Dienstmann

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Dienstmann beim Tandelmarkt (1910)
Daten zum Begriff
Art des Begriffs Berufsbezeichnung
Andere BezeichnungAndere Bezeichnung für diesen Eintrag
Frühere Bezeichnung
Nachweisbar von 1862
Nachweisbar bis
Siehe auchVerweist auf andere Objekte im Wiki  Langes 19. Jahrhundert
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BildnameName des Bildes Tandelmarkt Dienstmann.jpg
BildunterschriftInformation, die unterhalb des Bildes angezeigt werden soll Dienstmann beim Tandelmarkt (1910)


Ein kaiserliches Patent aus dem Jahr 1859 regelte, dass Personen ihre Tätigkeiten als Boten, Träger und dergleichen nur aufgrund eines konzessionierten Gewerbes anbieten durften. 1862 erteilte dann die Niederösterreichische Statthalterschaft für das "Erste Wiener Dienstmänner-(Kommissions-)Institut" die Konzession. Damit war ein neuer Beruf geschaffen, der an rund 300 vom Magistrat zugewiesenen Wiener Plätzen - jedoch nicht direkt am Bahnhof, dies war untersagt - seine Dienste anbot.

Zu den Aufgaben eines Dienstmannes gehörten folgende Botengänge:

  • Trägerdienste bis 20 Pfund
  • Stellvertreter für verhinderte Dienstboten wie Portiere, Hausdiener, Kellner usw.
  • Stellung von Führern und Begleitern
  • Versorgung von Aushilfsdiensterschaft
  • "Effectuierung" sämtlicher häuslichen Dienstverrichtungen
  • Besorgung von Kleidern und Stiefelputzern, Zimmer- und Möbelreinigern, Decken- und Teppichklopfern, Holz- und Wasserträgern
  • Beistellung von Aufsehern bei Verladungen
  • Beistellung von Wächtern
  • Besorgung von Theater- und Konzert-"Billeten"

Erkennbar waren die Dienstmänner an ihrer Kleidung und vor allem an der Kappe mit dem Metallschild, auf dem das Wort "Commissionär" stand. Zusätzlich ordnete Bürgermeister Andreas Zelinka die Ausfolgung einer Legitimation für legal arbeitende Dienstmänner an, um sie von der "Schmutzkonkurrenz" unterscheiden zu können. Der Zulauf zum Dienstmann-Beruf war enorm, bald entstanden neue Dienstmänner-Institute wie beispielsweise 1868 die Gesellschaft "Express" oder die "Stadt-Kuriere".

Einen Höhepunkt erreichte das Gewerbe vor der Weltausstellung 1873 mit 2.300 zugelassenen Dienstmännern. Der Börsenkrach, stetige Zuwanderung mit arbeitswilligen Männern aus den Kronländern, "schwarz" arbeitende Konkurrenz und technischer Fortschritt verringerten sukzessive das Leistungs- und Verdienstspektrum des klassischen Wiener Dienstmannes, der vom Feuilleton, der Operette und der Literatur längst schon als "Wiener Urtyp" in zeitüberdauernde Fassung gebracht wurde. Unter Bürgermeister Karl Lueger gab es noch einen Versuch, die Dienstmänner sozialrechtlich besser zu stellen, allein die Konkurrenz, etwa durch die "Messenger Boys", junge Burschen in Uniformen auf Fahrrädern, zeigte an, dass die auch zusehends ins Alter gekommenen Dienstmänner zu einer aussterbenden Dienstleistung gehörten. Vor 1914 gab es etwa noch 800 offizielle "Wiener Dienstmänner".

Im Ersten Weltkrieg flüchteten – vor allem Juden – aus Galizien nach Wien, was den Verdrängungswettbewerb weiter verschärfte. Um der Konkurrenz des Autos zu begegnen, gründeten Wiener Dienstmänner 1929 am Sitz der Standesvertretung in der Ballgasse 6 selbst eine "Wiener Auto-Dienstmann Betriebs- und Spargenossenschaft". Diese musste aber wie auch die 1928 gegründete "Eiltransporte Wiener Dienstmann Betriebsgenossenschaft" nach drei Jahren aufgeben. 1934 gab es noch um die 180 Dienstmänner im Wiener Straßenbild, in der NS-Zeit mussten jüdische Dienstmänner ihr Gewerbe zurücklegen, sodass es 1940 nur mehr um die 30 Dienstmänner in Wien gab. Nach 1945 soll es nur mehr 17 von ihnen gegeben haben.

Dennoch fand das Motiv des "Dienstmanns" als Wiener Volkstype sehr bald Verwendung auf der Bühne und später auch im Film. Bereits in den 1860er Jahren ist er für Possen und Solo-Szenen titelgebend. Wirklich populär machte ihn aber Hans Moser, der ihn erstmals am 4. November 1923 in einem Sketch im Ronacher verkörperte; für US-amerikanische Besatzungssoldaten stellte er einen "Porter of Vienna" dar, bis Franz Antel mit ihm und Paul Hörbiger 1951 die erfolgreiche Verwechslungskomödie "Hallo Dienstmann" drehte, die freilich wenig Entsprechungen in den tatsächlichen Lebenswelten der Dienstmänner hat.

Siehe auch: Lohnlakaien

Literatur

  • Fritz Keller: Hallo Dienstmann. In: Wiener Geschichtsblätter 62 (2007), S. 1 ff.