Albertinische Wasserleitung
Den Anstoß zu einer planmäßigen, erstmals größere Gebiete der Stadt versorgenden Trinkwasserleitung gab Erzherzogin Marie Christine mit ihrem Entschluss, aus der Gegend von Hütteldorf eine Leitung nach Wien bauen zu lassen, die die südwestlichen Vorstädte versorgen sollte. Nach ihrem Tod (24. Juni 1798) führte ihr Witwer Albert Kasimir von Sachsen-Teschen den Plan aus: die Albertinische Wasserleitung bildete den Auftakt zu einer Lösung der Wasserversorgung Wiens mit sauberem Trinkwasser aus Quellengebiet.
Versorgung der (süd-)westlichen Vorstädte
Die Vorstädte Mariahilf, Gumpendorf, Schottenfeld, Neubau, Neustift, St. Ulrich und Josefstadt waren seit jeher durch ihre geografische Höhenlage in der Trinkwasserversorgung benachteiligt. Das Brunnenwasser verringerte sich in diesen Gebieten derartig durch den Bau neuer Gebäude und Brunnen inner- und außerhalb des Linienwalls, dass die Bevölkerung das Wasser im Sommer aus der Stadt und aus der Donau herbeischaffen musste. In Gedenken an die Bitte seiner verstorbenen Frau erteilte Erzherzog Albert Kasimir von Sachsen-Teschen Stephan von Wohlleben den Auftrag, eine ergiebige Quelle für eine Wasserleitung zu suchen.
Im Mai 1803 wurde Stadtoberkämmerer Stephan von Wohlleben zum Bauoberleiter bestellt, nachdem er eine Quelle bei der Hohen Wand ausfindig gemacht hatte. Wohlleben erhielt tatkräftige Unterstützung durch den Architekten Ludwig Joseph Montoyer. 1804 war der Bau mit einem Kostenaufwand von 400.000 Gulden vollendet. Die rasche Ausführung des Leitungsbaus war durch die tägliche Beteiligung von 600-900 Personen möglich geworden.
Verlauf und Versorgungsstellen der Wasserleitung
Die Wasserleitung speiste sich aus Quellen im Halterbachtal oberhalb von Hütteldorf. Das Wasser sammelte sich in etwa 4.000 Klafter langen Saugkanälen, welche mehrere gerohrte Brunnen in sich schlossen, außer dem Quellwasser auch Niederschlagswasser aufnahmen und die Wässer in der Brunnstube bei Hütteldorf sammelten. Von dort führte die Leitung mit doppelt nebeneinander liegenden Röhren über Baumgarten, den Wasserturm auf der Penzinger Höhe, über Penzing, Rustendorf, den Braunhirschengrund nach Fünfhaus zur Mariahilfer Linie.
Bei der Kreuzung der Schottenfelder mit der Mariahilfer Linie passierte die Leitung den Linienwall und trennte sich in zwei Verläufe.
- Ein Lauf führte durch die Mariahilfer Straße, Zieglergasse, Westbahnstraße, Neubaugasse, Siebensterngasse, über die Schottenfelder Kirche, das Holzplatzel, Neustiftgasse, Döblergasse, Piaristengasse zum Bassin bei der Piaristenkirche am Jodok-Fink-Platz. Dieser Leitungsstrang dotierte über diesen Verlauf insgesamt vier Bassins.
- Der zweite Rohrstrang passierte während seines Verlaufs von der Mariahilfer Straße, Webgasse zur Gumpendorfer Kirche und Mariahilfer Kirche, über die Kothgasse bzw. Gumpendorfer Straße, Windmühlgasse, Stiftgasse bis in die Breite Gasse sechs Auslaufbrunnen. Zwei weitere Brunnen existierten in der Stiftgasse und in der Stiftskaserne.
Die Wasserleitung versorgte also große Teile der heutigen Bezirke 6, 7 und 8.
Situationsplan der Albertinischen Wasserleitung in Penzing
Durch diese Wasserleitung wurden zunächst zwölf, später 13 öffentliche Brunnen dotiert; darunter jene bei der Gumpendorfer, Mariahilfer und Piaristenkirche sowie der Isisbrunnen. Acht davon befanden sich auf Gründen der Pfarre St. Ulrich, die anderen in Mariahilf und in der Josefstadt. Das Überfallwasser der einzelnen Bassins versorgte Privatgebäude.
Die Lieferung wurde für das Jahr 1861 vom Stadtbauamt noch mit 6.000 bis 7.000 Eimern bzw. 340-400 m³ angegeben, war aber ein Jahrzehnt später bereits auf die Hälfte abgesunken. Ab 1808 war die Albertinische Wasserleitung der Administration der Stadthauptmannschaft unterstellt. 1851 wurde sie ins Eigentum der Gemeinde Wien übergeben.
Bedeutungsverlust und Funktionsende
Mit der Inbetriebnahme der Ersten Hochquellenleitung 1873 und dem weiteren Ausbau der Versorgungssystems verlor die Albertinische Wasserleitung allmählich ihre Bedeutung für die Wasserversorgung Wiens. Schließlich wurde die Leitung ab 1890 nicht mehr betreut.
In Wien 14., Hüttelbergstraße 30 ist noch das Brunnenhaus mit dem Wappen Alberts von Sachsen-Teschen erhalten. Ein Sgraffito mit einer Darstellung zur Geschichte der Albertinische Wasserleitung ist am Haus 8., Albertplatz 7 (1953/1954) angebracht. Unter der Mariahilfer Straße Nr. 156-158 werden Reste der Wasserleitung vermutet.
Siehe auch:
- Albertinische Wasserleitung Marksteintyp 1
- Albertinische Wasserleitung (1816)
- Albertinische Wasserleitung (1865)
Übersichtsplan des Rohrverlaufs und der Wasserbehälter der Albertinischen Wasserleitung, 1816
Wasserbehälter und Bassins der Albertinischen Wasserleitung
Wasserspeicher der Albertinischen Wasserleitung am 19. Oktober 1913.
Auslaufbrunnen der Albertinischen Wasserleitung in der Albertgasse
Literatur
- Wasser Stadt Wien. Eine Umweltgeschichte. Hg. vom Zentrum für Umweltgeschichte, Universität für Bodenkultur Wien. Wien: Holzhausen Druck 2019
- Gustav Gugitz: Bibliographie zur Geschichte und Stadtkunde von Wien. Hg. vom Verein für Landeskunde von Niederösterreich und Wien. Band 2: Die Gemeinde, ihre Verwaltung und sozialen Belange, Wirtschaftsleben, Handel, Industrie, Gewerbe und Landwirtschaft, Volkskunde, Naturwissenschaft, Klimatologie, Meteorologie, Naturereignisse, Varia und Kuriosa. Wien: Jugend und Volk 1955, S. 58 f.
- Christine Klusacek, Kurt Stimmer: Penzing. Vom Wienfluß zum Wienerwald. Korneuburg: Mohl 1993, S. 29-31
- Ruth Koblizek, Nicole Süssenbek, Die Trinkwasserversorgung der Stadt Wien von ihren Anfängen bis zur Gegenwart, Teil 2B (ungedruckte Dissertation Wien). Wien. 1999/2000, S. 264
- Ruth Koblizek, Nicole Süssenbek, "Wasser in jedwedes Bürgers Haus". Die Trinkwasserversorgung Wiens. Wien: MEMO 2003, S, 53-56
- Ferdinand Lettmayer [Hg.]: Wien um die Mitte des XX. Jahrhunderts - ein Querschnitt durch Landschaft, Geschichte, soziale und technische Einrichtungen, wirtschaftliche und politische Stellung und durch das kulturelle Leben. Wien: Verlag für Jugend und Volk 1958, S. 590
- Rudolf Stadler: Die Wasserversorgung der Stadt Wien in ihrer Vergangenheit und Gegenwart. Denkschrift zur Eröffnung der Hochquellen-Wasserleitung im Jahre 1873. Wien: Gemeinderat 1873, S. 38-40
- W. A. Woeber: Beitrag zur Geschichte der Wasserversorgung Wiens. In: Österreichische Ingenieurzeitschrift 8 (1962), S. 272ff