Leopoldsberg

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Leopoldsberg (vom Kuchelauer Hafen, um 1955)
Daten zum Objekt
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48° 16' 44.43" N, 16° 20' 47.78" E  zur Karte im Wien Kulturgut

Leopoldsberg (19.), nordöstlicher, zur Donau abfallender Ausläufer des Kahlengebirges, ursprünglich „Kahlenberg" genannt (daher auch der Name des unterhalb gelegenen Kahlenbergerdorfs). Erst nach der Erbauung der Leopoldskirche (19) 1679 beziehungsweise 1693 bürgerte sich der Name Leopoldsberg ein; der Name Kahlenberg ging auf den benachbarten Berg (ursprünglich Schweins- oder Sauberg, ab 1629 Josefsberg) über.

Leopoldsberg am 21. Mai 1914.
Panorama vom Leopoldsberg aus gesehen, um 1830, von Johann Wachtl

Archäologie

Die jahrelange Aufsammlung von Streufunden an den Hängen des Leopoldsbergs und Fundbergungen beim Bau der Höhenstraße haben eine Nutzung in der Jungsteinzeit, der späten Bronzezeit (Urnenfelderkultur), der Hallstattzeit und der ausgehenden La-Tène-Zeit ergeben. Diese Beobachtungen wurden seit 1989 durch Ausgrabungen auf eine solide wissenschaftliche Basis gestellt. Vor allem die spätkeltische Besiedlung scheint großflächig gewesen zu sein und hat neben dem Plateau auch den Hügel in der Endschleife der Höhenstraße und eine bisher nicht beachtete ausgedehnte Terrasse auf halber Höhe südlich der Festung umfasst. Verteidigungsanlagen wurden bisher nicht gefunden (die von J. Czech-Czechenherz angenommenen Verteidigungswälle haben sich als Weingartenbegrenzungen erwiesen).

Da auf dem Burgstall bei Nussdorf, im Waldbachtal, in der Hackhofergasse und in der Himmelstraße keltische Streufunde gemacht wurden, muss sich die Besiedlung auch auf die weitere Umgebung des Leopoldsbergs erstreckt haben. Auf der Bergspitze scheint sie erst um oder gar nach Christi Geburt geendet zu haben, um ihre unmittelbare Fortsetzung im 1. und 3. Bezirk zu finden. Die neuen Grabungsergebnisse und eine Neuinterpretation von Velleius Paterculus (Kapitel 109 und 110, Kriegszug des Tiberius gegen die Markomannen sechs nach Christus) zwingen dazu, die Zuweisung des keltischen Ortsnamen Vindobona auf den Leopoldsberg zu überdenken.

Mittelalterliche Burg (Babenbergerburg)

Dass bereits Markgraf Leopold III. in einer Burg auf dem Leopoldsberg residiert habe, wird erst in der 1371 aufgezeichneten „Schleierlegende" behauptet und trifft nicht zu; der Markgraf bewohnte vielmehr den unmittelbar neben dem Stift gelegenen Fürstenhof in Klosterneuburg. Sitz der Herren von Kahlenberg, die vom Anfang des zwölften Jahrhunderts bis zum Anfang des 14. Jahrhunderts nachweisbar sind, war vermutlich ein befestigtes Gebäude hinter der Kahlenbergerdorfer Kirche. Das erstmals 1248 genannte „castrum" (= Burg) am Kahlenberg, das von den babenbergischen Herzoginnen Theodora († 1246) und Gertrud (Landesherrin 1246-1251), der Mutter beziehungsweise Nichte des 1246 gefallenen letzten Babenbergers Friedrich II. des Streitbaren, bewohnt wurde und 1253 beziehungsweise 1258 im Besitz Ottokars II. Přemysl nachweisbar ist, wird von Karl Lechner mit der erwähnten Anlage im Kahlenbergerdorf, von V. O. Ludwig bereits mit der Burg auf dem Leopoldsberg identifiziert; erhaltene Architekturstücke wurden in die Mitte des 13. Jahrhunderts datiert.

Unbestritten ist die Existenz der Burg auf dem Leopoldsberg um 1287/1288, als sich der Habsburger Albrecht I. vor den aufständischen Wienern dorthin zurückzog. Auch in der Folgezeit bis zu ihrer Zerstörung blieb die Burg landesfürstlich und wurde von Pflegern (Burggrafen) verwaltet (nachweisbar ab 1332). Für die erstmals 1338 genannte Burgkapelle St. Georg machte Herzogin Johanna (Gatte [1324] Albrecht II., † 1351) eine Messstiftung. Wie Thomas Ebendorfer berichtet, ließ Albrecht III. (Herzog 1365-1395) Marmorstatuen aus der Kapelle nach Laxenburg zur Ausstattung des dortigen (um 1380/1390 erweiterten) Schlosses bringen. Während des habsburgischen Bruderkriegs zwischen Friedrich III. und Albrecht VI. 1462/1463 wechselte die Burg zweimal den Besitzer, am 15. April 1484 wurde sie von Truppen des Ungarnkönigs Matthias Corvinus erobert; 1490 fiel sie an die Habsburger zurück. Der letzte landesfürstliche Pfleger (ab 1502) war Wolfgang Fueger, kaiserlicher Jäger- und Forstmeister, der danach den Beinamen „Kahlenberger" führte. Am 22. September 1529 wurde die Burg von kaiserlichen Truppen in Brand gesteckt, um sie für die herannahenden Türken als Stützpunkt zu entwerten; diese legten (wie aus dem Meldeman-Plan [1530] ersichtlich) in die Ruinen eine Wachmannschaft. Ein Wiederaufbau unterblieb, die Messstiftung wurde vor 1544 in die Hofburgkapelle übertragen.

1557 wurde der noch aufrechtstehende Bergfried (Berchfrit) gesprengt. Verschiedene, ringsum verstreute Werkstücke wurden 1935, 1940 und vor allem 1971/1972 geborgen und werden im Bezirksmuseum Döbling verwahrt. Das Aussehen der mittelalterlichen Burg ist auf einer Bildtafel des Albrechtsaltars (um 1440), auf einer Bildtafel im Burgmuseum Heidenreichstein (um 1490), auf einer Miniatur im Hausmannstetter Urbar im Stift Klosterneuburg (1513) sowie (bereits ruinös) auf dem Meldeman-Plan und auf Stichen von Merian (1649), G. M. Vischer (1672) und Johann Martin Lerch (1685) überliefert. Hingegen ist die Wiedergabe auf einem Bild der Schleierlegende des Rueland Frühauf dem Jüngeren (Stift Klosterneuburg, 1505) ein Phantasiebild.

Neuzeitliches Schloss

Wohl gleichzeitig mit der Grundsteinlegung für die Leopoldskirche im Jahr 1679 wurde auf einem Teil des einstigen Burggeländes mit der Errichtung eines „neuen Gebäudes" (erwähnt 1683) begonnen, das 1717 um eine Försterei (heutiger Pfarrhof) und Stallungen (beim heutigen Tor) erweitert wurde. Die noch verbliebenen Reste der mittelalterlichen Burg („altes Gebäude" von 1683) wurden nach dem Verkauf des gesamten Leopoldsbergs an das Stift Klosterneuburg (1786) beseitigt. Damals richtete man in einem Teil des Schlosses ein Restaurant ein, einen anderen Teil mietete vor 1794 Carl Fürst de Ligne († 1814), dem die Anlage des vom Kahlenbergerdorf auf die Berghöhe führenden „Nasenwegs" zu danken ist. 1814 vermietete man das ganze Schloss an Johann I. Fürst von und zu Liechtenstein († 1836), der die Räume teilweise neugotisch umgestalten und an der Nordwest-Seite eine Aussichtsterrasse anlegen ließ. Die anlässlich der Weltausstellung 1873 errichtete Drahtseilbahn auf den Leopoldsberg wurde schon 1875 wieder abgetragen. Ein von Richard Kralik 1883 und neuerlich 1903 angeregtes Projekt einer österreichischen Ruhmeshalle auf dem Leopoldsberg (in der Art der Walhalla bei Regensburg) wurde nicht aufgegriffen. In die (1934-1938 angelegte) Höhenstraße wurde eine Zufahrt auf den Leopoldsberg eingebunden. 1936 brachte man an der alten Burgmauer einen Trinkbrunnen mit Steinreliefs von Ferdinand Opitz an. 1948 entstand auf den Grundmauern des mittelalterlichen Turms nach einem Entwurf von Mario Petrucci ein Heimkehrer-Gedächtnismal.

Literatur

  • Vinzenz Oskar Ludwig: Der Leopoldsberg. Landschaft, Geschichte, Legende, Kunst und Literatur. Wien [u.a.]: Volksliturgischer Verlag 1939
  • Hans Fuchs: Werkstücke von der alten Burg auf dem Leopoldsberg. In: Unsere Heimat. Zeitschrift für Landeskunde von Niederösterreich 13 (1940), S. 156
  • Karl Lechner: Chalwenperg-Kalenberg-Leopoldsberg. In: Unsere Heimat. Zeitschrift für Landeskunde von Niederösterreich 30 (1959), S. 51 ff.
  • Rudolf Büttner: Burgen und Schlösser an der Donau. Wien: Birken-Verlag 1964, S. 136 ff.
  • Walther Brauneis: Die Burg auf dem "Kahlenberg". In: Wiener Geschichtsblätter 27 (1972), s. 409 ff.
  • Kurt Apfel / Walther Brauneis: Der Leopoldsberg lüftet sein Geheimnis. In: Geliebte Heimat 16 (1975), S. 1 ff.
  • Theoderich Heigl: Verzeichnis der Bilddarstellungen der alten Burg auf dem Leopoldsberg. In: Döblinger Heimatmuseum 18-19/1969, S. 7 ff.
  • Kahlenbergerinnerungen und Dokumentation zur Baugeschichte der Burg auf dem Leopoldsberg. Ausstellung in der Villa Wertheimstein anläßlich der Wiener Festwochen 1972. Veranstaltet vom Bezirksmuseum Döbling. Hg. von verlegt von der Gesellschaft zur Erforschung, Förderung und zum Schutz der beiden Wiener Kahlenbergerinnerungen und Dokumentation zur Baugeschichte der Burg auf dem Leopoldsberg. Wien: Hausberge Kahlenberg und Leopoldsberg 1972
  • Helmut Kretschmer: XIX. Döbling. Wien [u.a.]: Jugend & Volk 1982 (Wiener Bezirkskulturführer, 19), S. 49 ff.
  • Johann Leopold Wetzl: Der Kahlen- und der Leopoldsberg. Wien: Österreichischer Bundesverlag 1927
  • Döbling. Eine Heimatkunde des 19. Wiener Bezirkes in drei Bänden. Hg. von Döblinger Lehrern. Wien: Selbstverlag der Arbeitsgemeinschaft "Heimatkunde Döbling" 1922, S. 431 ff.
  • Geliebte Heimat. Mitteilungsblatt der Gesellschaft zur Erforschung, Förderung und zum Schutz der beiden Wiener Hausberge Kahlenberg und Leopoldsberg. Wien: Selbstverlag 1957 ff.
  • Topographie von Niederösterreich. Band 5. Wien: Verlag des Vereines für Landeskunde von Niederösterreich 1903, S. 797 ff.
  • Justus Schmidt / Hans Tietze: Dehio Wien. Wien: A. Schroll 1954 (Bundesdenkmalamt: Die Kunstdenkmäler Österreichs), S. 185 f.
  • Hans Markl: Kennst du alle berühmten Gedenkstätten Wiens? Wien [u.a.]: Pechan 1959 (Perlenreihe, 1008), S. 290
  • Hans Markl: Die Gedenktafeln Wiens. Wien: ABZ-Verlag 1949, s. 212
  • Vinzenz Oskar Ludwig / Th. Boba: Heimkehrer-Gedächtnismal. Zur Erinnerung an die Enthüllung und Einweihung des Heimkehrer-Gedächtsnismales auf dem Leopoldsberg am 12. September 1948. Wien: Betreuungsstellen 1948
  • Gustav Gugitz: Bibliographie zur Geschichte und Stadtkunde von Wien. Hg. vom Verein für Landeskunde von Niederösterreich und Wien. Band 3: Allgemeine und besondere Topographie von Wien. Wien: Jugend & Volk 1956, S. 103 f.