutensaal und Hofbibliothek erbaut. Ab 1770 wurde die Fassade der Redoutensäle so wie jene des Augustinertraktes einheitlich nach Plänen Pacassis neu gestaltet. Pacassi wurde 1772 von Franz Anton Hillebrand abgelöst, der 1773 bis 1776 die Durchfahrtshalle zur Stallburg ausführte. 1788 wurde innen eine umlaufende Galerie eingebaut.
Die Redoutensäle dienten auch als Schauplatz für Bankette und Konzerte. Am 29. März 1828 gab Niccolò Paganini im Großen Redoutensaal in Anwesenheit von Franz I. sein erstes Konzert in Wien, dem fünf weitere folgten. Anfangs im Kleinen, 1816-1847 und 1851-1869 im Großen Redoutensaal fanden die Gesellschaftskonzerte der Gesellschaft der Musikfreunde statt. 1835 wurde hier die erste 'Gewerbeproducten'-Ausstellung abgehalten. Die Redoutensäle wurden 1816, 1840 und 1892/1893 (durch Ferdinand Kirschner) umgestaltet (Einbau der Kästen im Untergeschoß, Verspiegelung der Fenster, Stuck und Goldleisten an der Decke, Einleitung der Elektrizität, Gobelins).
20. Jahrhundert
Karl I. wollte die Redoutensäle der Nationalbibliothek überlassen, Alfred Roller ein Theater einbauen (1921 tatsächlich eingerichtet: Theater in der Hofburg), nach 1930 fanden Opernaufführungen sowie Ausstellungen der Österreichischen Nationalbibliothek statt. 1973 baute man die Redoutensäle zu einem Kongresszentrum um (am 18. Juni 1979 Unterzeichnung des SALT-II-Abkommens durch Jimmy Carter und Leonid Breschnjew). In der Nacht vom 26. auf den 27. November 1992 wurde der Große Redoutensaal durch einen Großbrand völlig, der Kleine Redoutensaal teilweise zerstört. Nach längerer Diskussion begann eine denkmalpflegerische Wiederherstellung; am 24. August 1993 beschloss die Bundesregierung, die Redoutensale künftig als Pressezentrum der Regierung zu verwenden, doch sollen sie auch für Theater- und Opernaufführungen sowie Ballveranstaltungen zur Verfügung stehen.
Ersatzquartier für das Parlament
2014 wurde beschlossen den Parlamentsbetrieb während der Zeit des Umbaus des Parlamentsgebäudes am Ring in die Redoutensäle zu verlegen. Am 20. September 2017 fand die erste Sitzung des Nationalrats im Großen Redoutensaal statt. Nach Verzögerungen, unter anderem aufgrund der COVID-19-Pandemie, begann die Rückübersiedlung 2022 und der Parlamentsbetrieb im Gebäude an der Ringstraße konnte Anfang 2023 wieder aufgenommen werden.
Der Festsaaltrakt zwischen Lustgarten und Rosstummelplatz, an die Alte Burg Richtung Stallburg gebaut. Rechts der Alten Burg der Vorgängerbau der Hofbibliothek. 1683/1684, gedruckt 1688
Wahrscheinlich im Tanzsaal abgehaltene Hoftafel Leopolds I., 1666
Von Francesco Galli-Bibiena 1699 im großen Saal eingerichtetes Hoftheater, Proszenium, vor 1716
Grundriss von Kleinem und Großem Redoutensaal, rechts ein Teil der Winterreitschule, 1759/1760
Pläne für die Wandgestaltung der Redoutensäle von Nikolaus Pacassi, 1759/1760
Redoutensaaltrakt (rechts) mit Hofbibliothek am Josefsplatz, 1780
Die Tafel Leopolds II. nach der Vermählungsfeier im Redoutensaal, 1790
Hofball im Großen Redoutensaal, um 1900
Literatur
- Renate Leggatt-Hofer [bis 2015 Holzschuh-Hofer] / Reinhold Sahl [Hg.]: Die Wiener Hofburg. Sechs Jahrhunderte Machtzentrum in Europa, Wien: Brandstätter Verlag 2018
- Hellmut Lorenz / Anna Mader-Kratky [Hg.]: Die Wiener Hofburg 1705–1835. Die kaiserliche Residenz vom Barock bis zum Klassizismus. Wien: Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften 2016 (Veröffentlichungen zur Bau- und Funktionsgeschichte der Wiener Hofburg, 3)
- Herbert Karner [Hg.]: Die Wiener Hofburg 1521–1705. Baugeschichte, Funktion und Etablierung als Kaiserresidenz. Wien: Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften 2014 (Veröffentlichungen zur Bau- und Funktionsgeschichte der Wiener Hofburg, 2)
- Christian Benedik: Die Redoutensäle – Kontinuität und Vergänglichkeit (Kat. Ausst. des Kulturkreises Looshaus und der Albertina im Looshaus, 1993)
- Felix Czeike: Wien. Innere Stadt. Kunst- und Kulturführer. Wien: Jugend und Volk, Ed. Wien, Dachs-Verlag 1993, S. 88
- Felix Czeike: Wien. Kunst und Kultur-Lexikon. Stadtführer und Handbuch. München: Süddeutscher Verlag 1976, S. 48 f.
- Gustav Gugitz: Bibliographie zur Geschichte und Stadtkunde von Wien. Hg. vom Verein für Landeskunde von Niederösterreich und Wien. Band 3: Allgemeine und besondere Topographie von Wien. Wien: Jugend & Volk 1956, S. 411.
- Franz Hadamowsky / Alexander Witeschnik: Hundert Jahre Wiener Oper am Ring [Jubiläumsausstellung]. Wien: Aktionskomitee 100 Jahr-Feier der Wiener Staatsoper 1969, S. 17 ff.
- Silvia Steiner: Redoutensäle: Kontinuität und Vergänglichkeit. In: Parnass. Das Kunstmagazin. Wien: Parnass Verlagsgesellschaft / Linz: Grosser 1981 - lfd. Band 2/1993, S. 117
- Manfred Wehdorn: Zur Restaurierung und Wiederherstellung der Redoutensäle der Hofburg in Wien. In: ÖZKD 47 (1993), S. 194 ff.