48° 12' 31.77" N, 16° 21' 20.01" E zur Karte im Wien Kulturgut
Das Forum Kino (1., Stadiongasse 11, Rathausstraße 1) wurde 1949/1950 von Robert Kotas erbaut und 1950 eröffnet. Es bestand bis 1974 und musste dann dem Rechenzentrum der Stadt Wien weichen.
Markthalle
Zu Beginn des 18. Jahrhunderts noch ein Teil des Glacis vor den Stadttoren Wiens, wurde in der Gründerzeit eine Detailmarkthalle am "Paradeplatz" des Josefstädter Glacis errichtet. Erbaut ab 1878 nach Plänen des Stadtbauamts (Friedrich Paul) durch die Gemeinde Wien wurde sie am 23. Oktober 1880 eröffnet.
Nach der Fertigstellung der Markthalle blieb diese bis zum Jahr 1949 unverändert. Bereits im Jahr 1937 boten dort nur noch sechs Fleischhauer, neun Mehlmesser, acht Obst- und Gemüsehändler, zwei Blumenverkäufer, drei Milchverschleißer und ein Fischgeschäft ihre Waren an. In den folgenden Jahren schrumpfte der Betrieb immer mehr. Nach schweren Kriegsschäden im Zweiten Weltkrieg wurde die Halle geschlossen.
Umbau zum Forum Kino
1949-1954 wurde die ehemalige Markthatte durch Robert Kotas stark verändert und in ein Kino umgebaut ("Forum Kino"). In den Obergeschoßen wurden zudem Büroräume eingerichtet (unter anderem für das Presseforum des Magistrats).
Am 5. April 1950 fand die feierliche Eröffnung des Forum Kinos statt. Unter den Gästen befanden sich neben den Vertretern der Alliierten Bundespräsident Dr. Karl Renner, Bundeskanzler Ing. Leopold Figl, Vizekanzler Dr. Adolf Schärf, Bürgermeister Theodor Körner sowie zahlreiche Persönlichkeiten des öffentlichen und kulturellen Wiener Lebens. Stadtrat Josef Afritsch eröffnete das neue Wiener Großkino in seiner Eigenschaft als Präsident der Kiba. Der Umbau - ein Projekt der Stadt Wien - kostete nicht weniger als drei Millionen Schilling - wobei Stadtrat Afritsch bei seiner Eröffnungsansprache betonte, dass dieses Geld nicht aus den Steuerkassen der Gemeinde Wien stammte, sondern teilweise aus Eingängen der "Kiba" Kinobetriebsanstalt Gesellschaft m.b.H. und von anderen Bankkrediten.
Das Forum Kino umfasste 1.147 Sitzplätze, wobei großer Wert auf bequeme Sitzgelegenheiten und auf gute akustische Wirkung gelegt wurde und das Kino mit der ersten österreichischen Kinoklimaanlage ausgestattet wurde. Die Presse berichtete anlässlich der Eröffnung über die aufwendige Innenaustattung des neuen Wiener Kino: "Besonders die Farbtönung in braunem Mahagoni, gelbem Hermatex, elfenbeinfarbenem Anstrich und weißem Plafond ist zu dem weiß-braun gestreiften Vorhang gut abgestimmt."[1]
Das Forum Kino wurde auch in den kommenden Jahren vielfach genutzt, unter anderem für Modeschauen auf der der Kinoleinwand vorgebauten Bühne sowie für Ausstellungen der österreichischen Textil-, Schuh- und Lederwarenindustrie in den Vitrinen der zahlreichen Aufenthaltsräume des Kinos. Als im Oktober 1955 das wiederaufgebaute Burgtheater, ganz in der Nähe des Forum Kinos, feierlich eröffnet wurde, sollte die Eröffungsfeier live im Forum Kino übertragen werden. Doch die Projektoren fielen aus, und so konnte die Direktübertragung der Wiedereröffnung des Burgtheaters am Ring nicht im Forum Kino realisiert werden.[2]
Trotz des reichhaltigen Angebots konnte sich das Kino in den folgenden Jahren nur schwer halten: "Mit seinem großen Kinosaal und seinen weitläufigen Foyers versprach das Forum mehr, als es - sobald ein 70-mm-Film zu laufen begann - halten konnte: Die Projektionsfläche war zu klein für den großen Fassungsraum, und die Zuschauer wurden vom kleinen Bild enttäuscht. Cinemascope und 70 mm kamen nicht so zur Geltung wie vergleichsweise im Gartenbau Kino. Eine Vergrößerung der Bildfläche war nicht möglich, da die Stützmauern der alten Markthalle keine Erweiterung erlaubten - […]."[3]
Abriss und Neubau des Rechenzentrums der Stadt Wien
Am 2. November 1972 wurde eine Abbruchgenehmigung erteilt und das Forum Kino nach nur 24 Jahren Spielbetrieb 1974 abgerissen. Auf dem Areal entstand das von Harry Glück erbaute Elektronische Datenverarbeitungszentrum des Wiener Magistrats; zusätzlich wurde die Verwaltungsakademie des Magistrats hier untergebracht.
Da eine Sanierung zu teuer war, wurde das Bürogebäude 2017 abgerissen und an der Stelle von der Buwog ein neues Bürogebäude errichtet, das 2020 eröffnet wurde.[4]
Literatur
- Franz Grafl: Praterbude und Filmpalast. Wiener Kino-Lesebuch. Wien: Verlag für Gesellschaftskritik 1993
Weblinks
- Angela Heide: KinTheTop: Forum Kino [Stand: 06.04.2020]
Einzelnachweise
- ↑ Eine detaillierte Beschreibung des Umbaus bot anlässlich der Eröffnung des Kinos die Wiener Zeitschrift Kunst ins Volks: Das Forum-Kino in Wien. Ein neuer Großkino-Bau des Architekten Robert Kotas. In: Kunst und Volk. Zeitschrift für Freunde der bildenden Künste. Malerei/Graphik/Plastik/Architektur/Kunsthandwerk/Mit dem Beiblatt „Der Kunstmarkt“, hg. von Karl Strobl. II. Jg., Folge 5/6 (Mai/Juni 1950), S. 227-230 (4 Abbildungen).
- ↑ Klaus Dermutz: Das Burgtheater 1955-2005. Die Welt-Bühne im Wandel der Zeiten. Mit einem Essay von Klaus Bachler. Wien: Deuticke 2005 (edition burgtheater), S. 205.
- ↑ Franz Grafl: Praterbude und Filmpalast. Wiener Kino-Lesebuch. Wien: Verlag für Gesellschaftskritik 1993, S. 147.
- ↑ Wiener "Glaspalast": Abriss startet noch im August. In: derstandard, 04.08.2017; Abbruch des "Glaspalastes" hat begonnen. In: Kurier, 16.08.2017; Wien: "Glaspalast" wird abgerissen. In: Die Presse, 11.12.2013.