Theophil Hansen
Theophil Hansen (1884 Freiherr von), * 13. Juli 1813 Kopenhagen, † 17. Februar 1891 Wien, Architekt, Oberbaurat.
Biografie
Nach seiner Ausbildung in Kopenhagen (Diplom 1836) reiste er durch Deutschland (Aufenthalt in Berlin), lebte acht Jahre in Athen (1840-1843 Professor an der Polytechnischen Schule), wo 1842 seine ersten selbständigen Bauten entstanden. 1846 trat Hansen in das Atelier seines Schwiegervaters Förster in Wien ein und schuf gemeinsam mit diesem verschiedene Gebäude (unter anderem 1846-1849 die Evangelische Kirche in Gumpendorf). Berühmt wurde Hansen durch die Mitwirkung am Bau des Arsenals (1850-1856), wo er die neuesten Errungenschaften des Museumsbaus mit byzantinischen, islamischen und gotischen Stilelementen vereinte.
1857/1858 errichtete Hansen die Evangelische Friedhofskirche (10, [Matzleinsdorfer] Evangelischer Friedhof), 1858-1861 den Erweiterungsbau der Griechischen Kirche (1, Fleischmarkt 13), 1860 das Sinapalais (1, Hoher Markt 8), von 1860 bis 1862 die Evangelische Schule (1, Karlsplatz 14) und von 1861 bis 1863 den Heinrichhof (1, Opernring 1-5; mit ihm schuf Hansen einen neuen monumentalen Wohnhaustyp. Dieses Werk markierte den Beginn seiner Bautätigkeit in der Ringstraßenzone.
Seine wesentlichen Schöpfungen in der Ringstraßenzone sind: das Miethaus Bösendorferstraße 11 (1862), das Erzherzog-Wilhelm-Palais (Hoch- und Deutschmeisterpalais; 1, Parkring 8, 1866-1868), das (neue) Musikvereinsgebäude (1, Dumbastraße 3, 1867-1869), die Miethausgruppe Schottenring 20-26 (1870), das Epsteinpalais (ehemaliges Stadtschulratsgebäude; 1, Dr.-Karl-Renner-Ring 1, 1870-1873), das Ephrussipalais (1, Dr.-Karl-Lueger-Ring 14, 1872/1873), die Akademie der bildenden Künste (1, Schillerplatz, 1872-1877; Gedenktafel mit Porträtbildnis von Kundmann in der Aula), die Börse (1, Schottenring 16, 1874-1877) und das Miethaus 1, Börseplatz 3 (1871; Wohnhaus Gustav Epstein).
Mit seinem Hauptwerk, dem Parlament (1873-1883), verwirklichte Hansen sein Ideal, eine Monumentalarchitektur im hellenistischen Stil zu schaffen. Hansen baute in den 60er und 70er Jahren nicht nur in vielen Kronländern der Monarchie, sondern auch in der Schweiz, in Rumänien, Italien und Athen. Darüber hinaus nahm er sich auch Zeit für kleinere Aufträge: so baute er die Villa Kratzer in Unterdöbling (1868), übernahm die Inneneinrichtung des Palais Todesco sowie die Wohnungseinrichtung für L. L. Lobmeyr, für dessen Glasfabrik er ebenfalls Entwürfe lieferte. Ihm ist auch eine Belebung des Kunstgewerbes zu verdanken.
1868 wurde er als Nachfolger van der Nülls Professor an der Akademie der bildenden Künste (bis 1874 Leiter einer Spezialschule für Architektur), von 1869 bis 1872 lehrte er Perspektive für Maler. 1848 wirkliches Mitglied der Akademie, wurde Hansen auch von anderen Seiten geehrt (Dr. h. c. der Universität Wien, Ehrenbürger der Stadt Wien 21. Dezember 1883).
Theophil Hansen verstarb am 17. Februar 1891 in Wien 1., Amaliengasse (seit 1894 Hansenstraße) 3 (Gedenktafel, enthüllt am 17. Juni 1913). Beigesetzt wurde er auf dem Zentralfriedhof, Ehrengrab Grab 14 A, Nummer 20. Das Grabdenkmal stammt von Carl Kundmann. Verheiratet war er mit Sophie Förster, der Tochter von Ludwig Förster (* 24. November 1830, † 20. Juli 1851, St. Marxer Friedhof Nummer 120).
Der Leichenzug Theophil Hansens war einer der größten, den Wien bis dahin bei Nichtangehörigen des Hofes gesehen hatte: Der Sarg des verstorbenen Architekten wurde im achtspännigen Galaleichenwagen, begleitet von berittenen Wachen um das Parlament geführt, sowie an der Akademie der bildenden Künste, am Heinrichhof und dem Musikverein vorbeigeführt. Als symbolische Geste wurden für die von Hansen in Wien gestalteten Gebäude Kränze im Trauerzug mitgetragen.
Hansendenkmal, Theophil-Hansen-Gasse, Hansenstraße.
Quellen
- Wienbibliothek Digital: Partezettel
- Wienbibliothek im Rathaus: Splitternachlass Theophil von Hansen
- Wienbibliothek Digital: Theophil Hansen
- Wiener Stadt- und Landesarchiv, Bezirksgericht Innere Stadt: A 83/1891: Verlassenschaftsabhandlung Theophil von Hansen
Literatur
- Angelina Pötschner, Rainald Franz: Der Wiener Styl. Stildebatten während der Entstehung der Ringstraße. In: Vom Werden der Wiener Ringstraße, hg. von Harald Stühlinger. Wien: Metroverlag 2015, S. 276 ff.
- Deutsche Biographische Enzyklopädie, hg. von Walter Killy, Rudolf Vierhaus. Band 4. München: Saur 1996, S. 376
- Hanns Jäger-Sunstenau: Die Ehrenbürger und Bürger ehrenhalber der Stadt Wien. Wien: Deuticke 1992 (Forschungen und Beiträge zur Wiener Stadtgeschichte, 23)
- Döbling. Eine Heimatkunde des 19. Wiener Bezirkes in drei Bänden. Hg. von Döblinger Lehrern. Wien: Selbstverlag der Arbeitsgemeinschaft "Heimatkunde Döbling" 1922, S. 189, 487
- Renate Wagner-Rieger [Hg.]: Die Ringstraße. Bild einer Epoche. Die Erweiterung der Inneren Stadt Wien unter Kaiser Franz Joseph. 11 Bände. Wiesbaden: Steiner 1969-1981, Band 1, Register; Band 4, Register; Band 7, Register
- Renate Wagner-Rieger: Wiens Architektur im 19. Jahrhundert. Wien: Österreichischer Bundesverlag 1970, Register
- Gerhardt Kapner: Freiplastik in Wien. Wien [u.a.]: Jugend & Volk 1970, S. 207 (Sophie), 356
- Walter Wagner: Geschichte der Akademie der bildenden Künste in Wien. Wien: Rosenbaum 1967 (Veröffentlichungen der Akademie der Bildenden Künste in Wien, N.F. 1), Register
- Ottokar Uhl: Moderne Architektur in Wien von Otto Wagner bis heute. Wien [u.a.]: Schroll 1966, S. 112 und Register
- Das Wiener Heimatbuch – Mariahilf. Hg. von der Arbeitsgemeinschaft des Mariahilfer Heimatmuseums. Wien: Austria Press 1963, S. 125ff., 289, 384
- Hans Markl: Kennst du die berühmten letzten Ruhestätten auf den Wiener Friedhöfen? Band 1: Zentralfriedhof und Krematorium (Urnenhain). Wien: Pechan 1961, S. 36
- Österreichisches Biographisches Lexikon 1815–1950. Hg. von der Österreichischen Akademie der Wissenschaften. Wien: Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften / Wien/Graz: Böhlau 1954 - lfd. (Werkverzeichnis)
- Justus Schmidt / Hans Tietze: Dehio Wien. Wien: A. Schroll 1954 (Bundesdenkmalamt: Die Kunstdenkmäler Österreichs), Register
- Ulrich Thieme / Felix Becker [Hg.]: Allgemeines Lexikon der bildenden Künstler von der Antike bis zur Gegenwart. 37 Bände. Leipzig: Engelmann 1907-1950
- Alphons Lhotsky: Die Baugeschichte der Museen und der neuen Burg. Wien: F. Berger 1941 (Festschrift des Kunsthistorischen Museums zur Feier des fünfzigjährigen Bestandes, 1), Register
- Geschichte der Stadt Wien. Hg. vom Altertumsverein zu Wien. Wien: Holzhausen 1897-1918, NR 7/3, Register
- Paul Kortz: Wien am Anfang des 20. Jahrhunderts. Ein Führer in technischer und künstlerischer Richtung. Hg. vom Oesterreichischen Ingenieur und Architekten-Verein. Wien: Gerlach & Wiedling 1906. Band 2, 1906, Register
- Paul Kortz: Wien am Anfang des 20. Jahrhunderts. Ein Führer in technischer und künstlerischer Richtung. Hg. vom Oesterreichischen Ingenieur und Architekten-Verein. Wien: Gerlach & Wiedling 1905. Band 1, 1905, S. 60, 65, 71 f.
- Ludwig Eisenberg: Das geistige Wien. Künstler- und Schriftsteller-Lexikon, Mittheilungen über Wiener Architekten, Bildhauer, Bühnenkünstler, Graphiker, Journalisten, Maler, Musiker und Schriftsteller. Wien: Daberkow Band 2 1892 ff., 2/1
- Neue Freie Presse, 18. Februar 1891, S. 5
- Neue Freie Presse, 21. Februar 1891, S. 6 ff.
- Rudolf Eitelberger: Theophil von Hansen, in: Mitteilungen des k. k. österreichischen Museums für Kunst und Industrie, 18 (1883), S. 465 ff.
- Neue Deutsche Biographie, herausgegeben von der historischen Kommission der Bayerischen Akademie der Wissenschaften. Band 7. Berlin: Duncker und Humblot, S. 634 ff.
Theophil Hansen im Katalog der Wienbibliothek im Rathaus.