Gründung der Wasserversorgungskommission
Am 21. November 1862 beschloss der Gemeinderat eine 12-köpfige Kommission zur Wasserversorgung einzurichten, welche gemeinsam mit Fachleuten alle nötigen Erhebungen und Vorarbeiten für den Bau einer Wasserleitung durchführen sollte. Ebenfalls wurde in dem Beschluss festgehalten, dass die künftige Wasserversorgung Wiens durch Quellwasser aus dem Gebirge und nicht durch Donauwasser erfolgen sollte. Schließlich wurde auch festgelegt, dass die Gemeinde Wien die Kosten für die Wasserversorgung tragen sollte.
Der Beschluss
Der Beschluss vom 21. November 1862 im vollen Wortlaut:
Der Gemeinderat beschließt unter Aufrechterhaltung des Grundsatzes, die Stadt Wien mit gutem Trink- und Nutzwasser in einer vollkommen ausreichenden Menge zu versorgen und hiebei ein aus dem Gebirge herzuleitendes Wasser jenem des Donaustromes vorzuziehen:
- Es ist für die Wasser-Versorgung Wiens eine selbstständige Commission aus 12 Mitgliedern zu bilden, welche aus der Mitte des Gemeinderathes mit absoluter Majorität zu wählen ist. Diese Commission hat alle zum Zweck der Wasser-Versorgung erforderlichen Erhebungen und Vorarbeiten mit Zuziehung von erprobten, außer dem Gemeinderathe stehenden Fachmännern einzuleiten und zur definitiven Durchführung eines für gut befundenen Projectes, die weiteren entsprechenden Anträge an den Gemeinderath zu stellen.
- An die hohe Staatsregierung ist sogleich im Sinne der Gesetze vom 30. Juli 1838 (polit. Gesetzsamml. B. 95) und vom 14. September 1854 (R.G.B. Nr. 238) ein Gesuch um die Bewilligung zur Vornahme aller Vorarbeiten, welche zur künftigen Ausführung der Wasser-Versorgung Wien nöthig sind, zu richten.
- Ebenso hat die Commission bezüglich des ihr zu eröffnenden Credites für die Kosten der Vorarbeiten geeignete Anträge zu stellen.
- Die Wasser-Versorgung der Stadt Wien wird für Rechnung der Commune durchgeführt.
Mitglieder
Die Wahl der Mitglieder der Wasserversorgungskommission war für die Gemeinderatssitzung vom 5. Dezember 1862 anberaumt. Es wurden 110 Stimmzettel abgegeben und zehn Gemeinderäte mit der für die Bestellung erforderlichen absoluten Mehrheit gewählt, darunter Vizebürgermeister Cajetan Felder und die Gemeinderäte Ludwig Förster und August Zang, die sich bereits im Spezialkomitee mit der Materie befasst hatten. Alle Vertreter gehörten den Liberalen oder Konservativen an, während Vertreter der Linken keine Mehrheit erlangen konnten. Der Anspruch der Linken ebenfalls in der Wasserversorgungskommission vertreten zu sein, gegebenenfalls durch eine engere Wahl, wurde von den anderen Fraktionen abgelehnt. Die Entscheidung musste auf die nächste Gemeinderatssitzung am 9. Dezember 1862 vertagt werden. Auch an diesem Tag konnte zwischen den Fraktionen keine Einigung über die Bestellung und den Wahlmodus für die verbleibenden zwei Mitglieder gefunden werden. Der Antrag der Linken auf eine komplette Neuwahl wurde mit 56:54 Stimmen abgelehnt. In der folgenden Nachwahl für die beiden verbleibenden Stellen enthielten sich alle 54 Personen, die sich zuvor für eine Neuwahl ausgesprochen hatten, der Stimme. In der ersten Besetzung der Wasserversorgungskommission fanden sich daher nur liberal-konservative Gemeinderäte.
Folgende Mitglieder des Gemeinderats wurden in die Wasserversorgungskommission gewählt:
- Dr. Cajetan Felder, Rechtsanwalt, zweiter Bürgermeister-Stellvertreter
- {{Heinrich Fellner von Feldegg|Heinrich von Fellner]], k.k. Regierungsrat
- Ludwig Förster, Architekt
- Dr. Ferdinand Hessler, Physiker
- Leopold Karl Jordan, Ingenieur
- Dr. Josef Klucky, Arzt
- Dr. Johann Natterer, Arzt
- Franz Neumann, Architekt
- Leopold Schuch, Unternehmer
- Dr. Wenzel Sedlitzky, Apotheker
- Franz Freiherr von Wertheim, Industrieller
- August Zang, Journalist
In der ersten Sitzung der Wasserversorgungskommission am 15. Jänner 1863 wurde August Zang zum Obmann, Ferdinand Hessler zu seinem Stellvertreter und Wenzel Sedlitzky zum Schriftführer gewählt. Die Beschlüsse der Kommission wurden in Sitzungsprotokollen festgehalten.
Nach dem Ausscheiden von Ludwig Förster (Tod) und August Zang (Mandatsniederlegung) wurden am 26. Juni und 9. Oktober 1863 die Gemeinderäte Eduard Suess und Dr. Eduard Kopp in die Kommission gewählt.
Auf Antrag der Kommission wurde sie im August 1863 um drei weitere Mitglieder verstärkt:
- Johann Heinrich Steudel, Gastwirt und Realitätenbesitzer, gehörte den Linken bzw. Äußersten Linken an
- Josef Klemm, Buchhändler und Verleger
- Achilles von Melingo, Kommunalpolitiker und Realitätenbesitzer
In den folgenden Jahren änderten sich die Zusammensetzung und der Arbeitsauftrag der Wasserversorgungskommission mehrmals. Zum Zeitpunkt der Eröffnung der Ersten Hochquellenleitung 1873 bestand sie aus 22 Mitgliedern.
Siehe auch: Erste Hochquellenleitung (Zeitleiste), Wasserversorgungskommission
Quellen
- Wiener Stadt- und Landesarchiv, Gemeinderat, B6: Protokoll der 142. Sitzung des Gemeinderats vom 21. November 1862
- Wiener Stadt- und Landesarchiv, Kommissionen und Komitees, B22.412: Beschluss Protokolle der Wasserversorgungs-Commission 1863 und 1864
- Wiener Stadt- und Landesarchiv, Pläne und Karten: P1: 315/3: Pläne (Atlas) zum Bericht über die Erhebungen der Wasserversorgungskommission des Gemeinderates der Stadt Wien]
Literatur
- Rudolf Stadler: Die Wasserversorgung der Stadt Wien in ihrer Vergangenheit und Gegenwart. Denkschrift zur Eröffnung der Hochquellen-Wasserleitung im Jahre 1873. Wien: Gemeinderat 1873, S. 113-114