Neues Theater in der Scala
48° 11' 43.55" N, 16° 22' 8.07" E zur Karte im Wien Kulturgut
Das Neue Theater in der Scala (4., Favoritenstraße 8) wurde am 16. September 1948 eröffnet. Zuvor befanden sich an diesem Standort das Johann-Strauß-Theater und das Kino Scala.
Ursprünge
Das ehemalige Johann-Strauß-Theater wurde, nachdem es 1930 von der Kinobetriebs Anstalt GmbH (KIBA) gekauft worden war, aufgrund des damals herrschenden Tonfilmbooms in das Scala Kino umgewandelt. Im Jahr 1933 übernahm der Theaterdirektor Dr. Rudolf Beer die Leitung des Kinos und ließ es erneut zu einem Theater, das unter dem Namen Scala Theater firmierte, umbauen. Vor allem bühnentechnisch kam es in dieser Zeit zu großen Veränderungen. Während des Zweiten Weltkriegs gehörte das Theatergebäude im vierten Wiener Gemeindebezirk der nationalsozialistischen Organisation "Kraft durch Freude“ an. Mit Kriegsende fiel das Theatergebäude in die Hände der russischen Besatzung. Es gab erneut Kino- und Kabarettvorstellungen sowie Erster-Mai-Feiern. Viele Ensemblemitglieder und Mitarbeiter des Theaters hatten die NS-Zeit im Exil überlebt, einige als Mitglieder des Züricher Schauspielhauses. Theaterleiter Rudolf Beer hatte sich, nachdem er verhaftet und schwer misshandelt worden war, im Mai 1938 das Leben genommen.
Wiedereröffnung 1948
Eine zentrale Rolle in der Renaissance des Theaters spielte der österreichische Theaterschauspieler Karl Paryla sowie der ehemalige Kulturstadtrat Viktor Matejka, der als Schlüsselfigur im Wiederaufbau des Kulturlebens im Nachkriegswien gilt. Aufgrund seiner linken Gesinnung konnte Paryla nach eigenen Aussagen ohne Probleme die russischen Besatzer von der Neuübernahme des Theaters in ihrer Zone überzeugen. Bereits am 17. Februar 1946 schrieb Paryla an Viktor Matejka – der selbst KPÖ-Mitglied war – einen Brief mit dem Vorschlag, ein "Demokratisches Theater“ in Wien zu etablieren. Am 16. September 1948 wurde das Neue Theater in der Scala unter Anwesenheit des damaligen Bürgermeisters Theodor Körner schließlich eröffnet, es verfügte über 1.200 Sitzplätze. Die erste Aufführung in der neueröffneten Scala war Johann Nestroys Höllenangst. Zum festen Ensemble der Scala Wien zählten unter anderem Karl Paryla, Otto Tausig, Therese Giehse und Wolfgang Heinz. Arnolt Bronnen und Bertolt Brecht wirkten als Autoren für das Theater. Die Scala war das einzige Wiener Theater, das zwischen 1953 und 1963 während des Wiener Brecht Boykotts, dessen Werke weiterhin aufführte.
Kritik und Abriss
Aufgrund seiner ideellen Nähe zur Sowjetunion stand das Theater unter der Kritik, "kommunistische Tendenzstücke“ aufzuführen. Diese Vorwürfe kamen vor allem von der konservativen und sozialdemokratischen Presse. Nach dem Abzug der Besatzungsmächte im Jahr 1956 blieb auch die bis dahin aktive Förderung durch die KPÖ aus und das Theater musste schließen. 1959/60 wurde es nach langer Diskussion als "erstes Opfer" des Wiener Theatersterbens abgerissen und 1978 durch einen Wohnhausbau (August-Bergmann-Hof) ersetzt. Das Wiener Stadttheater und das Wiener Bürgertheater sollte später das gleiche Schicksal ereilen. Das ehemalige Ensemble der Scala fand zum Großteil eine neue Heimat im Berliner Ensemble.
Quellen
- Wiener Stadt- und Landesarchiv, M.Abt. 104, A8: 20 - Johann-Strauß-Theater; Scala
- Wiener Stadt- und Landesarchiv, Fachverband der Lichtspieltheater, A1: 188 - Scala
- Wien Museum Online Sammlung: hochauflösende Abbildungen zum Scala-Theater
Literatur
- Carmen-Renate Köper: Ein unheiliges Experiment. Das Neue Theater in der Scala (1948 - 1956). Wien: Löcker 1995
- Franz Hadamowsky: Wien – Theatergeschichte. Von den Anfängen bis zum Ende des Ersten Weltkriegs. Wien [u.a.]: Jugend & Volk 1988, S. 770 ff. und Register
- Wikipedia: Scala Wien [Stand: 17.08.2023]
- Austria-Forum: Scala Wien [Stand: 17.08.2023]