Kommunaler Wohnbau 1945 bis 1955

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Per-Albin-Hansson-Siedlung-West, 3. Juni 1950
Daten zum Eintrag


Der Wiener Gemeindebau in den Jahren 1945 bis 1955 war geprägt vom Wiederaufbau nach den Zerstörungen des Zweiten Weltkriegs und der dringenden Notwendigkeit, neuen Wohnraum zu schaffen. Zu den Kriegsschäden, der Armut und Obdachlosigkeit in der Bevölkerung kamen in Wien akuter Baustoff-, Transport- und Facharbeitermangel hinzu. Theodor Körner, Wiens erster Bürgermeister der Zweiten Republik, setzte 1945/46 mit der Einberufung der "Enquete für den Wiederaufbau der Stadt Wien" ein deutliches Zeichen für die Planung und Umsetzung des öffentlichen Wohnbaus, die ab 1947 verwirklicht wurde. Insgesamt wurden in den Jahren 1947 bis 1955 rund 310 kommunale Wohnbauten errichtet.

Nachkriegszeit

Zu Kriegsende waren rund 12.000 Gemeindewohnungen zerstört, von den übrigen rund die Hälfte reparaturbedürftig. Mangel an Baumaterial sorgte für die Unbenützbarkeit weiterer Wohnungen in der unmittelbaren Nachkriegszeit. Es herrschte daher beträchtlicher Neubaubedarf. Vorerst setzte die Stadtregierung auf Lückenverbauung. Im Juli 1947 wurde die erste städtische Wohnhausanlage der Zweiten Republik in der 10., Friedrich-Knauer-Gasse fertiggestellt. 1947-1951 entstand mit der Per-Albin-Hansson-Siedlung West in Favoriten die erste große Wohnhausanlage der Nachkriegszeit. Sie wurde nach dem schwedischen Ministerpräsidenten Per Albin Hansson benannt, als Dank für die finanzielle Unterstützung, die Wien von der schwedischen Regierung für den kommunalen Wohnbau erhielt. Diese Siedlung und weitere Siedlungshäuser in Kagran, Stadlau und Hirschstetten knüpften mit ihren zwei- und dreigeschossigen Bauten an das Modell der "Gartenstadt" an, erwiesen sich aber nicht geeignet, den großen Wohnungsbedarfs zu decken. In der Folge setzte die Gemeinde Wien daher auf Geschossbauten. Im selben Jahr begann der Bau des Hugo-Breitner-Hofs (14), einer der größten Gemeindebauten dieser Zeit, der allerdings erst 1957 komplett fertiggestellt wurde. Die durchschnittliche Wohnungsgröße der ersten Nachkriegsjahre betrug 47 Quadratmeter.

1950 bis 1955

1950 waren über 55.000 Wohnungssuchende waren registriert. Um schnell Abhilfe zu schaffen, setzte die Stadt 1951 unter Bürgermeister Franz Jonas ein Schnellbauprogramm um, bei dem tausende kleine, zusammenlegbare „Duplex-Wohnungen“ errichtet wurden, unter anderem in der 21., Siemensstraße. Diese modularen Einheiten waren eine pragmatische Lösung, um in kurzer Zeit möglichst viele Menschen unterbringen zu können. Ab Mitte der 1950er Jahre wurden Duplex-Wohnungen zusammengelegt. Prominentes Beispiel für das Schnellbauprogramm jener Jahr war die Wohnhausanlage Am Schöpfwerk mit mehr als 1.000 Wohnungen. Im Jahr 1950 beschloss die Gemeinde alle neu errichteten kommunalen Wohnungen mit WC und Badezimmer auszustatten. Die durchschnittliche Wohnungsgröße von Gemeindewohnungen stieg in den 1950er Jahren von 46 auf 53 Quadratmeter. Die Wohnblöcke der Neubauten wurden in Form von Zeilen errichtet und wo genügend Grundfläche zur Verfügung stand um ein Zentrum gruppiert in dem sich Geschäfte, Kindergarten oder Städtische Büchereien befanden. Räumliche Schwerpunkte des kommunalen Wohnbauprogramms bildeten die Bezirke Favoriten, Meidling, Döbling und Floridsdorf. Architektonisch verabschiedete sich die Gemeinde Wien von den "Superblocks" der Zwischenkriegszeit. Es entstanden hohe Mietblöcke mit glatten Fassaden mit Grünanlagen ohne Randverbauung.[1]

Wohnbauförderung

Im Jahr 1949 wurde der Wohnhauswiederaufbaufonds eingerichtet, der als zentrale Finanzierungsquelle für Sanierungs- und Neubauprojekte diente. Mit dem Wohnbauförderungsgesetz von 1954 schuf die Stadt neue rechtliche und finanzielle Rahmenbedingungen, um den sozialen Wohnbau weiter voranzutreiben. Gleichzeitig wurden innovative Projekte in Angriff genommen, wie das Wohnhochhaus am Matzleinsdorfer Platz (Baubeginn 1954), das einen modernen architektonischen Ansatz im Wiener Gemeindebau repräsentierte.

Quellen

Link

https://www.wienerwohnen.at/wiener-gemeindebau/geschichte.html

Literatur

  • Gustav Bihl: Wien 1945-2005. Eine politische Geschichte. In: Peter Csendes/Ferdinand Opll (Hg.): Wien. Geschichte einer Stadt. Band 3. Wien/Köln/Weimar: Böhlau 2006, S. 545-650.
  • Peter Eigner: Transformationen eines Stadtraums: Wien 1740-2020. In: Andreas Weigl/Peter Eigner (Hg.): Sozialgeschichte Wiens 1740-2020. Transformationen des Raums, Inklusion und Exklusion, Außensichten und Mobilität. Geschichte der Stadt Wien Band 9. Innsbruck/Wien: StudienVerlag 2022, S. 9-175.
  • Peter Eigner/Herbert Matis/Andreas Resch: Sozialer Wohnbau in Wien. Eine historische Bestandsaufnahme. In: Jahrbuch des Vereins für Geschichte der Stadt Wien 55 (1999), S. 49-100.
  • Karl Fischer: Kriegszerstörungen. In: Peter Csendes/Ferdinand Opll (Hg.): Die Stadt Wien. Österreichisches Städtebuch 7. Wien: Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften 1999 S. 57-61.
  • Peter Marchat: Wohnbau in Wien 1923-1983. Wien: Compress Verlag 1984
  • Herta Singer: Wiederaufbauen heißt Bessermachen. In: Karl Ziak (Red.): Wiedergeburt einer Weltstadt. Wien 1945-1965. Wien/München: Verlag für Jugend und Volk 1965, S. 83-102.
  • Kurt Stimmer: Wien 2000. Wiens kommunale Entwicklung seit 1945. Wien: Schmid Verlag 1999

Referenzen

  1. Gustav Bihl: Wien 1945-2005. Eine politische Geschichte. In: Peter Csendes/Ferdinand Opll (Hg.): Wien. Geschichte einer Stadt. Band 3. Wien/Köln/Weimar: Böhlau 2006, S. 585-589.