Verbotsgesetz

Aus Wien Geschichte Wiki
Wechseln zu:Navigation, Suche
Daten zum Eintrag
Datum vonDatum (oder Jahr) von 1945
Datum bisDatum (oder Jahr) bis
Siehe auchVerweist auf andere Objekte im Wiki  NS-Zeit, Nationalsozialismus, Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei, SA, SS, NS-Zeit (Portal)
RessourceUrsprüngliche Ressource  Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien
Export RDF-Export (Resource Description Framework) RDF
Recherche
Letzte Änderung am 19.10.2023 durch WIEN1.lanm09fri

Es wurden noch keine Bezeichnungen erfasst!

Das Verbotsgesetz (StGBl. Nr. 13 / 1945) ist ein nach der Kapitulation des nationalsozialistischen "Dritten Reichs" von der Provisorischen Staatsregierung unter Karl Renner am 8. Mai 1945 erlassenes Gesetz, das die Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei (NSDAP) und alle ihr angeschlossenen Organisationen verbot.

Gleichzeitig wurde eine Registrierungspflicht für Personen, die zwischen 1. Juli 1933 und 27. April 1945 Mitglieder der NSDAP oder ihrer Wehrverbände (SA [Sturmabteilung], SS [Schutzstaffel], NSFK [Nationalsozialistisches Fliegerkorps], NSKK [Nationalsozialistisches Kraftfahrkorps]) waren, beschlossen; diesem Personenkreis wurde das Wahlrecht für die kommende Nationalratswahl (25. November 1945) entzogen.

Das Verfassungsgesetz über das Verbot der NSDAP (Verbotsgesetz) stellte eine der gesetzlichen Grundlagen dar, die nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs in Österreich während der Zeit der Alliierten Besatzung (1945-1955) zur Beseitigung der Nationalsozialismus (Entnazifizierung) erlassen wurden. Es wurde am 8. Mai 1945 beschlossen und war die Rechtsgrundlage für die Registrierung und Behandlung von ehemaligen Mitgliedern der NSDAP. Somit traf es auf Parteiangehörige zu, die nicht durch Kriegsverbrechergesetz verfolgt wurden.

Das Gesetz verbot die NSDAP, ihrer Gliederungen und Organisationen sowie Wiederbetätigung. Es unterschied zwischen ‘illegalen’ und ‘sonstigen’ NationalsozialistInnen: Nach § 14 wurden Personen, die bereits zwischen dem 1. Juli 1933 und dem 13. März 1938 NSDAP-Mitglied waren, also vor dem "Anschluss" Österreichs an das Dritte Reich, zu den ‘Illegalen’ gezählt. Diese wurden als ‘harter Kern’ der NationalsozialstInnen in Österreich wahrgenommen, denen keine ‘MitläuferInnenmentalität‘ oder Zwangssituation zugeschrieben werden konnte. Diese Menschen machten sich nach § 10 des Hochverrats an Österreich schuldig.

Sie mussten bis zum 6. Juni 1945 aus dem öffentlichen Dienst entlassen werden. Dies galt auch für Bedienstete, die sich durch ihr Verhalten im Nationalsozialismus dafür disqualifiziert hatten. Außerdem hatten Kündigung von Bediensteten auf Antrag der Alliierten oder nach Beschlüssen der Wirtschaftssäuberungskommission oder des Ministerkomitees zur Entnazifizierung der leitenden Stellen des öffentlichen Dienstes oder nach Maßnahmen der Polizei- oder Gerichtsbehörden zu erfolgen.

Das Ziel des Gesetzes war die individuelle Prüfung von über 500.000 registrierten NationalsozialistInnen in Österreich. Allerdings bestanden für die Behandlung Ausnahmeregelung, so dass Strafen nachgelassen werden konnten, wenn die Zugehörigkeit zu NSDAP oder Wehrverbänden nicht missbraucht wurde beziehungsweise nicht mit negativer Haltung gegenüber Österreich in Einklang standen. Da im Endeffekt 85-90% der registrierten NationalsozialistInnen von diesen Ausnahmeregelungen Gebrauch machten, erwies sich das Verbotsgesetz in seiner ersten Form als undurchführbar.

Wie das Kriegsverbrechergesetz und das Wirtschaftssäuberungsgesetz galt das Verbotsgesetz anfangs nur in Wien und in der sowjetischen Besatzungszone und wurde erst mit der Anerkennung durch den Alliierten Rat für ganz Österreich gültig. Deshalb war das Gesetz anfangs auch ohne große Wirkung. Das Gesetz wurde mehrmals verändert und erhielt im Februar 1947 im Nationalsozialistengesetz (BGBl. Nr. 25 / 1947) seine endgültige Fassung, wodurch die Unterscheidung in "Illegale" und "Sonstige" aufgehoben wurde. Das Verbotsgesetz wurde zuletzt mit BGBl. Nr. 148 / 1992 novelliert und steht im Verfassungsrang. Es gilt hinsichtlich der nationalsozialistischen "Wiederbetätigung" bis heute.

Zur Vollziehung der Entnazifizierungsgesetze wurden sogenannte Volksgerichte, so auch das Volksgericht Wien, geschaffen. Straftatbestände nach diesem Gesetz sind von Geschworenengerichten zu beurteilen.

Literatur

  • Klaus Eisterer: Österreich unter Alliierter Besatzung 1945-1955. In: Österreich im 20. Jahrhundert. Ein Studienbuch in zwei Bänden. Band 2: Vom Zweiten Weltkrieg bis zur Gegenwart. Hg. von Rolf Steininger, Michael Gehler. Wien / Köln / Weimar: Böhlau Verlag 1997, S. 147-216, hier: 169 ff., 175 f.
  • Karl Fischer: Die Vier im Jeep. Die Besatzungszeit in Wien 1945-1955, Wien: Wiener Stadt- und Landesarchiv 1985 (Wiener Geschichtsblätter, Beiheft 1/1985), S. 10.
  • Sonja Niederacher: Die Entwicklung der Entnazifizierungsgesetzgebung. In: Entnazifizierung zwischen politischem Anspruch, Parteienkonkurrenz und Kaltem Krieg. Das Beispiel der SPÖ. Hg. von Maria Mesner. Wien / München: Oldenbourg Verlag 2005, S. 13-36, hier: 16, 18.
  • O.A.: Die Verwaltung der Bundeshauptstadt Wien vom 1. April 1945 bis 31. Dezember 1947. Verwaltungsbericht. Hg. vom Magistrat der Bundeshauptstadt Wien. Wien: Magistrat der Stadt Wien 1949, S. 48.
  • Engelbert Steinwender: Von der Stadtguardia zur Sicherheitswache. Wiener Polizeiwachen und ihre Zeit. Band 2: Ständestaat, Großdeutsches Reich, Besatzungszeit. Graz: Weishaupt Verlag 1992, S. 297.

Weblinks