Exhumierungen im Nachkriegs-Wien
Im Zuge des Kampfs um Wien vom 6. bis 13. April 1945 kamen fanden rund 19.000 Angehörige der deutschen Heerensverbände und rund 2.300 Zivilisten ums Leben. Auf Grund des Zusammenbruchs der zivilen Verwaltung und des Fehlens von Transportmitteln wurden zahlreiche Leichen nur notdürftig begraben. In der Nachkriegszeit erforderte dies Exhumierungen und geordnete Verlegung der Gräber, die in den Jahren 1946 und 1947 durchgeführt wurden.

1945: Notbestattungen und ungeregelte Exhumierungen
Im April 1945 waren in den Wiener Parks und in Bombentrichtern mehr als 6500 Leichen notdürftig beerdigt, die aus sanitären Gründen ehestmöglich exhumiert und bestattet werden mussten. Über den Sommer kam es aber aufgrund der Witterungsbedingungen nicht dazu, auch reichten die vorhandenen Särge vorerst nicht einmal für die Bestattung der in den Leichenhallen verbliebenen Toten aus. Zumeist erfolgten Exhumierungen auf Basis kurz befristeter Aufträge der sowjetischen Besatzungsmacht. Das Gesundheitsamt gab Weisungen an die Bezirksvorsteher aus, von Exhumierungen im größeren Umfang abzusehen. Ausnahmen machte man nur in Fällen, wo zu befürchten war, dass die vergrabenen Leichen Trinkwasserquellen verunreinigen könnten oder wenn die Grabstätten der Instandsetzung von Versorgungsleitungen im Weg waren. Mangels Personal mussten oft die örtlichen Behörden und die Angehörigen bei den Arbeiten aushelfen. Die sowjetischen Behörden drängten gegen Jahresende auf eine rasche Durchführung der Exhumierungen. Eingaben der Stadt, die eine Unterbrechung beantragten, wurden abschlägig beschieden: die Sowjets verweigerten sowohl eine Aussetzung der Arbeiten als auch die Bereitstellung der dafür benötigten Särge, da sie diese für ihre eigenen Armeeangehörigen benötigten. Auch an Transportmitteln mangelte es weiterhin. Insgesamt wurden 1945 3.261 Exhumierungen vorgenommen.
1946-1947: geordnete Exhumierungen
Wirklich anlaufen konnten die Arbeiten erst im Frühjahr 1946. Im März erging ein Aufruf an die Bevölkerung, bei der Identifizierung der exhumierten Leichen mitzuhelfen. Die damaligen "Bestatter" wurden ersucht, eventuell zurückbehaltene Unterlagen, die bei der Feststellung der Identität der Toten hilfreich sein könnten, abzugeben. Auch Personen, die vermuteten, dass Angehörige unter den auf diese Weise Bestatteten sein könnten, wurden aufgefordert, sich zu melden. Die Kosten der Exhumierungen beliefen sich auf 1,3 Millionen Schilling. Sofern es sich bei den exhumierten Leichen um Zivilpersonen handelte, versuchte die Stadt, die Unkosten bei den Hinterbliebenen einzutreiben. Überwiegend handelte es sich bei den Toten aber um ausländische Soldaten. Erst ein Jahr nach Kriegsende begannen im 2. Bezirk Exhumierungen in den Grünanlagen entlang des Donaukanals und der Augartenmauer. Die Arbeiten im Augarten, wo ebenfalls viele Tote bestattet waren, wurden auf einen späteren Zeitpunkt verschoben. Insgesamt fanden 1946 4.400 und 1947 1.117 Exhumierungen statt. Ende 1947 waren noch etwa 60 Gräber bekannt, die noch zu exhumieren waren.
Urnenhain für französische Widerstandskämpfer
1947 entschloss die Stadt im Einvernehmen mit der französischen Besatzungsmacht, dass die Urnen von 51 französischen Widerstandskämpfern, die von der Gestapo ermordet worden waren, exhumiert und in einem eigens gewidmeten Urnenhain beigesetzt werden sollten.
Siehe auch:
- 1945 bis 1955
- Alliierte Besatzung
- Alltag in Wien in der Besatzungszeit
- Gesundheitliche und sanitäre Versorgung in Wien in der Besatzungszeit
- Epidemien im Nachkriegs-Wien
- Morbidität im Nachkriegs-Wien
Quellen
- Wiener Stadt- und Landesarchiv, Nachlass Körner, A1.4.1 – Bericht über Unterhandlungen mit russischer Zentralkommandantur betreffend Exhumierungen
- Wiener Stadt- und Landesarchiv, Nachlass Körner, A1.4.22 – Bericht über die Tätigkeit des Gesundheitsamtes und der ihm unterstehenden Dienststellen seit Abschluß der Kampfhandlungen
Literatur
- Magistrat der Bundeshauptstadt Wien (Hg.): Die Verwaltung der Bundeshauptstadt Wien vom 1. April 1945 bis 31. Dezember 1947. Wien 1949
- Rathauskorrespondenz vom April 1945, März 1946, Mai 1946, April 1947