48° 12' 16.77" N, 16° 22' 23.64" E zur Karte im Wien Kulturgut
Ursulinenkloster (mit Ursulinenkirche; 1., Johannesgasse 8, Seilerstätte 26; Konskriptionsnummer 979).
Vorgängergebäude
Auf der 4398 Quadratmeter großen Fläche des späteren Ursulinenklosters befanden sich ursprünglich acht Objekte. Während die Häuser A bis G in der Johannesgasse lagen (G war das Eckhaus), befand sich H in der Seilerstätte.
Haus A
Dieses Haus grenzte an den Kleinmariazeller Hof (Johannesgasse 6) und wird 1469 erstmals urkundlich erwähnt. Zu diesem Zeitpunkt war es jedoch abgebrannt, wurde aber bald wieder aufgebaut. In der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts fiel ein Hausanteil den Mitbesitzern zu, da dessen Eigentümer "über die gebräuchlichen Jahre" außer Landes blieb. Laut dem Suttinger-Plan gehörte es 1684 Dr. Johann Gabriel von Selb, der 1673 Dekan der juridischen Fakultät war. Zwischen 1684 und 1686 ging es als eines der letzten Gebäude im Komplex des Ursulinenklosters auf.
Haus B
Da dieses Gebäude ein Freihaus war, gibt es hier nur die in den Hofquartierbüchern (siehe Hofquartierwesen) des 16. Jahrhunderts verzeichneten Daten. 1663 wurde es von seinem damaligen Besitzer Johann Ernst Graf von Schärffenberg dem Ursulinenkloster übergeben (das an die Rückseite dieses Gebäudes grenzende und ebenfalls Johann Ernst Graf von Schärffenberg gehörende Haus [Stadt 986; Annagasse 9] kam wohl auch 1663 in den Besitz des Klosters, es blieb jedoch besitzrechtlich von diesem getrennt und wurde seit damals von den Ursulinen als Zinshaus genutzt).
Haus C
Dieses Haus tritt an der Wende vom 15. zum 16. Jahrhundert erstmals urkundlich in Erscheinung, da es damals wegen nicht bezahlter Steuern in das Eigentum der Stadt kam, die es 1501 verkaufte. 1634 musste es wegen erneuter Steuerschulden und Baufälligkeit versteigert werden. Der Hofkammerrat Johann Ludwig Graf von Starhemberg auf Schönbühel erwarb es mit Kaufvertrag vom 12. Mai 1666. Von ihm kam es in den Besitz der Ursulinen.
Haus D
Die ersten bekannten Eigentümer dieses Objekts waren der Dechant und das Kapitel des Stephansdomes. Im 16. Jahrhundert kam es in Privatbesitz und wurde 1595 besitzrechtlich in zwei Teile geteilt. 1666 kamen beide in den Besitz von Johann Ludwig Graf von Starhemberg, der sie dem Kloster überließ.
Haus E "Zum roten Löwen"
1445 wird dieses Gebäude erstmals urkundlich erwähnt. Der Bürgermeister Stefan Tenk erbte 1543 gemeinsam mit seinen Geschwistern eine Haushälfte. Zu dieser Zeit gehörten zum Haus auch ein Stadel und ein Garten. Frühestens 1670 erwarb es Maria Felicitas von Auersperg, die selbst in das Kloster St. Ursula eintrat und so das Haus in dessen Besitz brachte.
Haus F
Die erste urkundliche Erwähnung dieses Hauses stammt aus dem Jahr 1446. In der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts wurde Haus G von diesem Objekt abgespalten. 1685 kauften die Klosterfrauen zu St. Ursula Haus F.
Haus G
Dieses 1572 vom Haus F abgespaltene Objekt lag an der Ecke Johannesgasse/Seilerstätte. Zu Beginn des 17. Jahrhunderts war sein damaliger Eigentümer gezwungen, es zu verkaufen, da er sich "ledigen Standes in das Kriegswesen begeben" musste. Im Jahr 1681 wurde es vom Ursulinenkloster erworben.
Haus H
Haus H war ursprünglich ein Stadel, der zum Haus G gehörte. Dessen Besitzerin verkaufte Haus G im Jahr 1606, behielt aber den Stadel samt Garten. Später wird er als Haus bezeichnet, das jedoch wegen Baufälligkeit versteigert werden musste. Ab 1639 gehörte es dem späteren Bürgermeister Johann Georg Dietmayr, von dem es 1643 Johann Wilhelm von Mannagetta erwarb. Nach zwei weiteren Besitzerwechseln kam es frühestens 1684 in das Eigentum des Klosters St. Ursula.
Ursulinenkloster
Gründung des Wiener Klosters
Kaiserin Eleonore, die Witwe Ferdinands II. holte die ersten Ursulinen gegen Mitte des 17. Jahrhunderts nach Wien. Am 20. Mai 1660 erhielten diese in Lüttich den Abreisebefehl nach Wien mit der Versicherung, dass die Kaiserin 400 Taler für den Lebensunterhalt von sechs Nonnen bestimme und die Stände 8.000 Gulden zum Ankauf eines Hauses gäben. Dem Brief waren ein Reisepass und ein Wechsel auf 200 Dukaten Reisegeld beigelegt. Bereits am 18. Juni dieses Jahres erfolgte die Abreise unter der Führung von Mutter Alexia. Am 18. Juli trafen die Nonnen in Prag ein, von wo aus sie ihre Reise erst am 10. August fortsetzten, nachdem sie von Wien aus zur Eile gemahnt wurden. Sechs Tage später kamen sie in Wien an, wo ihnen zwei Hofwagen bis zu den Donaubrücken entgegengeschickt wurden, die sie in die Dorotheergasse brachten. Drei Jahre mussten die Nonnen dort in einem für sie bestimmten bescheidenen Haus wohnen, bis sie vom Grafen Schärffenberg ein Haus in der Johannesgasse (Haus B) um 14.300 Gulden kaufen konnten. Die Kaiserin sorgte dafür, dass die Landstände den versprochen Betrag von 8.000 Gulden bezahlten.
Errichtung des Klostergebäudes
Am 14. August 1663 bezogen die Nonnen ihr neues Haus, das am Tag danach eingeweiht wurde. Ursprünglich diente ihnen ein Raum als Kapelle, der später um zwei Zimmer erweitert wurde, doch blieb der Wunsch nach einer eigenen Kirche. Gräfin Collalto, die Tochter des Fürsten Annibale Franz Maria Gonzaga, gab als erste 1.000 Gulden für deren Bau, woran sie die Bedingung knüpfte, dass dort ein Altar zu Ehren des heiligen Franz de Paula errichtet werden müsse. Laut einer 1860 erschienen Monographie (siehe Literatur) konnte im Juli 1665 ein Nachbargebäude um 850 Gulden angekauft werden, das man abbrach. Für August war die Grundsteinlegung für die Kirche vorgesehen, doch stand nun die Notwendigkeit einer Schule und eines Noviziats im Vordergrund, sodass man ein weiteres Objekt ankaufte, das man ab dem 26. Juni 1666 dazu umbauen und auf den freien Bauplatz erweitern konnte. Dies widerspricht allerdings den Grundbucheintragungen.
Da die Nonnen des Klosters St. Jakob auf der Hülben auf dem Nachbargrundstück Stadt 987 (Seilerstätte 28, Annagasse 11; siehe Zur schwarzen Katze) einen Stadel besaßen und daran Schäden befürchteten, erwirkten sie beim Stadtrat einen Baustopp, der aber nach einer kommissionellen Begehung aufgehoben wurde. Durch den Klostereintritt von aus bedeutenden Familien stammenden Frauen (zum Beispiel Gräfin von Salberg, Eleonore von Lasberg oder Maria von Heyberg) war das Kloster zu Vermögen gekommen, mit dem es nun die Starhembergschen Häuser (C und D) 1666 und 1669 um 6.520 Gulden erwerben konnten. 1675 wurde das Haus "Zum roten Löwen" (E) um 2.900 Gulden und 1685 die Häuser F und G um 2.700 Gulden und 100 Dukaten Leitkauf erworben. Nach 1684 kam noch das Haus A in das Eigentum des Klosters, wobei die Art der Erwerbung unklar ist. Als letztes Gebäude wurde 1686 Haus H dem Kloster geschenkt.
Da das Haus F mit der Hofquartierpflicht belastet war, suchte die Nonnen um Befreiung an. Obersthofmeister Ferdinand Fürst von Schwarzenberg, der das Ansuchen begutachten musste, beantragte daraufhin die Aufhebung dieser Pflicht durch eine Geldabfindung. Mit kaiserlicher Entschließung vom 6. Februar 1692 wurde dem Antag stattgegeben.
Am 21. Oktober 1673 erfolgte die Grundsteinlegung zur Kirche, die 1675 eingeweiht werden konnte. Nach deren Fertigstellung wurden im Jahr 1700 die Häuser F, G und H für Schulen und Pensionat adaptiert. Bis dahin diente das Haus B zu Parlatorien, für Kostgängerinnen und zur Wohnung des Beichtvaters und das das Haus A als Hausapotheke (siehe Ursulinenapotheke) und Waschhaus. Außerdem waren in Haus A die Zellen der Nonnen eingebaut worden. Die Gebäude waren aber in so baufälligem Zustand, dass der Aufenthalt darin lebensgefährlich schien. Obwohl dem Kloster viele Zuwendungen zuflossen, reichte das Geld nicht zur durchgreifenden Sanierung der Gebäude.
Neubau des Konventsgebäudes
1734 erhielten die Nonnen für drei Monate die Erlaubnis, in Wien und im Erzherzogtum Österreich Almosen und Beisteuern zu sammeln. Durch den Erfolg dieser Sammlung war das Kloster nun in der Lage, mit dem Bau des Konventgebäudes beginnen zu können. Anton Erhard Martinelli leitete die Bauarbeiten, die 1745 abgeschlossen werden konnten, ehrenamtlich, teils da seine Tochter Maria Theresia Nonne in diesem Konvent war, teils da das Kloster finanzielle Schwierigkeiten hatte. Das drei Stockwerke hohe Gebäude weist die Form eines regelmäßigen Vierecks auf, enthält breite Stiegen und helle Gänge. Es ist mit allen zu einem Kloster gehörenden Räumlichkeiten wie Betchor, Kommunionchor, Gemeindezimmer und Zellen für 60 bis 70 Schwestern versehen. Das Noviziat, das ebenfalls hier Platz fand, wurde jedoch aufgelassen, als der Orden ein Provinzialnoviziat in Linz einrichtete. Die Baukosten beliefen sich auf 84.162 Gulden 21,5 Kreuzer. Da dies weit mehr war, als die Sammlung eingebracht hatte, hatte das Kloster nun wieder hohe Schulden.
19. Jahrhundert
1804 waren die Ursulinen so stark verschuldet, dass sich Fleischhacker, Bäcker und Holzhändler weigerten, den Nonnen das Nötigste zu liefern. Erst als Kaiser Franz I. dem Kloster das unter Joseph II. entzogene Erbrecht zurückgab, konnten die Schulden getilgt werden. Von 1813 bis zu seinem Tod im Jahr 1820 wirkte Clemens Maria Hofbauer in Kirche und Kloster der Ursulinen. An der Ecke Johannesgasse/Seilerstätte wurde später eine Gedenktafel mit einem Reliefporträt des Heiligen angebracht.
Wegen des großen Andranges auf Schule und Pensionat erwarben die Ursulinen am 17. Juli 1857 ein Haus samt Garten in Währing. Um dies bezahlen zu können, wurde das ebenfalls im Eigentum des Klosters stehende Haus Stadt 989 (heute Teil von Seilerstätte 17) verkauft.
20. Jahrhundert
Das Ursulinenkloster, in dem noch 1947 29 Chorfrauen und 19 Laienschwestern wohnten, wurde 1960, nachdem die Nonnen ins neue Haus in Mauer übersiedelt waren, an die Republik Österreich verkauft. Heute dient das Gebäude der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien. Außerdem ist hier eine Außenstelle des Österreichischen Museums für Volkskunde untergebracht.
Literatur
- Paul Harrer-Lucienfeld: Wien, seine Häuser, Menschen und Kultur. Band 5, 2. Teil. Wien ²1956 (Manuskript im WStLA), S. 290-304
- Zwei Jahrhunderte des Ursulinenklosters in Wien 1660-1860. Wien: L. Mayer 1860