Wilhelm Beyer
Wilhelm Beyer, * 27. Dezember 1725 Gotha, † 23. März 1796 (1806?) Hietzing (Schönbrunn), Bildhauer, Maler, Gartenarchitekt.
Biografie
Wilhelm Beyer war der Sohn von Johann Nicolaus Beyer, dem Hofgärtner Herzog Friedrichs II. von Sachsen-Gotha, später des Herzogs von Württemberg. Nach seiner Tätigkeit für Herzog Carl Eugen von Württemberg in Stuttgart als "Garten-Ingenieur" begann er seine Ausbildung in Paris (1747–1750), wo er Architektur und Malerei studierte, und ging anschließend nach Rom (Stipendiat; 1751–1759), wo er zunächst sein Studium der Malerei fortsetzte, sich dann aber der Bildhauerei zuwandte. 1759 kehrte er nach Stuttgart zurück, arbeitete als herzoglich württembergischer Hofmaler und als Modelleur für die Ludwigsburger Porzellanmanufaktur. Daneben hatte er die Aufsicht über die Bossierer und war ab 1761 künstlerischer Leiter der Manufaktur. 1767 trat er aus dem herzoglichen Dienst aus und ging nach Wien, wo er 1770 Mitglied der Akademie der bildenden Künste (Aufnahmestück "Bacchanal" der Ludwigsburger Manufaktur) beziehungsweise kaiserlicher Hofmaler und "Statuarius" wurde. 1771 heiratete er die Malerin und Tochter des Schlosshauptmanns von Schönbrunn Gabrielle Bertrand und erwarb 1778 ein Haus in Hietzing und später auch andere angrenzende Liegenschaften. Ihre Ehe wurde 1785 geschieden.
Am 21. März 1773 wurde er zum Akademischen Rat ernannt und leitete im Auftrag Maria Theresias 1773–1780 die skulpturale Ausschmückung des Schönbrunner Schlossparks. Beyer engagierte mehr als ein Dutzend namhafter Bildhauer, führte aber für das Gartenparterre 18 Marmorstatuen (durchwegs in rein klassizistischen Stil) selbst aus und schuf damit das letzte große Statuenensemble des 18. Jahrhunderts.
1779 schuf er die Figur der Egeria für das Brunnenhaus des "Schönen Brunnens" (von Isidor Canevale), weiters stammen von ihm die beiden Najadenbrunnen (in den Diagonalwegen), die Bassinfiguren "Moldau" und "Elbe" der Römischen Ruine, die beiden Sphingen vor dem Schloss Schönbrunn und die (nicht erhaltene) "Prudentia" für den Audienzsaal. Die Hauptgruppe des Großen Bassins ("Triumph des Neptun") entstand unter seiner Leitung. Nicht erhalten haben sich auch die Sandsteinfiguren "Nereis Eudora" (Esterházyscher Garten, 3., Ungargasse), die Marmorstatue "Diana wäscht sich die Füße" (3, Belvedere) und eine Marmorgruppe für Laxenburg. Im Oberen Belvedere befindet sich seine Marmorbüste "Lachender Faun", im Barockmuseum die Terrakotta "Chronos enthüllt Veritas"; die "Venus von Penzing" (Venus mit Delphin, 1770), eine Sandsteinfigur aus einem Garten in der Nähe von Schloss Schönbrunn, befindet sich ebenfalls im Oberen Belvedere. 1780 machte er den letzten Entwurf für Schönbrunn für Figuren am Neptunbrunnen, der kurz vor Maria Theresias Tod fertiggestellt werden konnte.
1781 fertigte er den ersten bekannten schriftlichen Entwurf für Regulierungsmaßnahmen des Wienflusses an. Das immer wieder auftretende Hochwasser gefährdete nämlich nicht nur seine eigene Gartenanlage in Hietzing, sondern auch den Schlosspark Schönbrunn, für den er zahlreiche Statuen angefertigt hatte. Das Projekt umfasste nicht nur die Wienflussregulierung, sondern auch die Errichtung von Wehren und Auffangbecken am Oberlauf und den Zubringern des Wienflusses, damit auch die Wasserversorgung der Mühlen sichergestellt werden sollte. Zudem umfasste der Entwurf auch die Anlage des Wienerwaldsees. 1783 wurde ein weiterer Plan durch den Hofmathematiker Jean Baptist Brequin eingereicht, es wurden jedoch beide abgelehnt und es kam nur zur Aushebung eines tieferen Flussbetts durch Sträflinge und zur Uferbepflanzung mit Weiden und Akazien.
Wilhelm Beyer starb am 23. März 1796 in Hietzing.
Quellen
Literatur
- Rudolf Schmidt: Österreichisches Künstlerlexikon. Von den Anfängen bis zur Gegenwart. Wien: Tusch 1974–1980
- Ulrich Thieme / Felix Becker [Hg.]: Allgemeines Lexikon der bildenden Künstler von der Antike bis zur Gegenwart. 37 Bände. Leipzig: Engelmann 1907–1950
- Severin Hohensinner / Friedrich Hauer: Neue Möglichkeiten in der vorindustriellen Ära 1683–1830. In: Wasser Stadt Wien – Eine Umweltgeschichte. Wien: 2019
- Gudrun Pollack: Verschmutzt – Verbaut – Vergessen. Eine Umweltgeschichte des Wienflusses von 1780 bis 1910. Wien: Institute of Social Ecology 2013.
- Felix Czeike: XIII. Hietzing. Mit ausführlicher Beschreibung, Karten- und Grundrißskizzen von Schönbrunn. Wien [u.a.]: Jugend & Volk 1982 (Wiener Bezirkskulturführer, 13), S. 40 ff.
- Renate Wagner-Rieger [Hg.]: Die Ringstraße. Bild einer Epoche. Die Erweiterung der Inneren Stadt Wien unter Kaiser Franz Joseph. Band 9/3. Wiesbaden: Steiner 1980, S. 186
- Franz Atzinger / Heinrich Grave: Geschichte und Verhältnisse des Wien-Flusses sowie Anträge für dessen Regulirung und Nutzbarmachung mit Rücksichtnahme auf die jetzigen allgemeinen und localen Anforderungen. Wien: Alfred Hölder 1874.
- Elfriede Baum: Österreichisches Barockmuseum im Unteren Belvedere. Wien [u.a.]: Herold 1980 (Österreichische Galerie Wien: Kataloge, 1), S. 57 ff.
- Gerhardt Kapner: Freiplastik in Wien. Wien [u.a.]: Jugend & Volk 1970, S. 478
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- Mitteilungen der Österreichischen Galerien 4 (1960), 46–48
- Geschichte der bildenden Kunst in Wien. Band 2: Geschichte der Malerei in Wien. Wien [u.a.]: Selbstverlag des Vereines für Geschichte der Stadt Wien 1955 (Geschichte der Stadt Wien / Neue Reihe, 7/2), S. 254
- Alphons Lhotsky: Die Baugeschichte der Museen und der neuen Burg. Wien: F. Berger 1941 (Festschrift des Kunsthistorischen Museums zur Feier des fünfzigjährigen Bestandes, 1), S. 19
- Hietzing. Ein Heimatbuch für den 13. Wiener Gemeindebezirkes. Hg. von der Arbeitsgemeinschaft für Heimatkunde in Hietzing. Wien: Österr. Bundesverlag 1925, S. 236
- Erika Tietze-Conrat: Österreichische Barockplastik. Wien: Schroll 1920, S. 143
- Technischer Führer durch Wien. Hg. vom Österreichischen Ingenieur- und Architekten-Verein. Red. von Martin Paul. Wien: Gerlach & Wiedling 1910, S. 215
- Paul Kortz: Wien am Anfang des 20. Jahrhunderts. Ein Führer in technischer und künstlerischer Richtung. Hg. vom Oesterreichischen Ingenieur und Architekten-Verein. Band 2. Wien: Gerlach & Wiedling 1906, S. 118, 130
- Paul Kortz: Wien am Anfang des 20. Jahrhunderts. Ein Führer in technischer und künstlerischer Richtung. Band 1. Hg. vom Oesterreichischen Ingenieur und Architekten-Verein. Wien: Gerlach & Wiedling 1905, S. 93, 332
- Wilhelm Beyer: Statuen und Wasserspiele in dem kais. kön. Lustgarten zu Schönbrunn aus Marmor gehauen [...]. Wien: Artaria 1778
- Wikipedia: Wilhelm Beyer [Stand: 25.09.2023]
- Wikipedia: Wien (Fluss) [Stand: 25.09.2023]
- ANNO: Die Wienthal-Wasserleitung und der Stauweiher bei Tullnerbach. In: allgemeine Bauzeitung, 1898, S. 53
- ANNO: Geschichte der Wienfluß-Regulirung. In: Wiener Zeitung, 05.08.1885, S. 1
- Die Regulierung und Einwölbung des Wienflusses. In: Deutsche Bauzeitung, 1867, S. 618
Wilhelm Beyer im Katalog der Wienbibliothek im Rathaus.