Hausbrunnen
Hausbrunnen waren im Mittelalter die primäre Versorgungsquelle der Bürger mit Trink- und Nutzwasser, das allerdings sanitär wenig einwandfrei war. Daneben bestanden ab dem Spätmittelalter eine Reihe öffentlicher Brunnen in und vor der Stadt. Durch die Eröffnung der Ersten Hochquellenleitung 1873 erübrigten sich die Hausbrunnen, weil das Wasser direkt in die Häuser zu den Bassenas, allerdings nur in wenigen Fällen in die Wohnungen, eingeleitet wurde
Allgemeine Versorgungslage
Jahrhundertelang bezog die Wiener Bevölkerung ihr Wasser aus Hausbrunnen, dessen Qualität sehr unterschiedlich und selten wirklich genießbar war. Als gesündere Ersatzgetränke dienten Bier, Wein, Milch, Säfte aus gepresstem Obst und je nach Budget Kaffee. Viele Bewohner von Wien hatten unter der Wassernot zu leiden, so versiegten insbesondere in den höher gelegenen Bezirken 6, 7 und 8 beziehungsweise im Sommer die Brunnen oder waren leer geschöpft. Gerade in diesen Fällen wurde das Wasser aus entfernteren Gebieten zugeleitet, doch hauptsächlich wieder in die Palais der Adeligen, die dieses unter anderem für Zierbrunnen nutzten. Die 1804 erbaute Albertinische Wasserleitung wurde als Trinkwasserleitung dieser höher gelegenen Bezirke erbaut. Neben den Hausbrunnen deckte der Wirtschaftszweig des Wassermanns die Versorgung der Bevölkerung mit Wasser, das aber auch wenig einwandfrei war.
Baukonsenspläne
Aus den Baukonsensplänen lässt sich oftmals die Situierung der vor der Errichtung der Hochquellenwasserleitung für die Versorgung der Bevölkerung mit Nutz- und Trinkwasser wichtigen Hausbrunnen ermitteln. Auch als Quelle für die Entwicklung der hygienischen Bedingungen in der Stadt können die Baukonsenspläne herangezogen werden: während in den frühen Plänen oftmals noch Senkgruben und Toiletten im Außenbereich eingezeichnet sind, finden sich - besonders ab den 1770er-Jahren - mehr und mehr Pläne, auf denen die Verlegung der Toiletten ins Innere der Häuser sowie der Anschluss an das Kanalsystem der Stadt nachverfolgt werden kann.
Gesundheitliche Gefahr der Hausbrunnen
Angesichts der verheerenden Choleraepidemie von 1831/1832, als deren Seuchenherd die durch Abwässer verunreinigten Hausbrunnen anzusehen waren, entstand die Kaiser-Ferdinands-Wasserleitung, die der flächendeckenden Versorgung der Stadt und der Vorstädte diente. Leider verschlechterte sich deren Wasserqualität und so brachen auch durch diese Wasserleitung 1854 und 1873 Choleraepidemien aus. Eine Verbesserung trat durch die Eröffnung der Ersten Hochquellenleitung ein, die Sterblichkeit an Typhus verringerte sich sofort, Cholera verschwand bis auf kleinere Ausbrüche weitgehend. Somit wurde der Zusammenhang zwischen Seuchen, mangelnder Kanalisation, verunreinigtem Wasser und feuchten Böden offenkundig. Eine weitere Maßnahme zur Seuchenbekämpfung war die Überwölbung der Flüsse und Bäche, etwa der Als (Alserbacheinwölbung) und des Wienflusses (Wienflussregulierung).
Maßnahmen im Zuge der Ersten Hochquellenleitung
Doch nicht nur die Einleitung des Hochquellenwassers in die Stadt war dafür maßgebend, sondern auch die Bestrebungen des Magistrats, dieses gezielt in die Häuser einzuleiten. Zur Forcierung dieser Maßnahme wurde eine Revision der Hausbrunnen vorgenommen und dem Hauseigentümer die Einleitung des Hochquellenwassers in die Häuser von Amts wegen aufgetragen, falls durch die Untersuchungen das Wasser als gesundheitsschädlich erkannt wurde. Somit konnten zwischen 1874 und 1873 schon 80% und 1888 bereits 91,2% der Häuser innerhalb des Linienwalls mit Hochquellenwasser versorgt werden. Als Schwierigkeit stellte sich zu Beginn die Einleitung des Wassers in die oberen Stockwerke heraus, dafür war genügend Wasserdruck notwendig. Im Falle der Zuleitung des Wassers aus höher gelegenen Quellen musste das natürliche Gefälle den nötigen Druck des Wassers bewirken. Wo dies nicht der Fall war, hoben Hebeapparate das Wasser.
1859 erfolgte die Aufhebung des Gesetzes, demzufolge jedes Haus einen Brunnen besitzen musste.
Siehe auch:
- Wasserversorgung
- Wasserleitungen
- Brunnen
- Kanal
- Kanalisation
- Kanalisation von 1683 bis 1830
- Kanalisation im 19. Jahrhundert
Gaststätte in Gegend "Im Elend" mit Hausbrunnen, 1818
Literatur
- Wasser Stadt Wien. Eine Umweltgeschichte. Hg. vom Zentrum für Umweltgeschichte, Universität für Bodenkultur Wien. Wien: Holzhausen Druck 2019
- Ruth Koblizek und Nicole Süssenbek: Die Trinkwasserversorgung der Stadt Wien von ihren Anfängen bis zur Gegenwart. Wien: Dissertation 1999/2000
- Ruth Koblizek, Nicole Süssenbek, "Wasser in jedwedes Bürgers Haus". Die Trinkwasserversorgung Wiens. Wien: MEMO 2003
- Rudolf Stadler: Die Wasserversorgung der Stadt Wien in ihrer Vergangenheit und Gegenwart. Denkschrift zur Eröffnung der Hochquellen-Wasserleitung im Jahre 1873. Wien: Gemeinderat 1873