Alfred Eduard Frauenfeld
Alfred Eduard Frauenfeld, * 18. Mai 1898 Wien, † 10. Mai 1977 Hamburg, Journalist, Politiker.
Biografie
Als Ältester von drei Brüdern (Eduard und Richard Frauenfeld), Sohn eines Richters am Bezirksgericht Favoriten, entstammte Frauenfeld einer alteingesessenen Familie im vierten Wiener Gemeindebezirk. An der Errichtung der Pfarrkirche St. Elisabeth, in der Frauenfeld getauft wurde, war bereits sein Großvater, Eduard Frauenfeld sen., als Bauunternehmer beteiligt gewesen.
Nach seiner Matura 1916 meldete sich Frauenfeld freiwillig zum Kriegsdienst, es folgten Einsätze an der Ost- und Südfront. Nach dem Kriegsende und seiner Rückkehr nach Wien inskribierte er an der Technischen Hochschule in Wien, schloss sein Studium jedoch nicht ab, erwarb statt dessen einen Lehrbrief als Maurergehilfe und arbeitete schließlich als Bankbeamter in der "Allgemeinen österreichischen Bodencreditanstalt". Als weit rechts stehender Veteran schloss sich Frauenfeld der rabiat antisemitischen, monarchistisch orientierten Frontkämpfervereinigung (FKV) an und war außerdem Mitglied im völkischen "Österreichischen Kulturbund". Es folgten erste journalistische Arbeiten für eine Wochenzeitung der österreichischen Legitimisten, später für das Medium der Christlichsozialen, die Reichspost. Sein erster Artikel in diesem Organ befasste sich mit der Bewohnbarkeit des Mars. Neben seinem Beruf veröffentlichte Frauenfeld mehrfach Kurzgeschichten in Sonntagsbeilagen von Wiener Tageszeitungen.
Infolge des Zusammenbruchs der Bodencreditanstalt verlor er 1929 seinen Arbeitsplatz. Es war offenkundig die Angst vor dem sozialen Abstieg, die ihn unmittelbar radikalisierte und ihn dazu veranlasste, sich der Nationalsozialistischen Deutsche Arbeiterpartei (NSDAP) anzuschließen. Noch im selben Jahr, 1929, wurde er Bezirksleiter der Partei in seinem Heimatbezirk Wieden, bereits im darauffolgenden Jahr avancierte Frauenfeld zum Gauleiter der NSDAP in Wien, die ihren Sitz zu diesem Zeitpunkt in der Florianigasse im achten Bezirk in einem ehemaligen Kohlenkeller hatte. "Die ersten Organisationsversuche waren kläglich. Wenn ich einen Redner in einen anderen Bezirk [als den achten Wiener Gemeindebezirk, Anm. d Verf.] schicken wollte, lehnte dieser mit der Begründung entrüstet ab, daß er dort verprügelt werden würde."[1]
Frauenfeld gründete das NS-Wochenblatt "Kampfruf" und konzentrierte sich auf die Mitgliederwerbung an den Hochschulen und in Veteranenvereinigungen. 1930 kam es zu einem ersten Treffen mit Adolf Hitler, Hermann Göring und Joseph Goebbels in München. Wenige Zeit später, im Mai 1930, hielt man in Wien den ersten Gauparteitag der NSDAP im Wiener Konzerthaus ab, auf dem Goebbels und Göring als Hauptredner auftraten. Der Parteiaufbau schritt so erfolgreich voran, dass die NSDAP bald in die Schottenfeldgasse im siebten Gemeindebezirk umziehen konnte, wo sie gemeinsam mit der SA-Gruppenführung für Österreich residierte, bis die Partei im Dezember 1931 neuerlich in das von Frauenfeld angekaufte Haus in der Hirschengasse 25 im sechsten Wiener Gemeindebezirk übersiedelte, das fortan als "Adolf-Hitler-Haus" als Parteizentrale fungierte. Alfreds Bruder Eduard Frauenfeld wurde zum Propagandaleiter der Wiener NSDAP bestellt, Richard Frauenfeld zum Leiter des um den "Kampfruf" herum aufgebauten Verlages.
Im Vorfeld der Nationalratswahlen 1930 kam es zu Verhandlungen mit den Heimwehren um Ernst Rüdiger Starhemberg über ein gemeinsames Wahlbündnis, man gelangte jedoch zu keiner Einigung. Bei den Wiener Gemeinderatswahlen im April 1932 gelang es der NSDAP beinahe, mit der dominierenden bürgerlichen Partei, den Christlichsozialen, gleichzuziehen. Frauenfeld, der im 13. Bezirk kandidierte, zog in den Wiener Gemeinderat und Landtag ein und wurde zum nichtamtsführenden Stadtrat.
Nach einer Terrorwelle im ersten Halbjahr 1933 wurde die NSDAP in Österreich verboten und verlor ihre Mandate in den öffentlichen Vertretungskörperschaften. Frauenfeld protestierte dagegen erfolglos bei Bundespräsident Miklas und Bundeskanzler Dollfuß. Am 4. Dezember 1933 wurde er festgenommen und kam im Polizeigefängnis auf der Elisabethpromenade in Haft, aus der er am 31. Dezember 1933 vorübergehend entlassen wurde. Im Jänner 1934 folgte seine neuerliche Verhaftung nach einer Unterredung mit dem niederösterreichischen Heimwehrführer Albrecht Alberti und wurde ins Anhaltelager Wöllersdorf eingewiesen, wenig später aber bereits in den Hausarrest in seiner Wohnung in der Gußhausstraße 20 entlassen. Am 20. Mai 1934 flüchtete er aus Wien über Ungarn und die Tschechoslowakei nach Deutschland, wo er in die Vorbereitungen des Putschunternehmens am 25. Juli desselben Jahres involviert war.
Laut Frauenfeld war auch Adolf Hitler in die Vorbereitungen dieses Umsturzversuches eingeweiht: "Ich stelle ausdrücklich fest, daß Hitler von diesen Vorgängen laufend unterrichtet war und daß weder Habicht noch ich derartig disziplinlos zu handeln bereit waren, einen Putsch ohne Genehmigung Hitlers durchzuführen."[2]
Nach dem Scheitern des Putsches wurde Frauenfeld zum Präsidialrat und Geschäftsführer der Reichtheaterkammer in Berlin ernannt. Im Zweiten Weltkrieg wurde er an der Seite des damaligen Unterstaatssekretärs im Auswärtigen Amt und ehemaligen Landesleiters der österreichischen NSDAP, Theo Habicht, ins besetzte Norwegen beordert, um dort eine Propagandaabteilung des Auswärtigen Amtes aufzubauen. 1940 folgte die Einberufung zur Wehrmacht, wo er als Vertreter des Auswärtigen Amtes (VAA) im Range eines Generalkonsuls im Stab der XVI. Armee unter General Ernst Busch fungierte. 1941 kam er in derselben Funktion in den Stab der X. Armee in Griechenland unter Generalfeldmarschall List. Nach dem Überfall Deutschlands auf die Sowjetunion wurde Frauenfeld im September 1941 zum Generalkommissar für Taurien (d.i. die Krim) ernannt, wo er bald in Konflikt mit seinem Vorgesetzten, dem Reichskommissar für die Ukraine, Gauleiter Erich Koch, geriet.
Im Februar 1944 sandte Frauenfeld eine "Denkschrift über die Probleme der Verwaltung der besetzten Ostgebiete" an Hitler. Darin plädiert er dafür, zu versuchen den Bolschewiki ablehnend gegenüberstehende “Ostvölker“ für die deutsche Sache zu gewinnen, statt sie durch übermäßige Brutalität den Partisanen in die Arme zu treiben. Humanitären Erwägungen spielten dabei keinerlei Rolle, wie Frauenfeld selbst in seiner Denkschrift mehrmals ausdrücklich festhielt: "Es sei in diesem Zusammenhang ausdrücklich betont, daß es auch auf seiten (sic!) der Verfechter einer 'verständigen' Ostpolitik niemanden gibt, der auch nur eine Sekunde vor den schwerwiegendsten und rücksichtslosesten Handlungen zurückschrecken würde, wenn die Interessen des deutschen Volkes es erfordern würden. Es erscheint gerechtfertigt und vor der Geschichte zu verantworten, wenn die harte Notwendigkeit es unerbittlich fordert, auch Tausende und Hundertausende Angehöriger fremder Völker sterben zu lassen, wenn es für die Zukunft und den Sieg des deutschen Volkes unerläßlich ist."[3] Überhaupt wäre die Abrechnung im Sinne der rassistischen NS-Ideologie mit den jetzt noch als Bündnispartner im Kampf gegen die Sowjets nützlichen Ukrainern nur aufgeschoben, denn: "Wenn das deutsche Volk den Krieg gewonnen hat, wird niemand es daran hindern können, seine Maßnahmen im einzelnen sowie seine Politik im ganzen jeder beliebigen Revision zu unterziehen […]."[4]
Zu Kriegsende geriet Frauenfeld in amerikanischer Gefangenschaft und wurde im Lager Aldringen bei Stuttgart interniert, später in Dachau. Er sagte als Zeuge in den Nürnberger Kriegsverbrecherprozessen aus und wurde in Wien in Abwesenheit zu 15 Jahren Gefängnis verurteilt, in Deutschland hingegen rasch entnazifiziert, woraufhin er sich mit seiner Familie in Dinklage in Niedersachsen niederließ.
In seinen posthum ein Jahr nach seinem Tod veröffentlichten, auf Tonband gesprochenen Memoiren zeigt sich Frauenfeld als ungebrochener Nationalsozialist, Antisemit und Hitler-Verehrer. Auch bezeichnet er darin Vergasungen in Konzentrationslagern als "Schauermär" und behauptet "daß alte KZler […] wiederholt uns und auch bei Vernehmungen den Amerikanern erklärten, daß sie sich in deutschen KZ zehnmal wohler gefühlt hätten als unter den Verhältnissen, unter denen sie jetzt leben mußten."[5] Die Ärmsten in Dachau seien laut Frauenfeld die SS-Männer gewesen: "Das weitaus Mieseste aber, was es in ganz Dachau gab, so grotesk das klingen mag, waren jene alten, zugigen Holzbaracken, in denen die SS-Bewachungsmannschaften untergebracht waren."[6] Im Gegensatz dazu seien die "gemauerten, winterfesten und geräumigen Baracken" für die Häftlinge geradezu paradiesisch gewesen.
Literatur
- Christiane Rothländer: Die Anfäng der Wiener SS. Wien-Köln-Weimar: Böhlau 2012
- Ernst Klee: Das Personenlexikon zum Dritten Reich. Frankfurt am Main: Fischer ³2011
- Wolfgang Solt: Mitglieder des Gemeinderates der Stadt Wien (Wiener Landtages) und des Stadtsenates der Stadt Wien (der Wiener Landesregierung) 1918-1934. Wien: 1995
- Alfred Eduard Frauenfeld: Und trage keine Reu‘. Vom Wiener Gauleiter zum Generalkommissar der Krim. Erinnerungen und Aufzeichnungen. Landsberg: Druffel-Verlag 1978
- Wienbibliothek Digital: Oswald Knauer: Der Wiener Gemeinderat 1861-1962. In: Handbuch der Stadt Wien. Band 77. Wien: Verlag für Jugend und Volk 1963
Alfred Eduard Brehm im Katalog der Wienbibliothek im Rathaus.