Alte Donau
Die Alte Donau (ursprünglich bis zur Gewässermitte 2. Bezirk, heute zur Gänze 21. und 22. Bezirk) ist seit der großen Donauregulierung 1870 - 1875 der vom neuen Strom getrennte frühere Donauhauptarm, der durch Grundwasser gespeist wird (größter erhaltener linksufriger Donauarm).
Der ursprünglich wasserreichste Arm der Donau floss nördlich an der Insel Bruckhaufen und am Gänsehäufel vorbei und war von der Einmündung des Kaiserwassers an Schifffahrtsroute. Der Bruckhaufen war nach dem Zweiten Weltkrieg bis zur Errichtung des Donauparks, 1964, Mistablagerungsstätte. Neben der Alten Donau bestehen im 22. Bezirk noch andere, wesentlich kleinere Altarme des Stromes wie das Mühlwasser und das Schillwasser. Die Alte Donau ist seit 1875 vom Strom durch den gegen Hochwasser errichteten Hubertusdamm abgeschnitten, der seit den 1930er Jahren bei der Reichsbrücke auf 9,75 Meter, bei der Floridsdorfer Brücke auf 9,90 Meter erhöht wurde.
Lage und Ausdehnung
Die Alte Donau beginnt bei der Floridsdorfer Hauptstraße bzw. der Floridsdorfer Brücke mit dem Wasserpark und reicht bis zur Straße Am Kaisermühlendamm, die die Donauufer-Autobahn begleitet, unweit der Praterbrücke. Frühere Altarme im Überschwemmungsgebiet wie das Rollerwasser bei der Floridsdorfer Brücke oder die Stürzllacke am südlichen Ende der Alten Donau sind durch den Bau der Neuen Donau bis in die 1980er Jahre weggefallen.
Wo die Wagramer Straße die Alte Donau quert, engt ein Damm das Gewässer auf nur 50 Meter Breite ein; dieser Einschnitt teilt das Gewässer in die Obere und Untere Alte Donau. In beiden Teilen befinden sich Strandbäder, unter anderem das Gänsehäufel, das Strandbad Alte Donau, das Angelibad, einst auch die Militärschwimmschule Alte Donau, das Polizeibad und das Straßenbahnerbad, aber auch frei zugängliche Uferabschnitte wie der ArbeiterInnenstrand, das 2015 aus dem Arbeiterstrandbad hervorging.[1] Die Alte Donau war vor der Schaffung der Donauinsel die wichtigste Erholungsstätte der Wiener an der Donau. Seit 1880 gibt es Bootsverleiher (bei der Kagraner Brücke) und Bootshäuser von Rudervereinen. 1899 wurde die erste Straßenbahnlinie zur Alten Donau geführt. Heute wird die Alte Donau auch von den U-Bahn-Linien U1 (Station Alte Donau), U2 (Station Donaustadtbrücke) und U6 (Station Neue Donau) erschlossen.
Gewässerökologische Sanierung
Bis Anfang der 1980er Jahre schwankte der Wasserspiegel der Alten Donau aufgrund der Grundwasserdynamik bis zu 2 m und mehr. Durch den Bau der Neuen Donau und der Donauuferautobahn wurde der Grundwasseraustausch zwar reduziert, der Wasserstand konnte allerdings auf etwas höherem Niveau stabilisiert werden. In den Jahren 1992/93 „kippte“ die Alte Donau allerdings: Eine Algenblüte von fädigen Blaualgen (Cyanobakterien) hatte sich explosionsartig ausgebreitet. Zugleich gingen die Wasserpflanzen, die normalerweise überschüssige Nährstoffe aufnehmen, massiv zurück.
Neben dem verminderten Grundwasseraustausch waren dafür auch Nährstoffeinträge aus der ehemaligen Mülldeponie am Bruckhaufen und undichten Senkgruben in der Umgebung, zu viel Kot von Wasservögeln, falscher Fischbesatz und die vielen Badegäste verantwortlich. Um zu verhindern, dass weitere Nähr-und Schadstoffe aus der alten Deponie und dem heutigen Donaupark ausgeschwemmt werden, wurden 1994 zwischen Alter und Neuer Donau Sperrbrunnen eingebaut. Diese schränkten allerdings den Grundwasserzustrom weiter ein. Zudem erhöhte und stabilisierte sich der Wasserspiegel der Alten Donau mit dem Einstau des Kraftwerks Freudenau 1997 abermals. Bereits 1993 wurde ein Sanierungsprogramm begonnen, das neben einer „chemischen Gewässertherapie“ auch den Ausbau der Kanalisation und eine verbesserte hydrologische Dynamik vorsah. Letztere wird jedes Frühjahr durch eine gezielte Absenkung des Wasserspiegels um 20 bis 25 cm erreicht, wodurch sich der Grundwasserzustrom in die untere Alte Donau erhöht. Zusätzlich kann das Wasser der unteren Alten Donau über zwei Rohrleitungen mit frischem Wasser aus der Neuen Donau ausgetauscht werden. Da durch die Sperrbrunnen am Bruckhaufen zu wenig Wasser in die Obere Alte Donau gelangt, werden seit Herbst 2016 ganzjährig im Mittel 45 l/s aus der Neuen Donau eingeleitet. Dieses Wasser hat allerdings zu viele Nährstoffe, weshalb eigens ein biologischer Bodenfilter zur Nährstoffreduktion eingebaut werden musste. Eine Flotille von Mähbooten hält außerdem in der warmen Jahreszeit den Wuchs von Unterwasserpflanzen in Schach.
Die rezente Umweltgeschichte der Alten Donau zeigt, wie schwierig es ist, ein aquatisches Ökosystem in einem intensiv genutzten urbanen Umfeld so zu erhalten, dass es einander widersprechenden gesellschaftlichen Bedürfnissen gerecht wird – denn deren Befriedigung hängt letztlich von einem guten ökologischen Zustand ab. Außerdem tauchen bei der Lösung aktueller Probleme immer wieder „Altlasten“, problematische Hinterlassenschaften aus der Vergangenheit auf. Neue Lösungen führen oft zu weiteren unbeabsichtigten Nebenwirkungen.
Literatur
- Severin Hohensinner: Neue Rollen. Ausbau und Rückbau seit 1918. In: Wasser Stadt Wien. Eine Umweltgeschichte. Hg. vom Zentrum für Umweltgeschichte, Universität für Bodenkultur Wien. Wien: Holzhausen Druck 2019, S. 122-143
- Martin T. Dokulil / Karl Donabaum / Katrin Teubner (Hg.): The Alte Donau: successful restoration and sustainable management: an ecosystem case study of a shallow urban lake. Cham: Springer 2018
- Naturgeschichte Wiens, Register
- Ferdinand Lettmayer (Hg.): Wien um die Mitte des XX. Jahrhunderts - ein Querschnitt durch Landschaft, Geschichte, soziale und technische Einrichtungen, wirtschaftliche und politische Stellung und durch das kulturelle Leben. Wien: 1958, S. 51 ff. (Register)'