Zum blauen Herrgott (9)

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Versorgungshaus "Zum blauen Herrgott" am Alserbach
Daten zur Organisation
Art der OrganisationArt der Organisation Spital
Datum vonDatum (oder Jahr) von 1730
Datum bisDatum (oder Jahr) bis 1904
Benannt nach
Prominente Personen
Wien Geschichte WikiIdentifier/Persistenter URL zur Seite  12053
GNDGemeindsame Normdatei
WikidataIDID von Wikidata
Siehe auchVerweist auf andere Objekte im Wiki  Altes Allgemeines Krankenhaus, Frühe Neuzeit, Langes 19. Jahrhundert, Spital, Armenhaus, Siechenhaus, Gesundheitswesen, Großarmenhaus
RessourceUrsprüngliche Ressource  Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien
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Letzte Änderung am 2.08.2023 durch WIEN1.lanm08uns
BildnameName des Bildes Versorgungshaus Alserbach.jpg
BildunterschriftInformation, die unterhalb des Bildes angezeigt werden soll Versorgungshaus "Zum blauen Herrgott" am Alserbach
  • 9., Lazarettgasse 4
  • 9., Spitalgasse 23

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48° 13' 11.19" N, 16° 21' 4.41" E  zur Karte im Wien Kulturgut

Das Versorgungshaus am Huber-Plan

Zum blauen Herrgott (9., Lazarettgasse 4, Spitalgasse 23), Versorgungshaus (auch "Kleines Armenhaus" genannt im Unterschied zum Großarmenhaus, 9., Alser Straße 4), ursprünglich aus zwei Häuschen mit Satteldächern bestehend, die giebelseitig zur Als standen.

Die Errichtung des Kleinen Armenhauses fiel in das Jahr 1730[1].

1697 wurden dem Armenhaus die Einnahmen aus dem Lohnwagengefälle zugewiesen, die bis 1747 jährlich etwa 14.000 Gulden betrugen. In diesem Jahr beschloss man, auf Rechnung des Armenhauses selbst Lohnwagen aufzustellen, wozu Stallungen am Rennweg und an der Als errichtet wurden. Das Unternehmen schlug aber fehl. 1750 wurde das Lohnwagenamt aufgehoben, die Stallungen blieben leer, bis Maria Theresia jene an der Als ankaufte und in ihnen ein Armenhaus (Czeike) einrichtete, das zum Unterschied vom gegenüberliegenden Großarmenhaus „Kleines Armenhaus" hieß und in dem 1779 527 Personen betreut wurden. Der alte ebenerdige Trakt des Armenhauses, das später einen zur Wohnung der Hausbediensteten gewidmeten einstöckigen Hoftrakt erhielt, hatte den Namen "Zum blauen Herrgott" nach einer so benannten Bildsäule erhalten, die sich an der Außenseite des Gebäudes befand.

In realistischer Darstellung zeigt das lebensgroße Standbild den Schmerzensmann mit Dornenkrone. Seine Rechte hält das blutende Herz, während seine Linke nach einer Kette greift, die um den Hals gelegt ist. Die Figur erhielt nach der Farbe ihres langen Mantels den Namen "Blauer Herrgott". Sie ist eine Kopie nach einem spanischen Original, das mit seinen gesprengten Ketten als Symbolgestalt des Trinitarierordens gilt, der erfolgreich den Loskauf christlicher Sklaven betrieb. Die Legende erzählt, dass die Mauren bei der Erstürmung Mamoras in Marokko die Figur nach Fez gebracht und dort durch die Straßen geschleppt hätten. Obgleich den Löwen vorgeworfen und dem Feuer überantwortet, blieb sie von jeder Vernichtung bewahrt. Die Trinitarier erwarben und verehrten sie in ihrem Konvent in Madrid. Von dort kam das Standbild Anfang 18. Jahrhundert in das neugegründete Trinitarierkloster in der Alser Straße, wo es bis zu dessen Aufhebung (1783) verblieb. Schließlich wurde es als religiöses Wahrzeichen am unweiten Kleinen Armenhaus angebracht und gab diesem seinen volkstümlichen Namen.

Im 19. Jahrhundert über Auftrag des Wiener Erzbischofs von dort entfernt und in die St.-Nikolaus-Kirche in Kirchschlag an der Ysper gebracht, wird die Statue als Gnadenbild "Jesus von Nazareth - Heil der Kranken" wallfahrtsmäßig verehrt. Der Name "Zum blauen Herrgott" blieb jedoch dem Armenversorgungshaus erhalten und wurde später auch auf den Neubau (Spitalgasse 23) übertragen. 1831/1832 diente das Armenhaus als Choleraspital. Die Pfründner waren zu dieser Zeit im Servitenkloster untergebracht. 1842 wurden die Armenanstalten dem Magistrat übergeben. Als es im Frühjahr 1847 in den Vororten zu "Brotkrawallen" kam, regte der Arzt Franz Romeo Seligmann die Bildung eines „Wiener allgemeinen Hilfsvereins" mit dem Ziel an, unentgeltlich "Rumfordsuppen" an die Armen zu verteilen. Bürgermeister Ignaz Czapka stellte dazu die Küche des Armenhauses zur Verfügung.

1848-1852 entstand in den Höfen des Versorgungshauses an der Als ein Armenhaus mit 700 Betten (Pläne von Florian Schaden), wozu man von Franz Gilge, dem Besitzer des Brünnlbads, die angrenzenden [heute fehlenden] Häuser 9., Lazarettgasse 2-4, angekauft hatte. 1864 fasste der Gemeinderat den Beschluss, anstelle der alten, meist ebenerdigen Gebäudetrakte ein neues Versorgungshaus zu bauen. Am 15. Mai 1865 wurde mit den Demolierungen begonnen, 1865-1867 entstand der vordere Trakt in 9., Spitalgasse 23, mit 800 Betten (Pläne von Rudolf Niernsee; Eröffnung am 20. Juni 1868; Giebelgruppe von Franz Melnitzky). Dieses Armenversorgungshaus diente im Gegensatz zum Bürgerversorgungshaus (das der Bürgerspitalfonds verarmten Wiener Bürgern widmete) zur Unterbringung nichtbürgerlicher Armer, die man auch als Pfründner bezeichnete. Es blieb bis 1904 bestehen. In den Besitz des Krankenanstaltenfonds gekommen, wurde in diesem nach Abbruch der Seitenflügel im Hauptgebäude die Verwaltung der dahinter entstandenen Universitätskliniken („Neue Kliniken" des AKH; I. und II. Frauenklinik, II. Chirurgische Klinik, Medizinische Abteilung) untergebracht und 1931 auch die II. Unfallstation hierher verlegt.

Literatur

  • Martin Scheutz: Der "blaue Herrgott". Das nicht-bürgerliche Versorgungshaus "Alserbach" als Zentralanstalt der Wiener Versorgungshäuser im 19. Jahrhundert. In: Orte der Verwahrung. Die innere Organisation von Gefängnissen, Hospitälern und Klöstern seit dem Spätmittelalter. Hg. von Gerhard Ammerer / Arthur Brunhart / Martin Scheutz / Alfred Stefan Weiss. Leipzig 2009, S. 269–293 (Geschlossene Häuser. Historische Studien zu Institutionen und Orten der Separierung, Verwahrung und Bestrafung Bd. 1)
  • Peter Csendes: Erinnerungen an Wiens Türkenjahre. Wien [u.a.]: Jugend & Volk 1983 (Wiener Bezirkskulturführer, 29), S. 48 f.
  • Hans Mück: Quellen zur Geschichte des Bezirks Alsergrund. Wien: Verein für Geschichte der Stadt Wien 1978 (Forschungen und Beiträge zur Wiener Stadtgeschichte, 3)
  • Adolf Wolf: Alsergrund-Chronik. Von der Römerzeit bis zum Ende der Monarchie. Wien: Selbstverl. 1981, S. 55
  • Wilhelm Kisch: Die alten Straßen und Plätze von Wiens Vorstädten und ihre historisch interessanten Häuser. (Photomechan. Wiedergabe [d. Ausg. v. 1895]). Cosenza: Brenner 1967, Band 3, S. 606 f.
  • Carl Hofbauer: Die Alservorstadt mit den ursprünglichen Besitzungen der Benediktinerabtei Michelbeuern am Wildbach Als. Wien: Sommer 1861, S. 163 ff.
  • Wiener Kommunal-Kalender und städtisches Jahrbuch. Wien: Gerlach & Wiedling 1868, S. 191 ff.
  • Gustav Gugitz: Bibliographie zur Geschichte und Stadtkunde von Wien. Hg. vom Verein für Landeskunde von Niederösterreich und Wien. Band 2: Die Gemeinde, ihre Verwaltung und sozialen Belange, Wirtschaftsleben, Handel, Industrie, Gewerbe und Landwirtschaft, Volkskunde, Naturwissenschaft, Klimatologie, Meteorologie, Naturereignisse, Varia und Kuriosa. Wien: Jugend & Volk 1955, S. 13 ff.
  • Gustav Gugitz: Bibliographie zur Geschichte und Stadtkunde von Wien. Hg. vom Verein für Landeskunde von Niederösterreich und Wien. Band 4: Profane Topographie nach den 21 Bezirken (2. - 21. Bezirk). Wien: Jugend & Volk 1958, S. 305
  • Franz Eppel: Das Waldviertel. Seine Kunstwerke, historische Lebens- und Siedlungsformen. Salzburg: Verl. St. Peter 1963, S. 141
  • Richard Kurt Donin / Maria Capra [u.a.]: Dehio Niederösterreich. Wien: Schroll 1953 (Bundesdenkmalamt: Die Kunstdenkmäler Österreichs), S. 144

Einzelnachweise

  1. Martin Scheutz: Der "blaue Herrgott". Das nicht-bürgerliche Versorgungshaus "Alserbach" als Zentralanstalt der Wiener Versorgungshäuser im 19. Jahrhundert. In: Orte der Verwahrung. Die innere Organisation von Gefängnissen, Hospitälern und Klöstern seit dem Spätmittelalter. Hg. von Gerhard Ammerer / Arthur Brunhart / Martin Scheutz / Alfred Stefan Weiss. Leipzig 2009, S. 269–293 (Geschlossene Häuser. Historische Studien zu Institutionen und Orten der Separierung, Verwahrung und Bestrafung Bd. 1), S. 272.