Zwangsarbeiterlager Siemensstraße 26

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Daten zur Organisation
Art der OrganisationArt der Organisation NS-Institution Zwangsarbeiterlager
Datum vonDatum (oder Jahr) von 1944
Datum bisDatum (oder Jahr) bis 1945
Benannt nach
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Wien Geschichte WikiIdentifier/Persistenter URL zur Seite  59852
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48° 16' 28.28" N, 16° 24' 45.69" E  zur Karte im Wien Kulturgut

In 21., Siemensstraße 26 befand sich mindestens von 1944 bis 1945 das "Lager Nordpol" der Wiener Lokomotivfabrik für Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter der nationalsozialistischen Zeit.

Wien "21, Siemensstraße 26 (Lager d. Lokf.)" lautete von Juni bis September 1944 der Meldevermerk eines französischen Zwangsarbeiters, der laut Versicherungsbeleg von Juni 1943 bis 5. April 1945 formell bei "Wr. Lokomotivfabrik" versichert war. Im September 1944 übersiedelt er in das Zwangsarbeiterlager Hopfengasse. Nach einem Fluchtversuch im Februar 1945 war er bis Kriegsende im von der Wiener Gestapo betriebenen Arbeitserziehungslager (AEL) Oberlanzendorf inhaftiert. Im "Lager Nordpol" und der Floridsdorfer Lokomotivfabrik war von März 1943 bis Kriegsende auch ein weiterer französischer Zwangsarbeiter untergebracht, der als Strafmaßnahme im Fabrikumfeld zu speziell gefährlichen Räumarbeiten nach Luftangriffen eingesetzt wurde.

Im Oktober/November 1944 wurden acht Zwangsarbeiter, da die Fabrikleitung mit ihrer Arbeitsleistung unzufrieden war, per Bahn in Gestapo-Begleitung in das (mit der Wiener Gestapo eng kooperierende) Arbeitserziehungslager (AEL) Sankt Valentin transferiert, wo sie zwei oder drei Wochen, neben Häftlingen aus Konzentrationslagern arbeitend, speziell in Sachen "Arbeitserziehung" schikaniert wurden. Bald nach der Rückkehr nach Floridsdorf wurden mehrere dieser Zwangsarbeiter zum Südostwallbau in die Nähe Hainburgs geschickt.

Die Bezeichnung als "Lager Nordpol", die sich auch auf dem Stempel eines Briefes finden lässt ("Lager Nordpol Wien 145"), lässt zwar einen Bezug zur Nordpolstraße in Wien 2 vermuten. Das Lager Nordpol war jedoch eindeutig in Wien 21 nahe der Lokomotivfabrik. "145" war der damalige postalische Bereich. Das Postamt 145 war laut Handbuch des Reichsgaues Wien 1944 in 21., Leopoldauer Platz 9, also nahe der Siemensstraße.

Das Lager dürfte mindestens 22 Baracken mit jeweils mehreren Zimmern gehabt haben.

Die „Wiener-Lokomotivfabriks-Aktiengesellschaft“ hatte laut Fernsprechbuch 1941 ihren Sitz in 21., Brünner Straße 57 und stellte laut Industrie-Compass Ostmark 1943/1944 "Dampf- u. Elektrolokomotiven" her, heimlich aber auch Torpedosprengköpfe und Seeminen.[1] Die Reparatur von Lokomotiven in einem Betrieb mit 5.000 Arbeitern nennt allerdings etwa ein Zwangsarbeiter ausdrücklich als seine dortige Aufgabe. Das "Lager Nordpol" war ihm zufolge direkt neben der "usine Reichsbahn", die Arbeit sei in Dreischichtbetrieb rund um die Uhr erfolgt.

Weiters nennt auch eine Liste des Wilhelminenspitals[2] das "Lager Nordpol" der Lokomotivfabrik Floridsdorf sowie der Reichsbahn in 21., Siemensstraße 26 für russische (aus der Ukraine) Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter.

Diese Liste des Wilhelminenspitals verzeichnet die dort zwischen 1942 und 1945 behandelten Ausländerinnen und Ausländer. Die Liste enthält Aufnahmezahl, Vor- und Zuname, Geburtsdatum, Geburtsort (Land), Eintritt, Austritt, "Bestimmungsort" mit Firma und Wohnadresse (mit den zeitgenössischen Straßennamen).[3]

In Lehmanns Adressbuch 1938 wurde die Adresse Siemensstraße 26 als noch "unbebaut" genannt, direkt neben dem damals bereits bestehenden Objekt Siemensstraße 24, das im Besitz der "Österreichischen Siemens-Schuckert Werke" war.

Siehe auch: Zwangsarbeit, Zwangsarbeiterlager, Lager in Wien

Quellen

Literatur

  • Stefan August Lütgenau: Zwangsarbeit im "Reichsgau" Wien 1938-1945. In: Studien zur Wiener Geschichte. Jahrbuch des Vereins für Geschichte der Stadt Wien 59 (2003), S. 167-186
  • Hermann Rafetseder: Lager und lagerartige Unterkünfte der NS-Zeit in Wien für das Online-Lexikon "Wien Geschichte Wiki", auf Basis von Material des Österreichischen Versöhnungsfonds. 108 Lager-Artikel und vier "Bonus-Tracks", erstellt im Auftrag des Wiener Stadt- und Landesarchivs. Linz: Eigenverlag 2017
  • Hermann Rafetseder: NS-Zwangsarbeits-Schicksale. Erkenntnisse zu Erscheinungsformen der Oppression und zum NS-Lagersystem aus der Arbeit des Österreichischen Versöhnungsfonds. Bremen : Wiener Verlag für Sozialforschung in EHV Academicpress GmbH 2014, S. 245, 372, 397, 406 und 467 (zum AEL St. Valentin: 467-469)

Einzelnachweise

  1. Geheimprojekte: Wiener Lokomotivfabrik.
  2. Wiener Stadt- und Landesarchiv, M.Abt.209 - Wilhelminenspital, A1 – Direktionsakten: Mappe 47: "Suchaktion Ausländer".
  3. Irrtümer bei den Bezirken und Hausnummern sind nicht ausgeschlossen. In die Bearbeitung aufgenommen wurden nur jene Adressen, bei denen "Lager" angegeben war, beziehungsweise nur jene Firmenlager, die als solche bezeichnet wurden.