Hoher Markt 6
48° 12' 40.74" N, 16° 22' 18.01" E zur Karte im Wien Kulturgut
1., Hoher Markt 6 (Konskriptionsnummern 390, 391, 392, 397, 398 und 444), Wipplingerstraße 1, Schultergasse 2, Tuchlauben 27.
Hier stand einst ein Häuserblock von zehn kleinen Häusern, die zu Beginn des 19. Jahrhunderts auf sechs zusammenschmolzen und im Jahr 1885 in ein einziges Dreifrontenhaus verbaut wurden.
Haus Stadt 390
Auf dem Platz des späteren Hauses Stadt 390 standen ursprünglich vier Häuser:
Haus A
Der älteste bekannte Eigentümer dieses Hauses war der Ratsherr Johannes von Segenberg, dessen Witwe das Haus am 24. April 1371 verkaufte. 1488 erwarb Jorg Rorer nicht nur das Haus, sondern unter anderem auch den darunter liegenden Gewandkeller, der bis dahin dem Bürgerspital gehört hatte. Bereits 1491 verkaufte er alles wieder. 1684 erbte der berühmte Hofhutmacher Richard Fauconet, der mehrfacher Hausbesitzer war und nach dem das Fokanedihaus und der über die Wien führende Fokanedisteg benannt wurden, das Gebäude von seiner Frau. 1701 kam das Gebäude in den Besitz der Familie Felbermeyer, wurde 1797 versteigert und vom Handelsmann Johann Georg Reich junior erworben. Dessen Vater, Johann Georg Reich senior († 1796), war sehr geschäftstüchtig und machte sich nicht nur als Häuserspekulant (er kaufte unter anderem 1783 den Seitzerhof), sondern auch als Hofspezereiwarenhändler einen Namen. 1801 ließ Johann Georg Reich junior das Gebäude abbrechen.
Haus B
Dieses Gebäude stand 1377 im Besitz von Stephan (II.) Poll, der 1356 herzöglicher Münzanwalt und zwischen 1372 und 1388 Ratsherr war. Der Urteilschreiber Wolfgang Rieder, der später Äußerer Rat, Stadtschreiber (bis 1499) und 1499 Bürgermeister wurde, erwarb es 1492 und verkaufte es im Jahr 1508 an Margarethe Rechwein, die mit Hanns Rechwein von Honigstorf verheiratet war. An das Ehepaar Rechwein erinnert ein Wandgrab im Stephansdom. Im Jahr 1536 erwarb Barbara Een, die Witwe des Bürgermeisters Stefan Een, das Haus. Ab 1722 gehörte es den jeweiligen Besitzern des Hauses A und wurde 1801 abgebrochen.
Haus C
Dieses Haus wird erstmals 1436 erwähnt. 1468 wurde das Haus geschätzt und "merkliche paufelligkeit“ festgestellt. Im Jahr 1469 kam der Stadtrichter Mert Enthaimer für kurze Zeit in den Besitz des Gebäudes. Wie auch die Häuser A und B gelangte es Mitte des 18. Jahrhunderts in den Besitz der Familie Felbermeyer und wurde 1797 an den Handelsmann Johann Georg Reich junior verkauft, der es 1901 niederreißen ließ.
Haus D
Die erste Erwähnung dieses Gebäudes findet erst 1465 statt. 1736 kam es in den Besitz der Familie Felbermeyer. Mit dem Kaufvertrag vom 1. Jänner 1798 ging es in den Besitz des Handelsmannes Johann Georg Reich junior über, der es 1801 abtragen ließ.
Nachdem alle vier Gebäude abgebrochen waren, ließ Johann Georg Reich 1801 an deren Stelle ein einziges Haus erbauen, das den Schildnamen "Zum weißen Rössel“ trug. 1884 wurde auch dieses Gebäude gemeinsam mit den Häusern Stadt 391, 392, 397, 398 und 444 abgetragen, um Platz für einen Neubau zu schaffen.
Haus Stadt 391
Die Front dieses Hauses zeigte in die Wipplingerstraße. Die erste urkundliche Erwähnung findet 1445 statt. 1489 fiel das Haus einem Brand zum Opfer, 1490 wurde die Brandruine verkauft und ein neues Gebäude errichtet. Im Jahr 1884 wurde es abgebrochen.
Haus Stadt 392
Dieses Haus grenzte an das Haus Stadt 391 und lag ebenfalls an der Wipplingerstraße. Es wird erstmals 1451 urkundlich erwähnt. Im Jahr 1884 erfolgte der Abbruch.
Haus Stadt 397
Dieses Haus lag an der Schultergasse. Haus und Keller hatten jeweils eigene Eintragungen im Grundbuch und Grunddienstbarkeiten, jedoch stets einen gemeinsamen Besitzer. Das Haus wird erstmals am 14. September 1419, der Keller jedoch erst 1439 erwähnt. Dem Haus war das Recht zugeordnet, eine Gastwirtschaft zu betreiben (radizierte Schankgerechtigkeit). 1884 wurde es mitsamt dem Keller abgebrochen.
Haus Stadt 398
Das erstmals 1363 urkundlich erwähnte Haus lag ebenfalls an der Schultergasse. Mitte des 17. Jahrhunderts ging das Gebäude (eventuell durch Tausch) gemeinsam mit dem Haus Stadt 444A in den Besitz des Bürgerspitals über, das beide aber bereits 1660 wieder abstieß. 1855 kam das Haus zu gleichen Teilen in den Besitz der Versorgungsanstalten der Stadt Wien, der Armen im Bürgerspital zu St. Marx, im Bäckenhäusel, im Versorgungshaus am Alserbach, in Ybbs und in der Leopoldstadt. 1858 wird es als "Grundarmenhaus in der Leopoldstadt“ verzeichnet und 1884 abgerissen.
Haus Stadt 444A
Das an der Ecke Tuchlauben - Schultergasse gelegene Haus ist erstmals 1362 urkundlich bezeugt. Bereits in diesem oder im darauf folgenden Jahr brannte es ab. Die Brandruine kam 1363 in den Besitz des Schottenstifts und bald darauf wurde ein neu errichtetes Haus verkauft. Spätestens 1439 ging es in das Eigentum des Haushofmeister zu Dornpach Andre Dietram über, der auch mehrere andere Gebäude in den Tuchlauben besaß und es 1451 wieder verkaufte. Bereits vor 1668 kam es durch Tausch in den Besitz des Bürgerspitals, das es an den Apotheker und Äußeren Rat Daniel Müller verkaufte, der hier die "Zum schwarzen Mohren“ betrieb und nach seinem Tod im Stephansdom bestattet wurde. Ab 1700 gehörte das Gebäude den jeweiligen Besitzern von Haus Stadt 444B.
Haus Stadt 444B
Auch dieses Haus wird im Jahr 1362 erstmals urkundlich belegt und gehörte dem Ratsherren Jakob (I.) Kettner, der eine angesehen Ratsbürgerfamilie begründete, deren Mitglieder bis 1423 häufig, aber auch dann noch vereinzelt bis 1532 in den Urkunden der Stadt und als Besitzer von Häusern und Weingärten aufscheinen. Mitte des 17. Jahrhunderts wurde das Haus vom Prior und vom Konvent des Predigerordens gerichtlich gepfändet und 1677 an den Apotheker Daniel Müller verkauft, der bereits das Haus Stadt 444A besaß.
Es kann nicht genau gesagt werden, ob beide Häuser weiterbestanden oder zu einem verbaut wurden. Während der Suttingerplan von 1684 nur mehr ein Haus aufweist, findet man bei Johann Jordan, dessen Häuserbüchlein (Johann Jordan: Schatz, Schutz und Schantz. 1701) als Neujahrsgabe zum Jahr 1701 gedacht war, auf Seite 56 den Eintrag "die schwarze Mohrenapotheke, Franz Fetzer, 1 Eck, 2 Häuser“. Der Apotheke war nämlich im Jahr 1700 an den Apotheker Fetzer verkauft worden, dessen Vorname jedoch nicht Franz, sondern Johann Josef lautete. 1841 sollen die beiden Häuser in eines verbaut worden sein.
Neubau
Nach 1875 kauften die Brüder Eduard und Heinrich Schmidt alle oben beschriebenen Häuser, ließen diese abbrechen und das heutige Haus errichten. Die Apotheke "Zum schwarzen Mohren“, die bereits im 15. Jahrhundert hier ihren Standort hatte, später zwar verlegt wurde, aber seit dem 17. Jahrhundert wieder hier firmierte, übersiedelte für die Zeit der Bauarbeiten in das Winterhaus (Tuchlauben 20). 1885 kehrte sie bis 1906 in das neu erbaute Haus zurück.
Gewerbe und Firmen innerhalb des Hauses im Laufe der Jahre
im Haus Stadt 397:
- Gastwirtschaft
im Haus Stadt 444A und im Neubau:
- Apotheke "Zum schwarzen Mohren" [1640 – um 1650 (Pacht), 1661 – um 1840]
Literatur
- Paul Harrer-Lucienfeld: Wien, seine Häuser, Geschichte und Kultur. Band 1, 2. Teil. Wien ²1951 (Manuskript im WStLA), S. 417-438