Thronfolgestreit 1457/58
Als König Ladislaus Postumus am 23. November kurz vor seiner Hochzeit in Prag überraschend verstarb, entfachten alte Streitigkeiten um die österreichische Thronfolge aufs Neue. Ladislaus Postumus war der letzte Nachkomme der albertinischen Linie der Habsburger, so dass nun die Leopoldinische Linie der Habsburger Anspruch auf den Thron hatte. Allerdings herrschte innerhalb der Linie keine Einigkeit, so dass zwischen Kaiser Friedrich III. und seinem Bruder Erzherzog Albrecht VI. sowie Herzog Sigmund von Tirol Uneinigkeit entstand. Gleichzeitig mischten sich auch die Stände und Bürger in die Streitigkeiten ein.
Chronologischer Überblick mit Blick auf Wien
November/Dezember 1457: Die Stadt Wien reagierte mit großer Trauer auf das Dahinscheiden von König Ladislaus. Gerüchte über einen Giftmord am König kursierten und trotz eines Verbots durch den Wiener Stadtrat wurden Schmählieder auf die angebliche Täterschaft, Georg von Podiebrad, dessen Gemahlin, den Erzbischof von Prag und Ulrich von Eitzing gesungen. Dennoch kehrte Eitzing am 19. Dezember mit anderen böhmischen Herren nach Wien zurück.
14. Jänner 1458: Die Verweser des Landes (die Stände), der Bürgermeister, der Stadtrichter und der Rat von Wien erließen einen Aufruf, mit dem üble Nachrede in Wort, Gedicht und Lied unter schwere Strafe gestellt wird. Ebenso verboten wurden sogenannte Lustbarkeiten, wie etwa Schlittenfahrten, Saitenspiel und Tanzveranstaltungen sowie das Tragen von Masken.
21. Jänner 1458: Die vier Landstände halten in Wien einen Landtag ab, auf dem einstimmig beschlossen wurde, keinem Regenten (Friedrich III., Albrecht VI, Sigmund von Tirol) gehorsam zu sein, bis sich diese auf eine Aufteilung der Herrschaft geeinigt hätten.
5.-7. März 1458: Albrecht VI. ließ Ulrich Eitzing zu sich ins Praghaus holen und wegen seiner oppositionellen Haltung gefangen nehmen. Die Räte des Landes und der Stadt Wien waren damit nicht einverstanden und verlangten eine Erklärung, auf die Albrecht zur Antwort gab, dass die Verhaftung aufgrund von gefälschter Briefe und der Anwendung von Gift durchgeführt worden wäre. Daraufhin kam es zu Unruhen im Lande.
29. März bis Anfang April: Albrecht führte mit Unterstützung des Adels und der Wiener Aktionen gegen Räuber durch, die unter Führung von Ledwenko von Ruchenau östlich von Wien agierten. Etwa 400 oder 500 von ihnen wurden gefangen genommen und nach Wien gebracht, wo ein Teil von ihnen zur Knechtschaft verurteil wurde. 200 von ihnen wurden gehängt, die restlichen eingekerkert wo viele verhungerten oder fliehen konnten.
4. Mai 1458: Am Florianitag beriefen die drei Regenten auf Ersuchen der Stände einen Landtag ein, um über die Regentschaft zu verhandeln. Friedrich erschien in Begleitung seiner Frau Eleonore, nachdem die Herzöge zugesagt hatten, ihre Truppen nicht in die Stadt zu lassen.
13. Mai 1458: Die Habsburger trafen in Wien ein. Herzog Ludwig von Bayern war als Vermittler anwesend. Acht Wochen lang vermittelten die Stände zwischen den Fürsten, wobei vor allem der vom Kaiser ob des Senioritätsprinzips erhobene Anspruch umstritten war.
21. Mai 1458: Der Vorschlag, der Kaiser möge über Österreich herrschen jedoch zwei Drittel seiner Einkünfte an die Herzoge abgeben, führte zu keiner weiteren Einigung.
18. Juni 1458: Die Verhandlungen wurden abgebrochen, da beide Herzoge Anteil an der Stadt Wien wollten, dies allerdings von den Ständen nicht akzeptiert wurde.
Nach dem 19. Juni 1458: Die beiden Herzöge verschafften ihren Truppen gewaltsam Zutritt zur Stadt. Der Kaiser ließ die Herzöge ihre Eide wiederholen, obwohl diese beschworen, die Aktion sei nicht gegen ihn gerichtet gewesen. Zusätzlich stellte die Stadt 200 Söldner im Haus des Hans von Eslarn bereit. Friedrich erhob Klage gegen seine Verwandten bei den Ständen, die weitere Verhandlungen einleiteten. Schließlich wurde eine Einigung erzielt: Friedrich sollte für drei Jahre unterhalb der Enns mit Ausnahme von Wien herrschen, Albrecht oberhalb der Enns mit Steyr. Sigmund sollte von beidem das ihm zustehende Drittel erhalten. Die endgültige Entscheidung wurde auf den 2. Februar 1459 vertagt. Ein Teil der Verwaltungstätigkeiten, zum Beispiel das Ein- und Absetzen von Amtleuten der Stadt Wien wurde den Ständen übertragen.
29. Juni 1458: Auf Verlangen der Stände leisteten die Wiener den Fürsten den Treueid. Den drei Habsburgern wurde die Burg Neuburg am Inn zugesprochen. Friedrich und seine Frau verließen aufgrund der herangerückten Söldner der anderen Fürsten noch am selben Tag die Stadt in Richtung Wiener Neustadt.
6. Juli 1458: Der Sohn von König Georg von Podiebrad, Victorin, sowie etliche böhmische und mährische Herren und die Eitzinger sagten Albrecht, der Stadt Wien sowie mehreren geistlichen und weltlichen Herren in Österreich aufgrund der Einkerkerung des Georg Eitzing eine Fehde an.
3. August 1458: Bei Verhandlungen zwischen Friedrich und Albrecht in Wiener Neustadt wurde eine Einigung erzielt: Friedrich sollte Neuburg am Inn erhalten, Albrecht dafür Steyr. Albrecht erhielt für 32.000 Pfund vom Kaiser Österreich ob der Enns, allerdings musste Albrecht für sich und seine Nachkommen auf Österreich unter der Enns verzichten. Ebenso übernahm der Kaiser die Stadt Wien samt der Burg.
Mitte August: Albrecht zog mit etlichen (Wiener) Truppen unter der Führung von Niklas Teschler gegen die Böhmen ins Feld. Am 15. August kam es in der Nähe der Burg Kreuzenstein zu Gefechten. Danach zog Albrecht nach Laa an der Thaya, begab sich aber aufgrund des Herannahens des böhmischen Königs wieder nach Korneuburg und dann nach Wien. Schließlich suchte er Kaiser Friedrich in Wiener Neustadt auf, um ihn die Entscheidung bzgl. Eitzinger zu überlassen.
26. August: Kaiserliche Räte kamen nach Wien und luden Bürger, Richter, Rat, Genannte und Gemein vor sich in die Burg. Sie verlasen dort das Beglaubigungsschreiben Albrechts über die Einigung zwischen ihm und Friedrich. Albrecht entband die Wiener von ihrem Treueeid. Stattdessen leisteten sie am selben Tag einen Eid auf Kaiser Friedrich.
18. September: Friedrich kehrte mit Albrecht nach Wien zurück. Friedrich nahm in der Burg Unterkunft, Albrecht im Praghaus.
25-27. September: Der böhmische König Georg von Podiebrad kam nach dem Kriegszug in den Gebieten nördlich der Donau zur äußeren Donaubrücke nach Wien. Friedrich erschien – unter Bewachung - zu Verhandlungen bei ihm. Podiebrad warf sich vor dem Kaiser nieder, Friedrich zog ihn hoch und umarmte ihn und sodann begannen Verhandlungen zwischen den beiden. Es wurde entschieden, dem Böhmen 16.000 Gulden für die Söldner zu zahlen, die Konrad Hölzler in der Gefangenschaft sich zu zahlen verpflichtet hatte. Außerdem wurde beschlossen, dass Albrecht Eitzinger binnen 14 Tagen an den Kaiser auszuliefern hatte, was allerdings erst am 26. Oktober geschah.
Literatur
- Ferdinand Opll: Nachrichten aus dem mittelalterlichen Wien. Zeitgenossen berichten. 1995