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Die Schwechater Brauerei (Mautner Markhof-Straße 11, früher Alanovaplatz 5 [1956-2007] und Brauhausstraße 6-8 [1632-1956], Schwechat, Niederösterreich) wurde 1632 gegründet und stieg unter der Familie Dreher im 19. Jahrhundert zur größten Brauerei auf dem europäischen Kontinent auf. Seit 1978 ist sie im Besitz der Brau Union Österreich AG, welche die Biermarke Schwechater Bier bis heute vermarktet.
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Anfänge
Die Schwechater Brauerei liegt in Schwechat im Dreieck zwischen der Brauhausstraße, der Mautner Markhof Straße und der Wiener Straße. Schon am Ende des 16. Jahrhunderts waren in der Gegend drei Kleinbrauereien in Betrieb. 1632 wurde die Brauerei Klein-Schwechat gegründet, die rasch zu einem führenden Brauhaus avancierte, die bestehenden Brauereien übertraf, und diese später übernahm und integrierte. Bekannteste Besitzer der Brauerei an der Wende des 17. zum 18. Jahrhunderts war die Familie Zaglauer von Zahlheimb, die sie Heinrich Graf Blümegen abtreten musste. Dieser errichtete das heute noch bestehende Wohn- und Direktionsgebäude in der Schwechater Brauhausstraße und den maria-theresianischen Pavillon im alten Brauereigelände, der Zentrum eines kleinen Lustgartens war. Sein Sohn verkaufte die damals kleinste Schwechater Brauerei 1796 dem aus Württemberg stammenden Franz Anton Dreher, der im Bürgerspital-Brauhaus in der Leopoldstadt sehr erfolgreich gewesen war. Dreher verpachtete die Brauerei seinem Neffen Johann Nepomuk Dreher.
Anton Dreher der Ältere
Nach dem Tod von Franz Anton Dreher 1820 führte seine Witwe Katharina Dreher (geborene Widter; 1786-1864) die Brauerei in Schwechat bis zur Übernahme des Betriebs durch ihren Sohn Anton Dreher dem Älteren 1836. Dreher der Ältere läutete ungefähr zeitgleich mit Adolf Ignaz Mautner eine Revolution im Brauwesen ein, indem er in Österreich die Erzeugung des untergärigen Lager-Biers einführte, das er auf Studienreisen in England und Deutschland kennengelernt hatte. Er machte die Brauerei Schwechat in weiterer Folge zur größten des Kontinents.
1842 entstanden in Schwechat die ersten großen Lagerkeller. Die Kühlung erfolgte zuerst mit Eis, später wurden die erste in einer Brauerei arbeitende Dampfmaschine und unter seinem Sohn die erste Kühlmaschine von Carl von Linde aufgestellt, die heute im Technischen Museum und einem Museum in Regensburg stehen. Dreher der Ältere begann mit der Expansion in die Nachbarländer und es gab ab 1865 drei Zweigbrauereien in Michelob (Böhmen), Steinbruch (Ungarn) und Triest. Der Name Dreher blieb bis heute in Oberitalien und Ungarn als Bier-Marke erhalten. Außerdem erwarb er im Raum Schwechat zahlreiche Liegenschaften, die er als Nebenbetriebe der Brauerei führte.
Anton Dreher der Jüngere
Drehers Sohn Anton Dreher der Jüngere übernahm nach dem Tod seines Vaters (1863) den Betrieb, doch stand er bis 1870 unter der Vormundschaft des von seinem Vater eingesetzten Rechtsanwalts (und ab 1868 Bürgermeisters) Dr. Cajetan Felder. Die Brauerei wurde bis 1870 von einer Interimsdirektion geführt, der neben Felder auch Franz Aich sen. und August Deiglmayer angehörten[1]. Anton Dreher der Jüngere heiratete 1870 Katharina Meichl, die Tochter von Theodor Karl Meichl, Besitzer der Simmeringer Brauerei und erweiterte den Betrieb beträchtlich vor allem durch eine Fortsetzung der Expansion in Europa und den Export nach Übersee bis Japan und Australien.
Dreher der Jüngere erwarb in Niederösterreich, Böhmen und Mähren (Saaz und Brumow) sowie in Ungarn (im Raum Budapest) einen großen Grundbesitz im Ausmaß von 57.000 Hektar. Außerdem legte er in allen österreichischen Kronländern sowie in zahlreichen europäischen Städten Bierdepots an und besaß dort auch Bierrestaurants, die er verpachtete. In Wien gab es im Palais Dreher gegenüber der Hofoper (wo sich auch die Bürgermeisterwohnung von Cajetan Felder befand), im Dreher-Hof auf der Landstraße und im Dreher-Park mit der Katharinenhalle nächst Schloss Schönbrunn (meist Weigls Dreher Park genannt) große Bierlokale[2]. Er war auch erfolgreich bei den meisten Weltausstellungen des 19. Jahrhunderts mit seinem Bier vertreten. Die Brauerei zeichnete sich als Pionier im Eisenbahnwesen aus, indem sie die Dreher-Bahn betrieb, und war auch in der Elektrifizierung führend. Ein beeindruckendes Beispiel hierfür ist die 1906 errichtete Diesel-Zentrale, die als Gebäude bis heute erhalten geblieben ist. Gleichzeitig waren die Bedingungen für die Arbeiterinnen und Arbeiter in der Schwechater Brauerei ab 1870 im Vergleich mit anderen Brauereien besonders prekär[3].
1905 wandelte Dreher der Jüngere seine Brauerei in eine Aktiengesellschaft um, bei der neben ihm auch seine drei Söhne Anton III., Theodor und Eugen Aktien besaßen. Bis zu diesem Zeitpunkt galt seine Brauerei als die größte auf dem europäischen Festland, wobei nur die Guinness-Brauerei aus Großbritannien und Irland eine größere Dimension aufwies. 1913 erfolgte ein Zusammenschluss seiner Aktiengesellschaft mit der Brauerei St. Marx von Victor Mautner Ritter von Markhof und der Simmeringer Brauerei von Georg II. Meichl. Die Aktien der „Vereinigte Brauereien Schwechat, St. Marx, Simmering - Dreher, Mautner, Meichl AG" befanden sich im Verhältnis 4:2:1 im Besitz der Familien Dreher, Mautner Markhof und Meichl. In der Zwischenkriegszeit wurde mit der Hütteldorfer Brauerei und der Jedleseer Brauerei, nach dem Zweiten Weltkrieg mit der Nußdorfer Brauerei fusioniert.
Übernahme durch die Familie Mautner Markhof
Anton Dreher der Jüngere starb 1921, seine beiden Söhne Anton III. und Theodor 1925 beziehungsweise 1914. Da sein dritter Sohn Eugen die Dreher-Unternehmungen in Ungarn führte und die geerbten Aktien 1926 an ein Bankenkonsortium unter der Führung der Creditanstalt verkaufte, besaß dieses Konsortium bis 1935 die Aktienmehrheit an den Vereinigten Brauereien. 1935 gelang es der Familie Mautner Markhof die Aktienmehrheit von den Banken zu übernehmen und sie wieder als Brauerei Schwechat weiterzuführen. Um die Finanzierung zu ermöglichen, wurde die Brauerei zum St. Georg aufgelassen[4]. Während des Zweiten Weltkriegs erlitt die Schwechater Brauerei durch 78 Bombentreffer große Schäden. Der Wiederaufbau wurde 1956 mit dem Bau eines neuen Sudhauses abgeschlossen. In den 1950er bis 1960er Jahren erlebte die Brauerei unter Manfred I. Mautner Markhof eine weitere Blütezeit. Wieder bewies sie ihre Führungsrolle in der Brauwirtschaft durch die Einführung neuer Behältnisse (Europaflasche, Kunststoffkisten, Alufässer), durch neue Produktinnovationen und zahlreiche erfolgreiche Marketingaktionen. So sponserte sie mit dem Fußballverein Austria Wien den Spitzensport und ihr Logo, das stilisierte Bierglas („Ein Glas voll Schwung“), war jahrzehntelang auf der Spitze des Donauturms sichtbar[5]. Das Unternehmen wies zahlreiche soziale Einrichtungen auf (Wohnhausanlage, Betriebsarzt, Erholungsstätten).
Übernahme durch die Brau AG
1978 wurde die Aktienmehrheit von der Brau AG (heute Brau Union Österreich AG) übernommen, die Familie Mautner Markhof blieb ein Großaktionär des neuen Eigentümers. In den nächsten Jahren wurden zahlreiche Synergiemaßnahmen gesetzt, das alte Brauereigelände aufgegeben und eine völlig neue Brauerei im Westen des alten Geländes geschaffen, das in der Folge Wohnhausanlagen wich. Diese werden von der Brauerei aus der Gärwärme mit Heizung und Warmwasser versorgt.
2003 übernahm der Heineken-Konzern die Aktienmehrheit an der nunmehrigen Brau Union. Die Familie Mautner Markhof verkaufte ihren Aktienanteil und schied aus dem Brauereigeschäft aus. 2012 wurde der 48 Meter hohe Kamin des Heizkraftwerkes mit 15 Kilogramm Sprengstoff gesprengt. Die moderne Brauerei hat im neuen Konzern vor allem die Rolle als einer der größten Bierdosen-Abfüller Europas übernommen, setzt aber auch Innovationen in der Klimatechnik und braut seit 2016 in Gedenken an Anton Dreher nach seinem Rezept wieder ein „Wiener Lagerbier“.
Siehe auch:
- Kleinbrauereien in der Stadt Schwechat
- Kleinbrauereien im Bezirk Schwechat
- Brauhaus St. Marx
- Simmeringer Brauerei
- Dreher (Familie)
- Mautner-Markhof
- Meichl (Familie)
- Mautner Markhof (Unternehmen)
- Vereinigte Brauereien
- Brauherrenverein
Quellen
- Wiener Stadt- und Landesarchiv, Handelsgericht, B74: Handelsregister E 3/98 - Anton Dreher (1863-1868)
- Wiener Stadt- und Landesarchiv, Handelsgericht, B74: Handelsregister E 10/61 - Anton Dreher (1869-1883)
- Stadt- und Landesarchiv, Handelsgericht, B74: Handelsregister E 22/468 - Anton Dreher (1883-1891)
- Wiener Stadt- und Landesarchiv, Handelsgericht, B74: Handelsregister E 26/131 - Anton Dreher/Gross- und Kleinschwechater Brauhaus Anton Dreher (1891-1897)
- Wiener Stadt- und Landesarchiv, Handelsgericht, B74: Handelsregister E 32/25 - Gross- und Kleinschwechater Brauhaus Anton Dreher (1898-1932)
- Wiener Stadt- und Landesarchiv, Handelsgericht, B75: Handelsregister Ges 60/34 - Anton Drehers Brauereien Aktiengesellschaft; Anton Drehers Brauereien A.G.; Vereinigte Brauereien Schwechat St. Marx, Simmering Dreher, Mautner, Meichl, Aktiengesellschaft; Societe anonyme des brasseries réunies Schwechat, St. Marx, Simmering Dreher, Mautner, Meichl (1905-1913)
- Wiener Stadt- und Landesarchiv, Handelsregister, B75: Handelsregister Ges 63/242 - Vereinigte Brauereien Schwechat, St. Marx, Simmering - Dreher, Mautner, Meichl, Aktiengesellschaft (1913-1927)
- Wiener Stadt- und Landesarchiv, Handelsgericht, B77: Handelsregister B 20/212 - Vereinigte Brauereien Schwechat, St. Marx, Simmering - Dreher, Mautner, Meichl Aktiengesellschaft; Vereinigte Brauereien Schwechat, St. Marx, Simmering, Hütteldorf - Dreher, Mautner, Meichl Aktiengesellschaft; Mautner Markhof Brauerei Schwechat A.G.; Mautner Markhof Brauerei Schwechat Aktiengesellschaft (1927-1939)
Literatur
- Johann Ableidinger: Geschichte von Schwechat. Schwechat: Verlag der Stadtgemeinde Schwechat 1929
- Heinrich Berg / Karl Fischer: Vom Bürgerspital zum Stadtbräu. Wiener Geschichtsblätter Beiheft 3/1992
- 325 Jahre Brauerei Schwechat. Festschrift. Schwechat: Selbstverlag der Brauerei Schwechat 1957
- Adolf Eszöl: Zeitgeschichtliches Archiv der Stadt Schwechat, unveröffentlichte Beiträge und zahlreiche Beiträge in den Schwechater Museumsnachrichten und in der Rundschau des Bezirks Bruck an der Leitha
- Cajetan Felder: Erinnerungen eines Wiener Bürgermeisters. Wien: Forum Verlag 1964
- Thomas Hofmann /Beppo Beyerl: Wiener Vergnügungen. Die Stadt von gestern. Wien-Graz: Styria Verlag 2019
- Ferdinand Krepp/Wolfgang Petzelbauer: Geschichte der Brauerei Schwechat 1926-1987. Schwechat: Selbstverlag der Brauerei Schwechat 1987
- Alfred Paleczny / Christian M. Springer / Andreas Urban: Die Geschichte der Brauerei Schwechat. Von den Bierbaronen Dreher und Mautner Markhof in die Gegenwart. Wien: Böhlau Verlag 2021
- Alfred Paleczny: Die Wiener Brauherren. Das goldene Bierjahrhundert. Wien: Löcker Verlag 2014, S. 15-84
- Josef Promintzer: Dreihundert Jahre Brauhaus Schwechat. Vergangenheit und Gegenwart der größten Brauerei Österreichs. Wien: Eigenverlag der Vereinigten Brauereien 1932
- Josef Promintzer (Text), Michael Engelhart (Gestaltung): Schwechater Lager. Hoppenstedt, Berlin 1941
- Christian Springer / Alfred Paleczny / Wolfgang Ladenbauer: Wiener Bier-Geschichte. Wien-Köln-Weimar: Böhlau Verlag 2017, 187-218
- Doris Reschenhofer: Die Marke „Schwechater Bier“. Diplomarbeit. Wirtschaftsuniversität Wien, Wien 2012
- Lucia Welzl: Anton Dreher und Adolf Ignaz Mautner von Markhof. Diplomarbeit. Universität Wien, Wien 1987
Referenzen
- ↑ Cajetan Felder: Erinnerungen eines Wiener Bürgermeisters. Wien: Forum Verlag 1964, S. 79-96.
- ↑ Thomas Hofmann /Beppo Beyerl: Wiener Vergnügungen. Die Stadt von gestern. Wien-Graz: Styria Verlag 2019, S.172-179.
- ↑ Alfred Paleczny / Christian M. Springer / Andreas Urban: Die Geschichte der Brauerei Schwechat. Von den Bierbaronen Dreher und Mautner Markhof in die Gegenwart. Wien: Böhlau Verlag 2021, S. 97f.
- ↑ Alfred Paleczny / Christian M. Springer / Andreas Urban: Die Geschichte der Brauerei Schwechat. Von den Bierbaronen Dreher und Mautner Markhof in die Gegenwart. Wien: Böhlau Verlag 2021, S.183-185.
- ↑ Alfred Paleczny / Christian M. Springer / Andreas Urban: Die Geschichte der Brauerei Schwechat. Von den Bierbaronen Dreher und Mautner Markhof in die Gegenwart. Wien: Böhlau Verlag 2021, S.214-216.