VS Vierthalergasse 11-13
48° 10' 40.43" N, 16° 20' 3.83" E zur Karte im Wien Kulturgut
Die Volksschule Vierthalergasse 11-13 war eine öffentliche Volksschule für Knaben und Mädchen mit zwei getrennten Leitungen im 12. Wiener Gemeindebezirk, Meidling.
Schulanfänge
Im Jahr 1871 wurde ein Schulgebäude für eine sechsklassige Volksschule für Knaben in der Schillergasse 11 (spätere Vierthalergasse ab 1894) errichtet, welche im gleichen Jahr eröffnet wurde und bis 1874 als solche existierte. Im Schuljahr 1874/1875 wurde die Schule kurzfristig in eine siebenklassige Volksschule für Knaben umgewandelt. Im Jahr 1875 wurde sie dann zur Volks- und Bürgerschule für Knaben erweitert.[1]
Am 7. Juni 1877 wurde ebenfalls in der Schillergasse 13 eine fünfklassige Volksschule für Mädchen eröffnet, für die in den Jahren 1876/1877 ein Zubau zum bereits bestehenden Schulhaus gebaut wurde. Ihr Oberlehrer war Josef Fiebiger.[2]
Am 15. September 1891 kam es zur Eröffnung der neuerrichtete fünfklassigen Volksschule für Knaben in der Schillergasse 11. Schulleiter war Oberlehrer Franz Hausmann.[3]
Nach der Eingemeindung der Vororte 1890/1892 kam es 1894 zu zahlreichen Straßennamenänderungen. So wurde auch die Schillergasse in die Vierthalergasse umbenannt, sodass die beiden Volksschulen auch ihre Namen änderten. Im Jahr 1894 erfuhr das Schulhaus Vierthalergasse 13 außerdem eine Erweiterung durch einen zweistöckigen Zubau, wodurch im Erdgeschoss ein Turnsaal inklusive Garderobe und ein Turnlehrerzimmer geschaffen und in den beiden Stockwerken jeweils zwei Lehrzimmern und zwei Lehrmittelzimmern gewonnen werden konnten. Gleichzeitig wurden aus diesem Anlass im alten Schulgebäude Adaptierungsarbeiten notwendig. Die Bauarbeiten wurden am 15. Dezember 1894 vollendet.
Im Schuljahr 1895/1896 wurde die Knabenschule von Oberlehrer Franz Hausmann geleitet und von 16 Klassen mit 953 Schülern besucht. Davon waren neben der römisch-katholischen Mehrheit nur 14 protestantische und elf jüdische Schulkinder. Außerdem gab es einen gewerblichen Vorbereitungskurs. Die Mädchenschule stand unter der Leitung von Oberlehrer Anton Forstert. Hier besuchten 810 Schülerinnen insgesamt 14 Klassen. Auch hier war die große Mehrheit der Schulkinder römisch-katholisch, nur sechs Mädchen waren protestantisch und elf jüdisch. Die Schulen verfügten jeweils über einen eigenen Schulgarten sowie Turnsaal.
Die vom niederösterreichischen k.k. Landesschulrat durch Erlass vom 31. Juli 1896 (Zahl 7076) genehmigte Schulsprengeleinteilung (Ortsschulrat, Zahl 3219) umfasste folgende Straßen: Aßmayergasse (ab Nr. 48 aufsteigend, ab Nr. 39 aufsteigend), Albrechtsbergergasse (ab Nr. 28 aufsteigend, ab Nr. 35 aufsteigend) Canalettogasse, Dörfelstraße, Eichenstraße, Hoffmeistergasse, Ignazgasse (ab Nr. 34 aufsteigend, ab Nr. 19 aufsteigend), Murlingengasse, Neuwallgasse, Pachmüllergasse (ab Nr. 10 aufsteigend, ab Nr. 9 aufsteigend), Rauchgasse, Rottmayrgasse, Sechtergasse, Spießhammergasse, Steinackergasse, Vierthalergasse, Vivenotgasse (35 aufsteigend die ungeraden Nummern), Wilhelmstraße (ab Nr. 1 aufsteigend, Nr. 2-62), Zeleborgasse.
Im Jahr 1900 wurden sämtliche Fassaden der beiden Schulgebäude Vierthalergasse 11-13 renoviert. Am Vorabend des Ersten Weltkrieges (Schuljahr 1913/1914) leitete Oberlehrer Karl Neuwirth die Knabenschule, die von 16 Knabenklassen mit 819 Schülern besucht wurde. Davon waren 798 römisch-katholischer Konfession, zehn protestantisch, zehn jüdisch und ein Schulkind gab an, konfessionslos zu sein. Außerdem gab es einen fachlichen Fortbildungsschule für Drechsler. Oberlehrer Roman Albrecht wurde in einer Funktion als Schulleiter der Mädchenvolksschule am 4. November von Josef Wolfschütz als provisorischen Leiter abgelöst. Die Schule wurde von 688 Schülerinnen in 14 Mädchenklassen besucht. Auch hier verhielt sich die Konfessionsverteilung ähnlich: 663 Schulkinder waren römisch-katholisch, elf protestantisch, 13 jüdisch und eine konfessionslos.
Erster Weltkrieg
Bereits im ersten Schul- und Kriegsjahr 1914/1915 waren die Knabenvolksschule Johann-Hoffmann-Platz 19 und Mädchenvolksschule Johann-Hoffmann-Platz 20 in den beiden Schulgebäuden in der Vierthalergasse untergebracht. Die Abteilung der Handelsschule der Wiener Kaufmannschaft aus der Bürgerschule Singrienergasse 19 wurde ebenfalls vorläufig mit fünf Klassen in das Schulhaus der Knabenschule Vierthalergasse 11 verlegt. Ab 1915/1916 war ebenfalls die Knabenvolksschule Ruckergasse 44 in der Knabenschule Vierthalergasse 11 untergebracht. Im Schuljahr 1917/1018 wurde der Turnsaal der Mädchenschule zudem als Nähstube für Kriegsfürsorgezwecke benützt.
Durch die Einberufung der Lehrkräfte zur militärischen Dienstleistung herrschte ein Fachkräftemangel unter den Lehrpersonen, der sich durch die mehrfache Einsetzung von Lehrerinnen und Lehrern über Bezirksgrenzen hinaus nachvollziehen lässt. So fungierten Lehrkräfte oftmals Lehrkräfte "in aushilfsweiser Verwendung" in anderen Schulen, z.B. in den Schulen Deckergasse 1, Hegelgasse 14 im 1. Bezirk, Kenyongasse 1-8 im 7. Bezirk, Viriotgasse 8 im 9. Bezirk oder Jägerstraße 54 im 20. Bezirk. Bereits im zweiten Kriegsjahr wurde der Leiter der Mädchenschule Roman Albrecht zur Militärdienstleistung einberufen, weswegen die Schule jedes Jahr von einem anderen provisorischen Leiter geführt wurde. Die fachliche Fortbildungsschule für Drechsler wurde im ersten Kriegsjahr noch nicht eröffnet. Im Schuljahr 1917/1918 fungierte die Knabenschule außerdem als Standort für eine Bezirks-Aushilfslehrkraft. Die Zahl der Schülerinnen und Schüler ging in den vier Kriegsjahren in beiden Fällen zurück.
Mädchenschule:
- 1914/1915: 14 Klassen mit 735 Mädchen
- 1915/1916: 14 Klassen mit 676 Mädchen
- 1916/1917: 14 Klassen mit 646 Mädchen
- 1917/1918: 14 Klassen mit 641 Mädchen
Knabenschule:
- 1914/1915: 14 Klassen mit 744 Knaben
- 1915/1916: 15 Klassen mit 733 Knaben
- 1916/1917: 15 Klassen mit 708 Knaben
- 1917/1918: 15 Klassen mit 687 Knaben
Februar 1934 und Ständestaat
Vor dem Hintergrund der bürgerkriegsähnlichen Ereignisse im Februar 1934 blieben die Schulen vom 13. bis einschließlich 17. Februar 1934 geschlossen. Ein unmittelbarer Wechsel der Schulleitung ist bei der Knabenvolksschule nicht festzustellen; hier blieb Oberlehrer Johann Kumpost auch nach den Ereignissen als Leiter eingestellt. An der Mädchenschule wurde die provisorische Leiterin Franziska Köpf durch Oberlehrerin Karoline Traunfellner ersetzt, die laut Dekret vom Stadtschulrat für Wien (Zahl I-700/1934) ab 20. August 1934 bestellt wurde. Zu diesem Zeitpunkt hatte die Knabenschule einen Schülerstand von 336 Schülern, die neun Klassen besuchten. Davon waren 277 römisch-katholisch, zehn altkatholisch, 17 evangelisch, drei jüdisch, einer griechisch-orthodox und 28 konfessionslos. Die Mädchenschule wurde von 368 Mädchen in zehn Klassen besucht. Von ihnen waren 315 römisch-katholisch, acht altkatholisch, 16 evangelisch, zwei jüdisch, ein serbisch-orthodox-orientalisch und 26 konfessionslos. Ab dem Schuljahr 1934/1935 war die Mädchenvolksschule Vierthalergasse 13 außerdem eine Religionssammelstelle für den altkatholischen Religionsunterricht. Der Turnsaal wurde von einem tschechischen Turnverein zweimal wöchentlich sowie von der Christlich-deutscher Turnerschaft einmal wöchentlich benützt.
NS-Zeit und Zweiter Weltkrieg
Nach dem sogenannten "Anschluss" Österreichs an das Deutsche Reich im März 1938 gab es wiederum einen Wechsel in der Schulleitung, der sich nicht unmittelbar vollzog, jedoch im darauffolgenden Schuljahr. Oberlehrer Rudolf Hermann verblieb als Schulleiter der Knabenschule, während Oberlehrerin Karoline Traumfellner an der Mädchenschule vorerst durch eine provisorische Leiterin, dann durch Hubert Cussigh ersetzt wurde. Noch vor dem Krieg im Schuljahr 1938/1939 benützte die Hitlerjugend (Fähnlein 23) den Turnsaal sowie die NSFK-Gruppe 17 (Stand 112 Sturm 2) ein Lehrzimmer der Knabenschule. Bei den Mädchen war es der Bund deutscher Mädel sowie eine Kindergärten-Bildungsanstalt. Nach Ausbruch des Zweiten Weltkrieges waren ab dem Schul- und Kriegsjahr 1939/1940 durchgehend zwei Kartenstellen in der Vierthalergasse untergebracht (Nr. 86 in der Knabenschule, Nr. 87 in der Mädchenschule), wo sie jeweils zwei Räume belegten. Der Turnsaal der Mädchenschule wurde durchgängig vom Bund deutscher Mädel Untergau 506 benützt.
Zumindest für das Schuljahr 1940/1941 war die Schulen Ruckergasse 42 und Ruckergasse 44 in der Vierthalergasse untergebracht, wo sie während der Kriegsjahre fünf bis sechs Zimmer belegte. In demselben Schuljahr scheint die Mädchenschule außerdem nicht nur mehr als eine Religionssammelstelle für den alt-katholischen, sondern auch für den protestantischen sowie römisch-katholischen Religionsunterricht auf. Im letzten Kriegsjahr 1944/1945 musste die Knabenvolksschule Vierthalergasse 11 dann in die Fockygasse 20 flüchten, da das eigene Schulgebäude am 11. Oktober 1944 bei einem Luftangriff durch einen Volltreffer komplett zerstört wurde. Laut dem Kriegsschädenplan (um 1946) handelte es sich um einen Totalschaden. Die Mädchenschule wurde stillgelegt. Die Zahl der Schülerinnen und Schüler sank in den sechs Kriegsjahren in beiden Fällen deutlich:
Mädchenschule:
- 1939/1940: acht Klassen mit 248 Mädchen
- 1940/1941: acht Klassen mit 265 Mädchen
- 1941/1942: Keine Angaben
- 1942/1943: sechs Klassen mit 196 Mädchen
- 1943/1944: sechs Klassen mit 203 Mädchen
- 1944/1945: Keine Angaben (wegen Stillegung)
Knabenschule:
- 1939/1940: zehn Klassen mit 285 Knaben
- 1940/1941: sieben Klassen mit 248 Knaben
- 1941/1942: Keine Angaben
- 1942/1943: Sechs Klassen mit 205 Knaben
- 1943/1944: sechs Klassen mit 206 Knaben
- 1944/1945: sechs Klassen mit 201 Knaben und vier Mädchen (gesamt: 205)
Nach 1945 scheinen keine Volksschulen mehr in der Vierthalergasse 11-13 auf.
Quellen
- Georeferenzierter Kriegsschädenplan von 1946 in Wien Kulturgut
- Wiener Stadt- und Landesarchiv, Stadtschulrat, A9/1 – Standesausweise: Öffentliche Schulen 1916-1945
- Wiener Stadt- und Landesarchiv, Stadtschulrat, B4 – Standesausweise 1876-1915
- Verwaltungsbericht der k. k. Reichshaupt- und Residenzstadt Wien im Jahre 1900. Bericht des Bürgermeisters Dr. Karl Lueger. Wien: Wilhelm Braumüller, k. u. k. Hof- und Universitäts-Buchhändler 1903, S. 352
- Verwaltungsbericht der k. k. Reichshaupt- und Residenzstadt Wien in den Jahren 1894-1896. Bericht des Bürgermeisters Dr. Karl Lieger. Wien: Wilhelm Braumüller, k. u. k. Hof- und Universitäts-Buchhändler 1898, S. 567
Einzelnachweise
- ↑ Meidlinger Heimatbuchausschuss [Hg.]: Meidling. Der 12. Wiener Gemeindebezirk in Vergangenheit und Gegenwart. Mit 2 Farbendrucktafeln, 164 Voll- und Textbildern und einem Übersichtsplan des 12. Wiener Gemeindebezirkes. Wien: Österreichische Verlags- und Betriebsgesellschaft 1930, S. 464-465.
- ↑ Meidlinger Heimatbuchausschuss [Hg.]: Meidling. Der 12. Wiener Gemeindebezirk in Vergangenheit und Gegenwart. Mit 2 Farbendrucktafeln, 164 Voll- und Textbildern und einem Übersichtsplan des 12. Wiener Gemeindebezirkes. Wien: Österreichische Verlags- und Betriebsgesellschaft 1930, S. 464-465.
- ↑ Meidlinger Heimatbuchausschuss [Hg.]: Meidling. Der 12. Wiener Gemeindebezirk in Vergangenheit und Gegenwart. Mit 2 Farbendrucktafeln, 164 Voll- und Textbildern und einem Übersichtsplan des 12. Wiener Gemeindebezirkes. Wien: Österreichische Verlags- und Betriebsgesellschaft 1930, S. 464-465.