Trentino
Trentino (Beziehungen zu Wien). Ab 1374 kann der in Wien behauste Mag. Anton von Ala als Wundarzt (Chirurg) der Herzöge Leopold III., Albrecht III. und Wilhelm nachgewiesen werden. Die Provinzhauptstadt Trento (Trient), die in der Kirchengeschichte durch das 1545-1563 hier tagende Konzil ihren Platz gefunden hat, ist für Wien nicht nur durch die 1551 von König Ferdinand I. in seine Residenzstadt berufenen Jesuiten, die Wegbereiter der tridentinischen Reformwelle, relevant, sondern auch als Geburtsstadt einer Reihe von Persönlichkeiten, die im Laufe ihres Lebens und Wirkens mit Wien in Verbindung traten.
Der Trienter Hof war zwar keine Absteige der Bischöfe von Trient in Wien, wohl aber ergeben sich über die Mitbesitzer Konrad und Johann Hinderbach (ab 1458) personelle Verbindungen: Konrad war 1470-1488 Domherr in Trient, Johann (Theologe, Humanist, Geschichtsschreiber; Sekretär Kaiser Friedrichs III. und in dieser Funktion mit Enea Silvio Piccolomini befreundet, der durch seine ausführliche Beschreibung Wiens bekannt ist und 1447-1450 Bischof von Triest war) ab 1465 Bischof von Trient (wo er am 21. September 1486 verstarb). In Cles (Nonstal) steht das Stammschloss der adeligen Familie Thun, die auch in Prag und Wien ansässig war. Friedrich Nausea, der Nachfolger des 1541 verstorbenen Wiener Bischofs Johann Fabri, wurde von König Ferdinand 1551 als Orator zum Konzil nach Trient entsandt, wo er 1552 verstarb. 1528-1539 war Kardinal Bernhard von Cles (1485-1539; Fürstbischof von Trient 1514-1539) als Hofkanzler in Wien tätig; er war wohl der bedeutendste Renaissancefürst der Region (Bauherr am Castello del Buonconsiglio in Trient [Sitz der Trienter Fürstbischöfe, Ausbau der fürstbischöflichen Sommerresidenz in Cavalese]). Der aus Brez bei Trient stammende Theologe, Dichter, Dramatiker und Historiker Nikolaus Avancinus SJ (Jesuit) (1611-1686) wurde in Wien Rektor der Universität und Hofdichter. Mit dem Bau der Wiener Jesuitenkirche ist der 1642 in Trient geborene und 1709 in Wien verstorbene Architekt und Freskant Andrea Pozzo eng verknüpft. Der um 1680 nach Wien gekommene Bildhauer Paul Strudel dürfte 1648 in Trient geboren worden sein.
Im 18. und 19. Jahrhundert kam eine Reihe bedeutender Persönlichkeiten aus dem Trentino nach Wien: der aus Ruffré stammende spätere Wiener Bürgermeister Peter Josef Kofler, ein Günstling Maria Theresias; aus Revo der spätere Staatsmann und Jurist Carl Anton Martini; der 1714 in Trient geborene spätere Fürsterzbischof und Kardinal von Wien Christoph Anton Migazzi sowie sein Nachfolger, der 1766 ebenfalls in Trient geborene spätere Fürsterzbischof Leopold Maximilian Firmian; Michelangelo Unterberger aus Cavalese wurde 1751 der erster Rektor der Akademie der bildenden Künste, sein ebenfalls aus Cavalese stammender Neffe Ignaz Unterberger kaiserlicher Hofmaler; der Verkehrstechniker Alois Negrelli setzte als Leiter des Eisenbahnwesens in Wien den von Carl Ritter von Ghega konzipierten Bau der Semmeringbahn durch; der Großindustrielle Joseph Maria Miller-Aichholz kam aus Cles. Eine enge Verbindung hatte auch Wolfgang Amadeus Mozart zum Trentino; er wohnte bei Reisen nach Italien bei befreundeten Adeligen im Trentino; die Stadt Rovereto veranstaltet noch gegenwärtig alljährliche Mozart-Symposien.
Zu den Politikern zählen Ministerpräsident Ernest von Koerber (aus Trient) und Bundeskanzler Kurt von Schuschnigg (aus Riva). Die Habsburger waren durch Besitz oder Sommeraufenthalt mit einigen Orten des Trentino eng verbunden (Arco [Erzherzog Albrecht], Levico-Terme und Roncegno [Familienangehörige Franz Josephs], Madonna di Campiglio [Franz Joseph und Elisabeth]).
Zu den Patienten des Sanatoriums Härtungen in Riva gehörten auch Österreicher (1909 beispielsweise Franz Kafka, der aus Prag über Wien anreiste). Der Opernsänger Franco Bonisolli, der an der Wiener Staatsoper Triumphe feierte, stammte aus Rovereto.
Literatur
- F. Czeike: Das Trentino und Wien. Eine Spurensuche. In: Wiener Geschichtsblätter 54 (1999), S. 137 ff.
- Dirk Heißerer: Meeresbrausen, Sonnenglanz. Poeten am Gardasee. Kreuzungen/München 1999, S. 173 ff, S. 358 (Kafka).