Kurt Palm
Kurt Palm, * 12. April 1955 Vöcklabruck, Autor, Filmemacher, Regisseur.
Biografie
Als Sohn jugoslawischer Einwanderer im oberösterreichischen Vöcklabruck geboren, studierte Kurt Palm Germanistik und Publizistik in Salzburg. Während des Studiums war der ehemalige Ministrant im Kommunistischen Studentenverband (KSV) tätig. In diesem Rahmen publizierte er bereits früh gesellschaftskritische Texte, wie zum Beispiel eine Streitschrift über die politische Lage in Südafrika aus dem Jahr 1976. 1981 promovierte er mit einer Dissertation zu Bertolt Brecht und Österreich, die 1983 unter dem bezeichnenden Titel "Vom Boykott zur Anerkennung" veröffentlicht wurde und auf mehr als 300 Seiten das wechselhafte Verhältnis des bedeutenden Dramatikers zur zweiten Republik präzise nachzeichnet. Mit diesem eindrucksvollen Auftakt begann Palm seine vielfältige Karriere als Autor, Regisseur, Filmemacher und, so sein eigener Anspruch, vor allem auch als Volksbildner.
Ab Mitte der 1980er Jahre inszenierte Palm regelmäßig Theaterstücke in der "Szene Salzburg" und arbeitete dabei auch mit seinem Bruder Reinhard Palm (1957–2014) zusammen. Ab 1987 verlagerte er seinen Schwerpunkt nach Wien und inszenierte dort unter anderem im Theater im Künstlerhaus, im Theater im Konzerthaus oder auch in der "Sargfabrik". 1990 erweiterte er seinen Tätigkeitsraum international und veranstaltete in New York zum Beispiel Abende über Bertolt Brechts Liebeslyrik. Kurzzeitig war er auch als Dramaturg am Berliner Ensemble und arbeitet für Claus Peymann am Burgtheater. Der offizielle Theaterbetrieb war ihm jedoch zu starr und so gründete er 1989 die alternative Theatergruppe "Sparverein Die Unzertrennlichen". Das fünfjährige Bestehen der Gruppe feierte Palm gemeinsam mit dem späteren Kulturredakteur und Theaterkritiker des "Falter" Wolfgang Kralicek mit der sehr selbstbewusst betitelten Publikation "Der einzige Spaß in der Stadt. 5000 Jahre Sparverein Die Unzertrennlichen". Entlang der Produktionen dieser Truppe bot er einer großen Anzahl bedeutender Kulturschaffenden in Wien eine offene interdisziplinäre Plattform. Unter anderem arbeitete er mit Attwenger, Wolfgang Bauer, Max Goldt, Amina Handke, Bodo Kirchhoff, Thomas Mießgang, Klaus Nüchtern, Harry Rowohlt, Tex Rubinowitz oder Diane Shooman zusammen.
Im Rahmen dieser Produktionen entstand auch einer der größten und vor allem publikumswirksamsten Erfolge von Kurt Palm. Die Talkshowparodie "Phettbergs Nette Leit Show", zunächst als Bühnenshow konzipiert, wurde von 1995 bis 1996 insgesamt 19 Mal in der ORF-Sendereihe "Kunst-Stücke" mit Hermes Phettberg als Talkmaster ausgestrahlt. Die Show genießt bis heute Kultstatus. Mit dem Abschlusshappening "Der Letzte macht das Licht aus" im Wiener Semper-Depot löste sich der "Sparverein" 1999 jedoch nach zehn Jahren wieder auf. Dem Theater blieb Palm dennoch treu, zahlreiche weitere Inszenierungen folgten, zuletzt "Kafkas Franz – The Reunion, 34 Jahre später" (2024) im Theater im Rabenhof.
Auch als Filmemacher hat sich Kurt Palm einen Namen gemacht: Nach dem TV-Erfolg mit der "Nette Leit Show" verfilmte er 1997 Flann O'Briens Roman "Im Schwimmen-zwei-Vögel". Es folgten Dokumentationen über Adalbert Stifter (2004), Mozart (2005) und Hermes Phettberg (2007). Mit dem Spielfilm "Kafka, Kiffer und Chaoten" (2014) parodierte Palm das Genre des Roadmovies auf seine sehr eigene kritisch-selbstkritische Weise, die stets ein wenig Unbehagen im Lachen hinterlässt.
Ende der 1990er Jahre begann Palm auch Opern zu inszenieren und brachte so beispielsweise die Fledermaus 1998 an die Opera Ireland nach Dublin. Gemeinsam mit Lebensgefährtin Michaela Mandel zeichnet er für die Libretti von der Western-Oper "Spiel mir das Lied von Gioachino Rossini" (2018) und "Mensch Mozart! Eine Seifenoper" (2019) verantwortlich.
1999 griff Palm sein literarisches Schaffen wieder auf. Mit einer Auseinandersetzung über Adalbert Stifters Ess- und Trinkexzesse begann er eine erfolgreiche Serie, in der er sich mit bekannten historischen Persönlichkeiten literarisch befasste. Sein erster Versuch im Krimi-Genre war 2010 mit "Bad Fucking" so erfolgreich, dass es zwei Jahre später zur Verfilmung des Textes unter der Regie des Wiener Regisseurs Harald Sicheritz kam. Palm übt in seinen Texten stets Kritik an überkommenen provinziellen Vorstellungen von Gesellschaft, webt aber immer auch ein gehöriges Maß Genre- und damit Selbstkritik in seine Sittenbilder ein. Zu seinen letzten Veröffentlichungen zählen der Satire-Krimi "Monster" (2019) und der Thriller "Der Hai im System" (2022) – für letzteren wurde er mit dem Leo-Perutz-Preis ausgezeichnet. Im August 2024 erscheint der Band "Trockenes Feld", in dem sich Palm erstmals mit seiner Familiengeschichte auseinandersetzt.
Werke
- Kurt Palm: Südliches Afrika. Die Zukunft der Schwarzen ist rot. Salzburg: Kommunistischer Studentenverband 1976
- Kurt Palm: Brecht und Österreich. Verbreitung, Aufnahme und Wirkung seines dramatischen Werks von 1945–1980. Diss. Univ. Salzburg. Salzburg: 1981
- Kurt Palm: Vom Boykott zur Anerkennung. Brecht und Österreich. Wien: Löcker Verlag 1983
- Kurt Palm: Suppe Taube Spargel sehr sehr gut. Essen und trinken mit Adalbert Stifter. Wien: Löcker Verlag 1999
- Kurt Palm: Der Brechreiz eines Hottentotten. Ein James-Joyce-Alphabet von Aal bis Zahl. Wien: Löcker Verlag 2003
- Kurt Palm: Der Wolfgang ist fett und wohlauf. Essen und trinken mit Wolfgang Amadé Mozart. Wien: Löcker Verlag 2005
- Kurt Palm: Brecht im Kofferraum. Aufsätze, Anekdoten, Abschweifungen. Wien: Löcker Verlag 2006
- Kurt Palm: War Mozarts Vogel ein Genie? Gesammelte Kolumnen. Mit Zeichnungen von Tex Rubinowitz. St. Pölten / Salzburg: Residenz Verlag 2007
- Kurt Palm: Die Hitzeschlacht von Lausanne. Österreich – Schweiz 1954. St. Pölten / Salzburg: Residenz Verlag 2008
- Kurt Palm: Palmsamstag. Der schönste Tag der Woche. Mit einem Vorwort von Franz Schuh. Wien: Löcker Verlag 2009
- Kurt Palm: Bad Fucking. St. Pölten / Salzburg: Residenz Verlag 2010
- Kurt Palm: Die Besucher. St. Pölten / Salzburg: Residenz Verlag 2012
- Kurt Palm: Bringt mir die Nudel von Gioachino Rossini. Kein Spaghetti-Western. St. Pölten / Salzburg: Residenz Verlag 2014
- Kurt Palm: Strandbadrevolution. Wien: Deuticke Verlag 2017
- Kurt Palm: Der Hai im System. Wien / Graz: Leykam Verlag 2022
- Kurt Palm: Trockenes Feld. Wien / Graz: Leykam Verlag 2024
Filme
- Kurt Palm: In Schwimmen-zwei-Vögel. Spielfilm. Österreich 1997
- Kurt Palm: Der Schnitt durch die Kehle oder Die Auferstehung des Adalbert Stifter. Dokumentation. Österreich 2004
- Kurt Palm: Der Wadenmesser oder Das wilde Leben des Wolfgang Mozart. Dokumentation. Österreich 2005
- Kurt Palm: Hermes Phettberg, Elender. Dokumentation. Österreich 2007
- Kurt Palm: Kafka, Kiffer und Chaoten. Spielfilm. Österreich 2014
Literatur
- Michael Wurmitzer: Kurt Palm: "Ich bin selten auf die Schnauze gefallen". In: Der Standard, 08.04.2017 [Stand: 27.06.2024]
- Kurt Palm: "Glaube an die Revolution". In: orf.at, 11.03.2017 [Stand: 27.06.2024]
- Wolfgang Paterno: Kurt Palm: Unterwegs mit einem Berufswiderspenstigen. In: Profil, 16.02.1917 [Stand: 27.06.2024]
- Kurt Palm: Von Skandalen und Liebesgedichten. In: Der Standard, 08.08.2016 [Stand: 27.06.2024]
- Maria Gurmann: Kurt Palm: "Ich bin ein sturer Hund". In: Kurier, 19.01.2014 [Stand: 27.06.2024]
- Christoph Huber: Kurt Palm: "Die Wirklichkeit ist immer schlimmer". In: Die Presse, 14.12.2013 [Stand: 27.06.2024]
- Wolfgang Kralicek/Klaus Taschwer: Der Unzertrennliche. In: Falter, 06.10.1999 [Stand: 27.06.2024]
- Palmfiction: Blog von Kurt Palm [Stand: 27.06.2024]
- Leykam Verlag: Kurt Palm [Stand: 27.06.2024]
Kurt Palm im Katalog der Wienbibliothek im Rathaus.