Stadtplan, Kanalisation (1739)
Der 1739 gezeichnete Stadtplan zeigt die damalige Stadt innerhalb der Festungswerke mit Einzeichnung der ersten Kanalisationsleitungen. Hierbei handelt es sich um den ältesten Plan der Wiener Kanalisation. Er wird in der Literatur gerne als Beleg angeführt, dass Wien innerhalb der Stadtbefestigung bereits 1739 über eine vollständig ausgebaute Kanalisation verfügte.
In der Legende des Plans findet sich jedoch kein Hinweis auf die Kanalisation. Vielmehr wird die Darstellung der Stadtbefestigung mit all ihren Elementen wie Glacis, Basteien und Ravelins hervorgehoben. Weiters werden die "vornembsten" Gebäude benannt, wie etwa Kirchen, Palais und herrschaftliche Höfe.
Der Kartenzeichner, Ingenieur Joseph Reichenberger, findet sich für die Jahre 1740 bis 1746 als Grundbuchsregistrator im Personalstand der Stadt Wien. In der Kartographischen Sammlung des Wiener Stadt- und Landesarchivs lassen sich zehn von ihm signierte Pläne nachweisen und zwar in einem Zeitraum zwischen 1736 und 1741. Sein Werk umfasst neben dem vorliegenden Stadtplan Detailpläne von Gründen, vor allem entlang des Linienwalls.
Historische Einordnung
Der Kanalisationsplan von 1739 wird oft in Zusammenhang mit dem Senkgrubenerlass 1706 gebracht. Während des "Baubooms" nach der Zweiten Türkenbelagerung 1683 wurden viele neue Häuser errichtet, die zu einem großen Teil bereits an die Straßenkanalisation angeschlossen wurden. Die meisten älteren Häuser sammelten ihre Abwässer jedoch in Senkgruben, die mehr oder weniger regelmäßig geräumt werden mussten. Im Senkgrubenerlass von 1706 legte Kaiser Joseph I. fest, dass die Entleerung ausschließlich im Winter und jährlich zu erfolgen habe. Weiters wurden in dem Erlass alle Hausbesitzer dazu aufgefordert, ihre Abtritte an das Kanalsystem anzuschließen, dessen Ausbau in Aussicht gestellt wurde.
Der Plan wird oft als Beleg dafür herangezogen, dass Wien um 1739 tatsächlich über ein ausgebautes Kanalisationssystem verfügte. Da der Plan selbst wohl nicht als Kanalisationsplan erstellt wurde, sondern diese erst später in denselben hineingezeichnet wurde, lässt sich die Datierung so nicht aufrecht erhalten. Es ist aber davon auszugehen, dass die Einzeichnung der Kanalisation zeitnah erfolgte und somit wohl tatsächlich jener Ende der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts entspricht.
Siehe auch:
- Kanal
- Kanalisation
- Kanalisation im Mittelalter
- Kanalisation von 1683 bis 1830
- Kanalisation im 19. Jahrhundert
- Kanalisation (Karten)
- Senkgruben