KZ-Außenlager Jedlesee
48° 15' 42.77" N, 16° 23' 45.07" E zur Karte im Wien Kulturgut
Neben dem Stammlager des Konzentrationslagers Mauthausen gründeten die nationalsozialistischen SS-Institutionen im Verlauf des Zweiten Weltkriegs eine große Zahl von Außenlagern, die ab 1943 die Bezeichnung "Arbeitslager der Waffen-SS" führten.
Gründung und Lage des KZ-Außenlagers Jedlesee
Nachdem das KZ-Außenlager Schwechat-Heidfeld aufgrund anhaltender Bombenangriffe evakuiert werden musste, wurden von dort am 13. Juli 1944 die 2.000 Zwangsarbeit leistenden KZ-Häftlinge zuerst in das KZ-Außenlager Wien‐Floridsdorf und später zum Teil weiter in die KZ-Außenlager Hinterbrühl beziehungsweise "Santa" bei Schwechat deportiert. Die in Floridsdorf verbliebenen Häftlinge wurden auf die Kommandos Hofherr & Schrantz, AFA beziehungsweise Jedlesee aufgeteilt. Letztere wurden getrennt von den anderen untergebracht.
Obwohl die genaue Lokalisierung der KZ-Außenlager in Floridsdorf schwierig ist, da auch andere Lager im damaligen "Groß-Wien" unter der Bezeichnung "Floridsdorf" liefen, kann angenommen werden, dass sich dieses auf dem heutigen FAC-Sportplatz in 21., Hopfengasse 8 befand und damit nur circa 500 Meter von Arbeitsstätte der KZ-Häftlinge bei Hofherr & Schrantz in 21., Shuttleworthstraße 8 entfernt. Auch die AFA-Werke (Akkumulatoren-Fabrik AG) befanden sich dort. Diese waren der führende Lieferant von U-Boot- und Torpedobatterien und somit für die deutsche Rüstungsindustrie überaus wichtig, wie der Besuch des NS-Rüstungsministers Albert Speer im KZ-Außenlager Jedlesee zeigt. Das in der Pragerstraße 20 bestehende Subkommando „St. Georgs‐Brauereikeller“ (Sitz der Brauerei zum St. Georg), wo sich auch der Sitz der Kommandantur sämtlicher Lager des Komplexes Wien‐Floridsdorf befand, soll das KZ-Außenlager Jedlesee gewesen sein.
Häftlingszahlen und Zwangsarbeit
Aufgrund der Quellenlage lässt sich der jeweilige höchste Häftlingsstand für die einzelnen KZ-Lager dieses Komplexes nicht genau rekonstruieren. Inklusive der zum Komplex Wien‐Floridsdorf gehörenden KZ-Außenlager Schwechat "Santa", Hinterbrühl und Jedlesee betrug er 2.737 Häftlinge. Die meisten Häftlinge des Komplexes Wien‐Floridsdorf stammten aus Polen und der Sowjetunion und wurden in der Rüstungsproduktion beim Flugzeugbau eingesetzt.
Evakuierung und Schließung
Die Kommandos Hofherr & Schrantz und AFA wurden ebenso wie das Kommando Jedlesee am 1. April 1945 evakuiert, wobei der über das Außenlager Steyr führende Evakuierungsmarsch, am 11. April 1945 das Konzentrationslager Mauthausen erreichte. Insgesamt sind laut einer Aufstellung der Lagerschreibstube auf diesem Marsch 121 Häftlinge getötet worden, 22 blieben vermisst oder sind geflüchtet. Die Zahl der Toten allein im Lager Floridsdorf dürfte sich auf 45 Häftlinge belaufen.
Gedenken und Erinnern
An das ehemalige KZ-Außenlager erinnert heute eine Gedenktafel vor dem nahe gelegenen Bezirksmuseum Floridsdorf (21., Prager Straße 33), bei der jährlich eine Gedenkveranstaltung vom Verein "Niemals vergessen" organisiert wird.
Siehe auch: Außenlager des KZ Mauthausen, KZ-Außenlager Floridsdorf, Zwangsarbeit, Zwangsarbeiterlager, Lager in Wien
Literatur
- Roman Fröhlich: Außenlager des KZ Mauthausen in Wien an den Standorten der Ernst Heinkel Aktiengesellschaft. Eine Bestandsaufnahme. In: KZ-Gedenkstätte Mauthausen Memorial 2012. Wien: Bundesministerium für Inneres 2012, S. 31-42
- Fabian Hümer: Der 'Volksjäger' Heinkel He 162. Forcierte Ressourcenmobilisierung im Angesicht der Niederlage. Masterarbeit, Univ. Wien. Wien 2013
- Hans Maršálek: Die Geschichte des Konzentrationslagers Mauthausen. Wien: Österreichische Lagergemeinschaft Mauthausen 1980
- Hans Maršálek: Die Geschichte des Konzentrationslagers Mauthausen. Dokumentation. Wien: Edition Mauthausen 2006
- Bertrand Perz: Wien Schönbrunn. In: Wolfgang Benz / Barbara Distl [Hg.]: Der Ort des Terrors. Geschichte der nationalsozialistischen Konzentrationslager. Band 4: Flossenbürg, Mauthausen, Ravensbrück. München: C. H. Beck 2006, S. 448-453 (Wien-Floridsdorf), S. 453-455 (Wien-Floridsdorf [AFA-Werke])
- Gisela Rabitsch: Konzentrationslager in Österreich 1938-45. Diss. Univ. Wien. Wien 1967
Weblinks
- Austria Guides: KZ-Außenlager Jedlesee [Stand 14.11.2019]
- Mauthausen Memorial: KZ-Außenlager Floridsdorf [Stand 13.11.2019]
- Geheimprojekte.at: Lager Wien-Floridsdorf I [Stand 13.11.2019]
- Mautner Markhof: Brauerei zum St. Georg [Stand 14.11.2019]
- Erinnern.at: Erinnerungszeichen an KZ und Zwangsarbeit in Wien [Stand 15.10.2019]