Josef Leopold Gierster
Josef Leopold Gierster, * um 1800 Baden bei Wien (?), † 27. Dezember 1863 Gaudenzdorf (Meidlinger Friedhof), Hofbräumeister, Brauhausbesitzer, Hauptmann des Bürgergarde-Corps und (erster) Bürgermeister von Gaudenzdorf (1850-1861), Gattin Katharina Kandl (* 1798, † 6. November 1821 Vorstadt Landstraße).
Werdegang
Josef Leopold Gierster erbte von seinem gleichnamigen Vater das Brauhaus Gaudenzdorf, das dieser 1818 im Stil eines Sommerschlosses eröffnet hatte. Er trat schon in jungen Jahren in den elterlichen Betrieb ein und agierte auch noch nach 1848[1] wie ein Grundherr in seinem Vorort, wobei er erstaunlich viel soziales Engagement für diese beginnende Gründerzeit an den Tag legte. Er wurde noch von Kaiser Ferdinand zum ersten und einzigen k.k. Hofbraumeister ernannt, war während der Revolution 1848 Bataillonskommandant der Wiener Nationalgarde und kooperierte nach dem Vorrücken der kaiserlichen Armee sofort mit dem kommandierenden Fürsten Alfred I. zu Windisch-Graetz.
Bürgermeister von Gaudenzdorf
Von 1850 bis 1861 war Gierster erster Bürgermeister von Gaudenzdorf. Eine seiner ersten Taten in dieser Funktion war die Übernahme des vorgesehenen, aber von der Gemeinde Meidling nicht finanzierbaren Choleraspitals, das er in der Nähe der Brauerei, der heutigen Seumegasse 5 (damals Gemeindegasse), mit sieben Betten errichtete und das für die Gesundheitspolitik des Vorortes von großer Wichtigkeit war. Als Ortsschulaufseher steigerte er die Kapazität seiner neu gegründeten Schule innerhalb weniger Jahre von zwei auf sieben Klassen, eine für die damalige Zeit offensichtlich wegen der stark zunehmenden Bevölkerungszahl erwähnenswerte Leistung. Außerdem unterhielt die Brauerei eine eigene Betriebsfeuerwehr, die er auch der Gemeinde zur Verfügung stellte.
Gierster förderte die Künste und die Wissenschaft, saß im Vereinsausschuss der Ersten österreichischen Spar-Casse, war Grundentlastungs-Kommissionsmitglied, Mitglied des Äußeren Rats von Wien und vieles mehr. Im November 1853 gehörte er zu den ersten Wienern, die ihr Wohnhaus mit Gaslicht beleuchteten. In seiner Amtszeit wurde 1855 das Gaudenzdorfer Gaswerk gegründet. Josef Leopold Gierster liegt auf dem Meidlinger Friedhof begraben.
Nach ihm ist die Gierstergasse benannt.
Literatur
- Christian Springer / Alfred Paleczny / Wolfgang Ladenbauer: Wiener Bier-Geschichte. Wien-Köln-Weimar: Böhlau Verlag 2017, S. 94-100
- Friedrich Fischer: Chronik des Wiener Vorortes Gaudenzdorf. Wien 1927
- Meidling, herausgegeben vom Meidlinger Heimatbuchausschuss. Wien 1930