Wasserversorgungskommission
Am 21. November 1862 beschloss der Gemeinderat eine 12-köpfige Kommission zur Wasserversorgung einzurichten, welche gemeinsam mit Fachleuten alle nötigen Erhebungen und Vorarbeiten für den Bau einer Wasserleitung durchführen sollte. Die Mitglieder der Kommission wurden aus dem Kreis der Gemeinderäte gewählt.
Als die Wasserversorgungskommission ihre Aufgabe, die notwendigen Vorarbeiten für den Bau einer Wasserleitung durchzuführen, erfüllt hatte, wurde sie auf ihren Antrag hin am 3. Juli 1866 durch eine neue Kommission, mit der es personelle Überschneidungen gab, abgelöst. In den folgenden Jahren änderten sich die Zusammensetzung der Wasserversorgungskommission mehrmals. Bis zumindest 1880 befassten sich ihre Mitglieder mit Fragen der städtischen Wasserversorgung.
Beschluss-Protokolle der Wasserversorgungskommission
Die Sitzungen der Wasserversorgungskommission von 1863 bis 1880 sind in handschriftlichen Protokollen dokumentiert. Verfasst wurden sie vom Schriftführer der Kommission, Dr. Wenzel Sedlitzky sowie vom Magistrats-Konzipienten Heinrich Walter (verstorben im Mai 1863), dessen Nachfolger Franz Rogge und nach dessen Dienstaustritt im April 1869 von Rudolf Stadler. Letzterer verfasste 1873 im Auftrag des Gemeinderats die Denkschrift anlässlich der Eröffnung der Ersten Hochquellenleitung.
Die erste Sitzung fand am 15. Jänner 1863 statt. Den Vorsitz der ersten Sitzungen führte Bürgermeister Andreas Zelinka, später wurden die Sitzungen meist von Dr. Cajetan Felder, der ab dem 21. Oktober 1863 auch Obmann der Wasserversorgungskommission war, geleitet. Zu Beginn tagte die Kommission wöchentlich, als Sitzungstag wurde Samstag Nachmittag festgelegt. Später fanden die Treffen nach Bedarf statt, vor wichtigen Entscheidungen mehrmals wöchentlich, sonst meist einmal im Monat. Zu Beginn jedes Protokolls sind die Anwesenden sowie geladene Gäste verzeichnet. So geben die Protokolle Auskunft darüber, welche Expertenmeinungen von den Mitgliedern der Kommission gehört wurden. Regelmäßige Gäste waren etwa die Ingenieure des Stadtbauamts Carl Junker und Carl Mihatsch oder der Chemiker Franz Schneider, der 1864 offiziell Mitglied der Wasserversorgungskommission wurde.
Die Protokolle geben vielfältige Einblicke in die Arbeit der Wasserversorgungskommission, etwa über das Engagement und die Rolle ihrer Mitglieder, die Entscheidungsfindung und Vorbereitung wichtiger Referate vor dem Gemeinderat. So zeigen die Protokolle von der Gründung bis in den Frühling 1864 etwa, wie Prof. Eduard Suess zuerst als Gast zu den Sitzungen geladen wurde, zum ständigen Teilnehmer wurde und schnell die inhaltliche Gestaltung übernahm. Sie geben Auskunft darüber, wie auf Grundlage der beauftragten hydrotechnischen Untersuchungen der Entschluss zur Nutzung der Quellen Kaiserbrunn, Stixenstein und Alta reifte und wie die Mitglieder der Kommission die Durchsetzung dieses Entschlusses vor dem Gemeinderat, aber auch in der Öffentlichkeit und bei einflussreichen Stakeholdern vorbereiten.
Siehe auch: Erste Hochquellenleitung, Erste Hochquellenleitung (Zeitleiste)
Mitglieder
Folgende Gemeinderäte waren zwischen 1862 und 1873 in der Wasserversorgungskommission aktiv (alphabetische Reihenfolge, Zeitraum des Engagements in Klammer):
- Dr. Heinrich von Billing, Rechtsanwalt, 1870-1873
- Wilhelm Doderer, Architekt, 1873
- Dr. Cajetan Felder, Rechtsanwalt, zweiter Bürgermeister-Stellvertreter bzw. Bürgermeister, 1862-1873, ab 21. Oktober 1863 als Obmann
- Heinrich von Fellner, k.k. Regierungsrat, 1862-1866(?)
- Friedrich Flohr, 1869-1873
- Ludwig Förster, Architekt, 1862-1863
- Carl Franz, 1869-1873
- Wilhelm Groß, Stadt-Baumeister, 1866-1873, folgte Eduard Suess am 28. April 1873 als Obmann-Stellvertreter nach
- Dr. Ferdinand Hessler, Physiker, erster Obmann-Stellvertreter, 1862-1865
- Dr. Josef Philipp Herr, Geodät und Astronom, 1866-1869
- Johann Hönig, k. k. Professor der Technik, 1866-(?)
- Dr. Karl Hoffer, Hof- und Gerichts-Advokat, 1866-1873
- Leopold Karl Jordan, Ingenieur, 1862-1866(?)
- Ludwig Jünemann, 1867-1873
- Franz Khunn, Bürger, 1866-1873
- Josef Klemm sen., Buchhändler und Verleger, 1863-1865 und 1868-1873
- Josef Klemm jun. 1872-1873
- Dr. Eduard Kopp, 1863-1873
- Dr. Josef Klucky, Arzt, 1862-1866(?), stimmte 1866 gegen den Bau der Ersten Hochquellenleitung
- Alfred Lenz, Ingenieur, 1866-(?)
- Achilles von Melingo, Kommunalpolitiker und Realitätenbesitzer, 1863-1873
- Leopold Edler von Mende, k. k. Ober-Landesgerichtsrat, 1866-(?)
- Dr. Johann Natterer, Arzt, 1862-1873
- Franz Neumann, Architekt, 1862-1873
- Dr. Julius Newald, k. k. Militär-Agent, 1866-1873
- Leopold Paffrath, Handelsmann, 1866-1873
- Dr. Franz Schneider, k. k. Professor der Chemie, 1864-(?)
- Leopold Schuch, Unternehmer, 1862-1866(?), stimmte 1866 gegen den Bau der Ersten Hochquellenleitung
- Dr. Wenzel Sedlitzky, Apotheker, 1862-1873, ab der ersten Sitzung am 15. Jänner 1863 als Schriftführer
- Berthold Stadler, Bürger, 1866-(?)
- Johann Heinrich Steudel, Gastwirt und Realitätenbesitzer, 1863-1866(?), stimmte 1866 gegen den Bau der Ersten Hochquellenleitung
- Dr. Josef Stöger, 1869-1873
- Dr. Eduard Suess, Geologe, 1863 bis Frühjahr 1873 (wegen Mandatsniederlegung im Gemeinderat ausgeschieden)
- Eduard Uhl, Bürger, 1866-1873
- Johann Umlauft, Literat, 1866-(?)
- Johann Wendeler, 1870-1873
- Franz Freiherr von Wertheim, Industrieller, 1862-1873
- August Zang, Journalist, erster Obmann, 1862-1863
Quellen
- Wiener Stadt- und Landesarchiv, Kommissionen und Komitees, B22.412-422: Beschluss Protokolle der Wasserversorgungs-Commission 1863 bis 1880
- WStLA, Pläne und Karten - Sammelbestand, P1: 315 Pläne (Atlas) zum Bericht über die Erhebungen der Wasserversorgungskommission des Gemeinderates der Stadt Wien]
Literatur
- Josef Donner: "Dich zu erquicken, mein geliebtes Wien ..." . Geschichte der Wiener Wasserversorgung von den Anfängen bis 1910. Wien: NORKA Verl. [1990], S. 104
- Rudolf Stadler: Die Wasserversorgung der Stadt Wien in ihrer Vergangenheit und Gegenwart. Denkschrift zur Eröffnung der Hochquellen-Wasserleitung im Jahre 1873. Wien: Gemeinderat 1873, S. 113 f., 192, 290 ff.