Barbara Eibensteiner
Barbara Eibensteiner, * 1. Oktober 1917 Rudmanns, † 23. Jänner 1984 Wien, Stickerin, Widerstandskämpferin, Dolmetscherin, Stenotypistin, Kindergärtnerin.
Biografie
Barbara "Betty" Eibensteiner, verheiratete Mucha, wurde 1917 im niederösterreichischen Rudmanns (Bezirk Zwettl) geboren. Nachdem ihr Vater Michael Gerus nicht aus dem Ersten Weltkrieg zurückkehrte wuchs sie bei den Eltern ihrer ledigen Mutter Walpurga Eibensteiner auf, die in Rudmanns eine kleine Landwirtschaft besaßen. In Zwettl besuchte sie die Volksschule und absolvierte die ersten beiden Hauptschuljahre. Danach übersiedelte sie zu ihrer Mutter nach Wien (3., Salmgasse 21). Nach dem Hauptschulabschluss besuchte sie zwei Jahre eine Schule für Stickerinnen und ging danach im Betrieb von Josefine Spielmann (wahrscheinlich 3., Matthäusgasse 8) in Lehre. Später wechselte sie in den Strick- und Wirkwaren-Betrieb von Emmerich Strasser (17., Mayssengasse 15).
Barbara Eibensteiner wurde im Umfeld der sozialdemokratischen Kinderfreunde sozialisiert und zeigte früh politisches Interesse. Während des Austrofaschismus trat sie 1937 dem damals bereits illegalen Kommunistischen Jugendverband (KJV) bei, wo sie unter dem Decknamen "Hansi" agierte. Bei der nationalsozialistischen Machtübernahme Österreichs 1938 fungierte Eibensteiner als Leiterin des 3. Bezirks. Im April 1938 stieg sie zur Leiterin des Kreises VII auf, der aus den Bezirken Landstraße, Simmering und Schwechat bestand. Die Bezirksleitung übernahm daraufhin ihre Freundin Johanna Vogl. Ab der Festnahme von Bruno Dubber im Herbst 1938 war der Kommunistische Jugendverein faktisch führungslos und die Kreisebene somit die oberste hierarchische Struktur. Eine der Anwerbungsstrategien des KJV bestand darin, dass die bestehenden Mitglieder regimetreuen Organisationen beitraten und dort versuchten neue Mitstreiter*innen zu rekrutieren. Außerdem trug dieses Vorgehen zur Tarnung der Widerstandsaktivitäten bei. Barbara Eibensteiner war deshalb beispielsweise Mitglied des Österreichischen Jungvolks (Jugendorganisation der Vaterländischen Front), der Deutschen Arbeitsfront (ab November 1938), des Bunds deutscher Mädel (ab Juni 1939) und des BDM-Werkes "Glaube und Schönheit". Zu Eibensteiners Aufgaben als Kreisleiterin zählten darüber hinaus auch die Abhaltung regelmäßiger politischer Treffen sowie die (Re)Organisation der unter der Kreisleitung angesiedelten Bezirksgruppen. Bei ihren Tätigkeiten unterstützte sie die Gebietsführerin Barbara Hirsch. Aus Schutzgründen den anderen Mitgliedern gegenüber gab Eibensteiner die Leitung des Kreises VII im April 1939 an Johann Hausl ab, da sie sich beobachtet fühlte.
Trotz der ergriffenen Vorsichtsmaßnahmen wurde die 23jährige Barbara Eibensteiner am 8. März 1940 von der Gestapo verhaftet und in verschiedenen Gefängnissen (Roßauer Lände, Landesgericht I, Landesgericht II) bis zur Anklageerhebung am 4. Juni 1941 festgehalten. Gemeinsam mit Eibensteiner wurden Walter Annerl, Benedikt Bayer, Lorenz Fürst, Josef Götzinger, Barbara Hirsch, Johann Huber, August Mayer, Heinrich Rösler und Anton Schedl wegen "Vorbereitung zum Hochverrat" angeklagt. Eibensteiner erhielt aufgrund ihrer führenden Stellung die höchste Strafe (4 Jahre und 6 Monaten Zuchthaus). Im November 1941 wurde sie in das Zuchthaus Aichach bei München verlegt, wo etwa die Widerstandskämpferinnen Anni Haider, Gertrude Hausner und Margarete Schütte-Lihotzky zu ihren Haftgenossinnen zählten. Auch in der Haft setzte Eibensteiner ihre Widerstandsaktivitäten fort, etwa durch Sabotageaktionen bei der Zwangsarbeit. Nach Strafverbüßung wurde Barbara Eibensteiner nicht freigelassen, sondern im Rahmen der "Schutzhaft" in das KZ Ravensbrück deportiert, wo sie im November 1944 ankam. Dort wurde sie zur Arbeit in den Siemenswerken gezwungen. Gemeinsam mit ihren beiden Freundinnen aus dem KJV-Kreis VII Barbara Hirsch und Johanna Vogl sowie Friederike Sinclair gelang Eibensteiner im April 1945 die Flucht vom Todesmarsch. Eibensteiner kehrte stark geschwächt in das befreite Lager zurück und kam im Juli 1945 mit dem unter anderem von Rosa Jochmann organisierten Transport nach Wien zurück.
In der Nachkriegszeit arbeitete Barbara Eibensteiner als Dolmetscherin, Stenotypistin und Kindergärtnerin. Im März 1947 heiratete sie den Werkzeugschlossergesellen und langjährigen Freund Franz Mucha (1920–1990). Trotz grober gesundheitlicher Probleme seit der Haftzeit brachte sie im November 1947 die gemeinsame Tochter Johanna (verheiratete Wischin-Mucha) auf die Welt. Wenige Wochen nach der Geburt verstarb Barbara Eibensteiner am 23. Jänner 1948 im Alter von 31 Jahren und wurde am Südwestfriedhof beigesetzt.
Quellen
Literatur
- Helga Amesberger / Brigitte Halbmayr / Simon Clemens: Meine Mama war Widerstandskämpferin. Netzwerke des Widerstands und dessen Bedeutung für die nächste Generation. Wien: Picus 2019
- Elke Rajal: Barbara „Hansi“ Eibensteiner. In: Mitteilungsblatt der Österreichischen Lagergemeinschaft Ravensbrück & FreundInnen (Dezember 2017), S. 9–10
- Elke Rajal: Zwei Wiener "Ravensbrückerinnen" - Cölestine Hübner und Barbara Mucha-Eibensteiner. Leben im Widerstand. (Abschlussbericht für das Wissenschaftsstipendium) Wien: o. V. 2017
- Philipp Lumetsberger: „Hinein in die Vaterländische Front!“ Die Vaterländische Front als Machtbasis des Ständestaates? MA. Johannes Kepler Universität Linz. Linz 2015
- Markus Priller: Arisierungen in der österreichischen Textilindustrie. Dipl.-Arb. Univ. Wien. Wien 2008, S. 120, 131
- ÖsterreicherInnen im KZ Ravensbrück: Barbara Eibensteiner [Stand: 16.09.2024]