Wahlrecht

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Wahlkampf der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei, 1919
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Wahlrecht.

1) Reichs- bzw. Bundesebene

Ab 1861 galt in Österreich für den Reichsrat ein Kurienwahlrecht (Haus der Abgeordneten, über dem als erste Kammer das Herrenhaus stand). Die Mitglieder des Abgeordnetenhauses wurden bis 1873 durch die Landtage gewählt, danach in vier Kurien aufgrund des Verhältniswahlrechts direkt, jedoch unter der Bedingung einer jährlichen direkten Steuerleistung in Höhe von zehn Gulden, seit 1882 nach einer Reform unter Eduard Taaffe fünf Gulden.

Die nächste Reform führte am 15. Februar 1896 k.k. Ministerpräsident Casimir Felix Badeni durch, der den Reichsrat dazu gewann, eine fünfte (allgemeine) Kurie einzuführen, in der erstmals 1899 alle Männer wählen durften; damit zogen erstmals Sozialdemokraten in den Reichsrat ein.

Am Anfang des 20. Jahrhunderts kam es (auch beeinflusst durch die Ergebnisse der russischen Revolution 1905) mit Unterstützung der Bevölkerung zu weitergehenden Forderungen an die Regierung. Am 28. November 1905 kam es auf der Ringstraße zu einer machtvollen Demonstration für die Einführung des allgemeinen und gleichen Wahlrechts, das schließlich mit Zustimmung des Kaisers gegen den Wunsch des Thronfolgers und von Teilen der Aristokratie beschlossen wurde, allerdings nur für Männer. Aus den ersten Reichsratswahlen nach dem allgemeinen Männerwahlrecht 1907 gingen die Christlichsozialen (gemeinsam mit den Katholisch-Konservativen) und die Sozialdemokraten 1907 als stärkste Fraktionen hervor.

Das allgemeine Wahlrecht für Männer und Frauen fand für das österreichische Parlament nach dem ersten Weltkrieg erstmals 1919 Anwendung, als die Konstituierende Nationalversammlung zu wählen war. Die Bundesverfassung fixierte 1920 das Verhältniswahlrecht. Die Nationalratswahlordnung wurde mehrfach reformiert (1929, 1949, 1970). Die letzte (Stand 2023) Neufassung ist die des Bundesgesetzes vom 10. Juli 1992 (Bundesgesetzblatt, Nr. 471/1992), welche seither vielfach novelliert wurde.

Wahlergebnisse siehe Nationalrat.

2) Gemeinderat

Bis zur Gründung der Republik war das Gemeindewahlrecht für Wien restriktiv. Das in der österreichischen Reichshälfte 1907 eingeführte allgemeine und gleiche Wahlrecht für Männer galt nur für die Wahlen des Abgeordnetenhauses. Für die Ebenen der Gemeinden und der Landtage war hingegen ein ungleiches Wahlrecht in Kraft, das Grundbesitz, Steuerleistung und Bildung im Rahmen einer Mischung aus Zensus-, Privilegien- und allgemeinem Wahlrecht besonders bevorzugte. Die Wähler wurden in jedem Bezirk je nach Steuerleistung bzw. Status in drei Wahlkörper eingeteilt, die jeweils ein Drittel der im Bezirk zu wählenden Gemeinderäte bestimmten. Diese Neustrukturierung der Wahlkörper wirkte sich zugunsten der Christlichsozialen aus. Seit 1900 gab es zudem einen allgemeinen Wahlkörper, in dem alle männlichen Gemeindebewohner über 24 Jahre, die mindestens seit drei Jahren in der Stadt ununterbrochen sesshaft gewesen waren, über das Stimmrecht verfügten. Die Wähler der anderen drei Wahlkörper hatten im allgemeinen Wahlkörper eine Zweitstimme und damit ein Pluralwahlrecht. Auch bei der Vergabe der Mandate spiegelte sich die große Ungleichheit wider: Mit nur 20 (ab 1904 nach der Eingemeindung von Floridsdorf 21) Mandaten repräsentierte der vierte, allgemeine Wahlkörper etwa 230.000 Wahlberechtigte, während die ersten drei Wahlkörper mit jeweils 46 (ab 1904 48) Mandaten, insgesamt 138 Mandaten, nur rund 120.000 Wahlberechtigte vertraten. Die Sesshaftigkeitsklausel schloss Teile der Arbeiterschaft vom Wahlrecht aus.

Ab der Einführung des allgemeinen und gleichen Wahlrechts für Männer und Frauen in Wien (Gemeindewahlordnung vom 12. März 1918; erste Gemeinderatswahl am 4. Mai 1919) hielten die Sozialdemokraten bis zu den Wahlen am 13. Oktober 1996 die absolute Mandatsmehrheit. Die gewählten Gemeinderäte der Stadt Wien sind seit November 1920 gleichzeitig Abgeordnete zum Wiener Landtag.

Siehe Gemeinderatswahlen, Gemeindewahlordnung.

3) Unterbrechungen

Während der ständestaatlichen Diktatur 1934 - 1938 und während der nationalsozialistischen Diktatur 1938 - 1945 fanden keine allgemeinen Wahlen statt.

Literatur

  • Bernhard Hachleitner / Werner Michael Schwarz: Verbot von Wahlen. In: Ebd. / Alfred Pfoser / Katharina Prager / Ebd. [Hg.]: Die Zerstörung der Demokratie. Österreich, März 1933 bis Februar 1934. Salzburg / Wien: Residenz Verlag 2023, S. 141–143
  • Maren Seliger / Karl Ucakar: Wien. Politische Geschichte. 2 Bände, Wien: Jugend & Volk 1985 (Geschichte der Stadt Wien); Register
  • Maren Seliger / Karl Ucakar: Wahlrecht und Wählerverhalten in Wien 1848-1932, 1984, S. 2 (Kommentar zum Historischen Atlas von Wien)
  • Bernhard Denscher: Wahlkämpfe in der Ersten Republik. Die Wahlen zur konstituierenden Nationalversammlung 1919 und die Nationalratswahlen 1920 - 1930. Diss. Univ. Wien. Wien 1981
  • Kurt Stimmer [Hg.]: Die Arbeiter von Wien. Ein sozialdemokratischer Stadtführer. Wien [u.a.]: Jugend & Volk 1988 , S. 43 f.
  • Birgitta Bader-Zaar: Die Wiener Wahlen vom 4. Mai 1919 und ihre politischen Auswirkungen. In: Bernard Hachleitner/Christian Mertens [Hg.]: Wien wird Bundesland. Die Wiener Stadtverfassung und die Trennung von Niederösterreich. Salzburg/Wien: Residenz 2020, S. 25-35