Hilde (Hildegard) Sochor, * 5. Februar 1924 Wien, † 31. Mai 2017 Wien, Schauspielerin.
Biografie
Hilde Sochor kam als Tochter eines Tierarztes zur Welt. Sie wuchs mit Mutter und Großmutter sowie zwei Schwestern auf und besuchte das Gymnasium in der Wenzgasse im 13. Bezirk. Nach der Matura begann sie, Publizistik, Theaterwissenschaft und Germanistik zu studieren, das Studium schloss sie mit dem Doktorat 1948 ab (Dissertationsthema: "Der Einfluß des Films auf die Zeitgestaltung der modernen Dramatik"). Als Studentin nahm Sochor am Konservatorium Prayner Schauspielunterricht bei Leopold Rudolf und Wolfgang Heinz, auch die Schauspielprüfung legte sie 1948 ab.
Noch im selben Jahr debütierte sie an den Wiener Kammerspielen, als sie die Rolle der Franzi in Lernet-Holenias "Parforce" spielte. 1949 wurde sie von Direktor Barnay ans Volkstheater engagiert. Ihre Antrittsrolle war die Annerl in Anzengrubers "Pfarrer von Kirchfeld" mit Hans Jaray als Partner. Im Volkstheater spielte sie zunächst Anzengruber, Nestroy und Raimund. Sie gastierte auch in Deutschland, zum Beispiel in Düsseldorf im Jahr 1953 mit einer Rolle in "Der Alpenkönig und der Menschenfeind" unter der Regie von Gustaf Gründgens.
Später gelang Hilde Sochor der Übergang zu den großen Volksstück-Rollen österreichischer Autoren und ebenso zu Brecht, Ibsen, Hauptmann, Wedekind und Ferdinand Bruckner. Unter anderem spielte sie Brechts "Mutter Courage" (1962), die Frau John in Hauptmanns "Ratten" (1967) und Schönherrs "Frau Suitner". Weiters konnte man Hilde Sochor im Volkstheater in Stücken wie "Das Konzert", "Herr Puntila und sein Knecht Matti", "Der Sarkophag", "Weiningers Nacht" (zusammen mit ihrem Sohn Paulus Manker) oder "Was ihr wollt" sehen. Beim Stück "Lila" von Kerstin Specht, das 1993 im Volkstheater herauskam, zeichnete sie für die Regie verantwortlich.
In den letzten Jahren wirkte Sochor in Oscar Wildes "Bunbury" (Lady Bracknell), am Wienerliedabend "Ohne Geld ka Musi" sowie als Großmutter in Ödön von Horváths "Geschichten aus dem Wiener Wald" mit. 1999 war sie als Fräulein Dr. Mathilde von Zahnd in Dürrenmatts "Die Physiker" zu sehen, weiters als Maria in Turrinis "Josef und Maria", als Anna in Kerstin Spechts "Amiwiesen" und als Fräulein Tesmann in Ibsens "Hedda".
Große Erfolge waren die deutschsprachige Erstaufführung von "Grace & Glorie" von Tom Ziegler sowie "Späte Gegend" von Lida Winiewicz. 2006 spielte Sochor unter der Regie von Michael Schottenberg in "Cabaret" die Zimmervermieterin Frl. Schneider. Am Volkstheater war sie 2007 mit ihrem Soloabend "Ich bin ein Kind der Stadt" zu sehen.
Hilde Sochor trat danach auch im Wiener Rabenhof auf und gab die Mörderin Elfriede Blauensteiner in "Österreich's größte Entertainer". In Werner Schwabs "Seele brennt!" wirkte sie zusammen mit Christoph Grissemann und Dirk Stermann.
Bis 1993 leitete sie die von ihr mitbegründete Schauspielschule des Volkstheaters. Hilde Sochor, die mit dem 1988 verstorbenen Volkstheaterdirektor Gustav Manker verheiratet war, wirkte auch in verschiedenen TV-Produktionen mit, so in diversen Folgen von "Familie Leitner" (1958–1967), "Hallo, Hotel Sacher ... Portier" (1973–1976) oder in "Der letzte Mord" aus der "Tatort"-Serie (1987). 2008 begeisterte Sochor im Kinofilm "Echte Wiener − Die Sackbauer-Saga" in der Rolle der Frau Horak das Publikum.
Als eine der profiliertesten Figuren des Wiener Volkstheaterensembles (bis 1996) wurde Sochor am 22. Februar 1978 mit dem "Goldenen Verdienstzeichen des Landes Wien" ausgezeichnet. Der Berufstitel "Professor" verlieh man ihr mit Entschluss vom 5. Juli 1983 am 26. Jänner 1984, im Jahr 1989 wurde Hilde Sochor auch Kammerschauspielerin. Außerdem erhielt sie 1989 den Nestroy-Ring der Stadt Wien, 1990 den Sonderpreis des Karl-Skraup-Preises und 1991 den Karl Skraup-Preis, im Jahr 2000 die Ehrenmedaille der Bundeshauptstadt Wien in Gold, 2004 das Goldene Ehrenzeichen für Verdienste um das Land Wien und 2008 schließlich den Nestroy-Theaterpreis für ihr Lebenswerk.
Zu Hilde Sochors 80. Geburtstag 2004 drehte Paulus Manker auf der Grundlage eines Textes von Werner Schwab eine Dokumentation über seine Mutter: "Das Leben brennt heut' wieder sehr!" 2012 veröffentlichte der Amalthea-Verlag unter dem Titel "Kinder, Küche, Bühne" Sochors Biografie, die von Barbara Lipp aufgezeichnet wurde.
2021 wurde der Hilde-Sochor-Park nach der Schauspielerin benannt.
Literatur
- Hilde Sochor: Kinder, Küche, Bühne. Ein Leben in Bildern und Anekdoten. Mit einem Verzeichnis der Theaterrollen, Regiearbeiten sowie der Preise und Auszeichnungen. Aufgezeichnet von Barbara Lipp. Wien: Amalthea 2012