Hundsturm (Vorstadt)

Aus Wien Geschichte Wiki
Wechseln zu:Navigation, Suche
Die Vorstädte Wieden, Matzleinsdorf, Hundsturm und das Freihaus auf der Wieden mit ihren Siegelbildern (1734)
Daten zum Objekt
Die Karte wird geladen …

48° 11' 16.43" N, 16° 20' 51.80" E  zur Karte im Wien Kulturgut

Hundsturm (5.), Vorstadt auf dem Boden des heutigen fünften Bezirks (nordwestlich von Matzleinsdorf, östlich von Gaudenzdorf).

Die Hundsmühle ("Hunczmühle") in der Scheibenried (urkundlich erwähnt 1408 beziehungsweise 1484, als Scharen des Matthias Corvinus unter Lorenz Ujlaky hier lagerten) wurde von einem Bach getrieben, der vom Siebenbrunnenfeld herab zur Wien floss. In der Nähe der Mühle stand ein landesfürstliches Rüdenhaus, von dem sie ihren Namen erhalten hat.

Schloss der Herrschaft Hundsthurm.

Nach der Zerstörung des Hundsturms während der Ersten Türkenbelagerung (1529) errichtete man unweit des Rüdenhauses ein Jagdhaus (Hundsturmer Schloss). Um 1610 entstanden dort, auf dem Teil der Ried Niederreinprechtsdorf, die ersten Häuser, die sich zu einer Ansiedlung "Reinprechtsdorf am Hundsturm" entwickelten und als Grundstock der nachmaligen Vorstadt Hundsturm gelten können (Reinprechtsdorf). Ab 1564 besaß Hundsturm ein Brauhaus (Hundsturmer Brauhaus). Im 17. Jahrhundert entwickelte sich die Ortschaft zwischen Spengergasse und Margaretengürtel. Im Vormärz entstand die geschlossene Häuserzeile der Johannagasse, deren Baucharakter teilweise noch erkennbar ist.

Hundsturm (1673)

Die Vorstadt besaß einen eigenen kleinen Friedhof, beherbergte Leinen- und Seidenzeugfabriken (deren Arbeiter hier wohnten) sowie die seinerzeit berühmte Kartenmalerfabrik des Max Uffheim. Die Grundherrschaft wurde 1842 von der Gemeinde Wien käuflich erworben. 1848 hatte die Vorstadt unter den Oktoberkämpfen zu leiden. 1850 wurde die bis dahin selbständige Vorstadt in den vierten Bezirk Wieden eingemeindet, 1861 dem neu konstituierten fünften Bezirk Margareten zugeschlagen. Der letzte Rest des Schlosses wurde 1885 demoliert.

Siegel

Die Vorstadt Hundsturm führte ein Grundgerichtssiegel, dass einen ovalen, mit dreipaßartigen Ornamenten gezierten Schild, zeigt, in demselben ein Turm; im unteren Teil des Turmes ein offenes zweiflügeliges Tor, im Torbogen ein liegendes Tier (Hund?); im oberen, über ein schräges Dach emporragenden, mit drei Zinnen gekrönten Teile des Turmes drei runde in Dreieck gestellte Öffnungen. Aus dem oberen Rande des Dreipasses ein halbes, springendes Einhorn wachsend. Umschrift: ¤ [Rosette] : RAMPPRECHTS ·.·TORFF INSIGILL ·.· Diese Umschrift wird in einem "Kommissions- Protokolle" des Grundgerichtes Hundsturm vom 5. März 1821, unterzeichnet von dem damaligen Grundrichter und dem Gerichtsschreiber (Archiv der Stadt Wien, Oec. 4/1820) damit erklärt, das einstmals Hundsturm und Reinprechtsdorf einem und demselben Grundherrn gehörten und eine Gemeinde bildeten. Die Gemeinde Hundsturm bediente sich laut dieses Protokolls noch im Jahr 1829 als selbständige Gemeinde des Siegels mit obiger Umschrift.

Das Siegel war 1904 eine Grundlage für die Gestaltung des Bezirkswappens Margareten.

Häuser

  • 1766: 73
  • 1778: 90
  • 1783: 91
  • 1790: 91
  • 1796: 92
  • 1821: 116
  • 1830: 153
  • 1840: 160
  • 1847: 161
  • 1851: 168
  • 1857: 169

Einwohner

  • 1783: 1.678
  • 1796: 1.476
  • 1830: 3.689
  • 1840: 5.045
  • 1857: 7.066

Häusernummerierungen und -schematismen

In der Vorstadt Hundsturm wurden 1770 zum ersten Mal Konskriptionsnummern vergeben, in den Jahren 1795, 1816, 1821 und 1829 erfolgte eine Neunummerierung (Zur Übersicht über die Phasen der Nummerierungen der Häuser [Konskriptionsnummern] in der Vorstadt siehe: Häusernummerierung). Die folgenden Verlinkungen zu den Häuserschematismen sind chronologisch geordnet.

Nummerierung 1770

Nummerierung 1795

Nummerierung 1816

Nummerierung 1821

Nummerierung 1829

Ortsrichter

Literatur

  • Adalbert Klaar: Die Siedlungsformen Wiens. Wien: Zsolnay 1971, S. 59 f.
  • Ferdinand Opll: Erstnennung von Siedlungsnamen im Wiener Raum. Wien [u.a.]: Jugend & Volk 1981 (Kommentare zum Historischen Atlas von Wien, 2), S. 35
  • Robert Messner: Die Wieden im Vormärz. Historisch-topographische Darstellung der südwestlichen Vorstädte und Vororte Wiens auf Grund der Katastralvermessung. Wien: Verein für Geschichte der Stadt Wien 1982 (Topographie von Alt-Wien, 7), S. 58 f.
  • Maurer: Margareten. In: Berichte und Mitteilungen des Altertums-Vereines zu Wien. Band 44. Wien: Gerold 1911, S. 36 f.
  • Wilhelm Kisch: Die alten Straßen und Plätze von Wiens Vorstädten und ihre historisch interessanten Häuser. (Photomechan. Wiedergabe [d. Ausg. v. 1895]). Cosenza: Brenner 1967, Band 3, S. 124 ff.
  • Gustav Gugitz: Bibliographie zur Geschichte und Stadtkunde von Wien. Hg. vom Verein für Landeskunde von Niederösterreich und Wien. Band 4: Profane Topographie nach den 21 Bezirken (2. - 21. Bezirk). Wien: Jugend & Volk 1958, S. 132
  • Jakob Dont [Hg.]: Der heraldische Schmuck der Kirche des Wiener Versorgungsheims. Mit dem Anhang: Beschreibung der Siegel der ehemaligen Wiener Vorstädte und Vorort-Gemeinden. Wien: Gerlach & Wiedling 1910, S. IX, Taf. D
  • Anton Jung: Beschreibung und Abdruck der Grundgerichts-Siegeln sämmtlicher Vorstädte und Gemeinden der k.k. Haupt- und Residenzstadt Wien, [Wien] 1829, S. 34

Bevölkerungsgeschichte

  • Andreas Weigl: Eine Neuberechnung der Bevölkerungsentwicklung Wiens nach Bezirken 1777-1869. In: Wiener Geschichtsblätter 50 (1995), S. 219-238.
  • Ignaz de Luca: Topographie von Wien. Bd. 1, Wien: Thad. Schmidbauer 1794, S. 61.
  • Ignaz de Luca: Statistische Fragmente. Wien: C.P. Rehm 1797, S. 50.
  • Johann Karl: Detaillirte Darstellung der Bevölkerung der k.k. Haupt- und Residenzstadt Wien und der Vorstädte ... nach der letzten Conscription im Jahre 1840.
  • Niederösterreichische Handels- und Gewerbekammer (Hg.), Statistische Übersicht der wichtigsten Productionszweige in Oesterreich unter der Enns. Wien: L. Sommer 1855.
  • G.A. Schimmer: Die Bevölkerung von Wien. In: Blätter für Landeskunde von Niederösterreich 1 (1865), S. 14, 26.