Stephan von Wohlleben
Stephan von Wohlleben, * um 1751 Wien, † 30. Juli 1823 Wien, Magistratsrat, Stadtoberkämmerer, Bürgermeister.
Biografie
Stephan von Wohlleben war der Sohn des evangelischen Regimentsprofosen Johann Friedrich Christian Wohlleben (* 1717 Neustadt, Sachsen, † 29. Februar 1760 Dresden) und dessen Gattin Franziska. Er verlor frühzeitig seine Eltern und wurde deshalb im Chaosschen Waisenhaus erzogen. Im Baufach ausgebildet, trat Wohlleben 1771 als Accessist ins städtische Unterkammeramt ein und erwarb sich durch besondere Leistungen die Anerkennung seiner Vorgesetzten. Am 7. November 1778 ging er die Ehe mit Theresia Schober (* um 1755 Wien, † 2. Juli 1822 Wien) ein. 1784 wurde er Unterkämmerer und wenige Monate später unter Joseph II. Magistratsrat. Im Jahr 1801 stieg er zum Stadtoberkämmerer auf. Von 1804 bis zu seinem Tod 1823 war Wohlleben Wiener Bürgermeister.
In den Jahren des Bürgeraufgebots betätigte er sich 1797 und 1800 als Stabsoffizier des Bürgerregiments, organisierte die Waffenübungen der Bürgerschaft, kontrollierte die Befestigungswerke sowie die Beschaffung und Einlagerung des Proviants.
Durch die Pflasterung von Straßen in der Stadt und die Verschönerung des Glacis (Pflanzung von Alleen, Anlage von Wiesen) erwarb er sich das Wohlwollen von Kaiser Franz II., der ihn 1801 (obgleich er kein juridisches Studium absolviert hatte) zum Oberkämmerer ernannte und am 20. Juni 1801 in den erblichen Adelsstand erhob. Das Wohlleben verliehene Wappen kombinierte den Wiener Kreuzschild mit dem kaiserlichen Doppeladler. Das Monogramm des Herrschers auf der Brust des Doppeladlers ist als besondere Gunst des Herrschers zu werten. Als Oberkämmerer bemühte sich Wohlleben um die Verbesserung des Wirtschaftswesens, organisierte insbesonders das Kreditwesen und erließ zu diesem Zweck eine Reihe wichtiger Instruktionen. Besondere Verdienste erwarb er sich zudem um den Bau der Albertinischen Wasserleitung und um den Anschluss der in der Währinger und Alser Straße gelegenen Häuser an die bestehende Hernalser Wasserleitung; weiters verbesserte er die Straßenbeleuchtung. Nach dem Rücktritt von Bürgermeister Josef Georg Hörl wurde er am 30. Oktober 1804 als Bürgermeister vereidigt.
In seine Amtszeit (1804–1823) fallen die zweimalige Besetzung Wiens durch die Franzosen (1805 und 1809), die Verhandlungen mit dem Staat wegen der Entschädigungsfrage, die Finanzkrise des Jahres 1811, der Wiener Kongress (1814/1815) und die Gründung der Österreichischen Nationalbank (1816). Er hatte jedoch auch (teils ohne Erfolg) gegen die sich steigernde und als drückend empfundene Bevormundung der Stadt durch die staatlichen Behörden und die Niederösterreichische Landesregierung sowie gegen die Anfänge des Metternich'schen Polizeistaats zu kämpfen: 1808 wurde dem Äußeren Rat das Wahlrecht für die Magistratsräte und Vizebürgermeister entzogen, 1811/1812 fanden Untersuchungen der Vermögensgebarung des Magistrats statt, 1819 wurde diese einer ständigen Regierungskontrolle unterworfen. Wohlleben gelang es nicht, die Stadt aus ihrer immer misslicher werdenden Lage zu befreien, umso weniger, als er in der Wiener Bevölkerung keinen Rückhalt hatte. Er verstarb am 30. Juni 1823 in seiner Dienstwohnung im Unterkammeramtsgebäude Am Hof 9.
Stephan von Wohlleben war kaiserlicher Rat, wirklicher Regierungsrat (1810), Träger hoher österreichischer und ungarischer Orden (beispielsweise Ritter des Stephans-Ordens) sowie Ehrenmitglied der Akademie der bildenden Künste (1803). Die im Festsaal des (neuen) Rathauses aufgestellte Statue von Wohlleben stammt von Viktor Tilgner. Im 4. Bezirk befindet sich die nach ihm benannte Wohllebengasse.
Beigesetzt wurde er auf dem Währinger Allgemeiner Friedhof.
Quellen
Literatur
- Manuel Swatek: Zeichen der Stadt. Beiträge zur Geschichte der Wiener Wappen und Symbole. In: Jahrbuch des Vereins für Geschichte der Stadt Wien 76 (2020), S. 233–268
- Handbuch der Stadt Wien. Wien: Verlag für Jugend und Volk. Band 99. 1984/85, II. Teil, S. 237
- Felix Czeike: Wien und seine Bürgermeister. Sieben Jahrhunderte Wiener Stadtgeschichte. Wien [u. a.]: Jugend & Volk 1974, S. 257 ff.
- Österreichischer Wappenalmanach. Wien: Heraldisch-Genealogische Gesellschaft Adler 1969, S. 24 f.
- Anna Schmutzer: Stephan Edler v. Wohlleben. Der Bürgermeister des von den Franzosen besetzten Wien. Diss. Univ. Wien. Wien 1955
- Constantin von Wurzbach: Biographisches Lexikon des Kaiserthums Österreich. Enthaltend die Lebensskizzen der denkwürdigen Personen, welche 1750 bis 1850 im Kaiserstaate und in seinen Kronländern gelebt haben. 60 Bände. Wien: Verlag der typografisch-literarisch-artistischen Anstalt 1856–1891. Band 57, 1889
- Bürgerfeyer am 30. October 1804 bey der Einsetzung des Wohlgeborenen Herrn Stephan Edlen von Wohlleben, K.K. Rathes, Beysitzers der K.K. Hof-Commission in Wohltätigkeits-Anstalten und Ehrenmitgliedes der k.k. Akademie der bildenden Künste, in die Würde eines Bürgermeisters der K.K. Haupt- und Residenz-Stadt Wien, dann Ernennung desselben zum Obersten des löblichen Wiener Bürger-Regiments. Wien: Rötzl 1804
- Österreichisches Biographisches Lexikon: Wohlleben, Stephan Edler von [Stand: 15.07.2022]
Stephan von Wohlleben im Katalog der Wienbibliothek im Rathaus.