Adolf-Loos-Stadtführungen

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Typoskript nach der Mitschrift zur Führung am 13. Dezember 1913
Daten zum Ereignis
Art des Ereignisses Stadtführung
Datum vonDatum (oder Jahr) von 8. November 1913
Datum bisDatum (oder Jahr) bis 21. März 1914
Thema Architektur
VeranstalterVeranstalter Adolf Loos
Teilnehmerzahl
Gewalt Nein
Wien Geschichte WikiIdentifier/Persistenter URL zur Seite  360107
GNDGemeindsame Normdatei
WikidataIDID von Wikidata
Siehe auchVerweist auf andere Objekte im Wiki  Adolf Loos, Bauschule Adolf Loos, Adolf Loos (Portal)
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Letzte Änderung am 9.10.2024 durch WIEN1.lanm08uns
BildnameName des Bildes Mitschrift 13.12.1913 Adolf Loos Stadtführungen.jpg
BildunterschriftInformation, die unterhalb des Bildes angezeigt werden soll Typoskript nach der Mitschrift zur Führung am 13. Dezember 1913

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Die Adolf-Loos-Stadtführungen waren eine an zehn Terminen im Herbst und Winter 1913/14 angebotene Reihe von Architekturführungen von Adolf Loos für seine Schüler sowie für Privatpublikum.

Adolf Loos gründete 1912 eine eigene Bauschule, die in den Räumlichkeiten der von Eugenie Schwarzwald geleiteten Schulanstalten in der Wallnerstraße sowie in Loos' Baukanzlei in der Beatrixgasse im Modenapalais ihren Sitz hatte. Im Rahmen seiner Kurse veranstaltete Loos vom November 1913 bis zum März 1914 an insgesamt zehn Terminen, jeweils samstags von 12:00 – 13:00 Uhr, zwanglose Spaziergänge mit dem Charakter architektonischer und städtebaulicher Führungen. Neben seinen Schülern waren, wie auch bei vielen anderen Kursen der Bauschule, interessierte Laien zugelassen. Diese Führungen reihten sich ein in bereits ältere Exkursionen, die Loos 1907 als "Wohnungswanderungen" veranstaltet hatte. Dabei führte er Privatpersonen durch von ihm selbst gestaltete Wohnungen und Interieurs. Sie zeigen – wie die Stadtführungen – Loos als Lehrer und Erzieher.

In der Adolf-Loos-Sammlung der Wienbibliothek im Rathaus befindet sich ein 22 Blatt umfassendes Typoskript, das ein namentlich nicht bekannter Teilnehmer anhand eigener Notizen zu den Führungen 1913/14 zusammengestellt hat. Die Routen führten von ausgewählten Zielen in der Wiener Innenstadt über die Ringstraße bis hinaus in den vierten Bezirk. Adolf Loos besprach neue, zeitgenössische Gebäude, die er an den immer beispielhaft hervorgehobenen ebenfalls referierten barocken und klassizistischen Bauwerken maß. Dabei versuchte Loos für seine Gäste herauszuarbeiten, wo die aus seiner Sicht beklagenswerten Brüche mit älteren Wiener Bautraditionen lagen und welche Gebäude und Architekten diese mustergültig fortführten und vertraten.

Architektur war bei Adolf Loos untrennbar verbunden mit städtebaulichen Fragen. Diese wurden en passant mitbesprochen und an zahlreichen jüngeren Wiener Realisierungen, wie etwa der Ringstraße, heftig kritisiert. Auch im Städtebau und der Raumplanung erwies sich Loos ganz als Traditionalist. In Zusammenhang mit dem Besuch der Herrengasse und des Karlsplatzes griff Loos mehrfach die barocken Avenuekonzepte aus der Zeit von Kaiser Karl VI. auf, die durch die Anlage der Ringstraße für immer zunichtegemacht wurden. Welch großen Stellenwert diese barocke Tradition vor allem für den Standort der von Loos über alle Maße geliebten Karlskirche hatte, zeigt der zeitgleich mit den Exkursionen entstandene utopische, weil auf dem städtebaulichen Zustand von 1859 aufbauende, Generalregulierungsplan.

Die Zugangsweise, die Loos den Teilnehmern seiner Stadtführungen vermittelte, darf als sehr persönlich und unkonventionell angesehen werden. Obwohl Loos nicht im O-Ton, sondern vermittelt durch einen Zuhörer spricht, wird sein ironischer Grundton, beißender Humor aber ebenso seine verblüffende Kenntnis völlig unscheinbarer Details an Gebäuden offenkundig. Loos trat als unterhaltsamer Gesellschaftsmensch dabei ebenso in Erscheinung wie als messerscharfer Zergliederer architektonischer Trends, deren Ursprünge er wie mit einem Skalpell freilegte. Die Wirkung, die Adolf Loos als Vortragender auf seine Zuhörerschaft ausübte, beschrieb in eindrucksvoller Form der Journalist Robert Scheu in einem Feuilleton:

"[…] Ihm zuzuhören ist ein behexendes Vergnügen. Es fällt niemandem ein zu reden, wenn er spricht. Sobald er das Wort ergreift, ist unwillkürlich alles stumm, aber man fühlt sich nicht unterdrückt, sondern behaglich gewiegt, angenehm gesteigert. Was er redet, sind Explosionen des Lichts; man hat die Einbildung, eigentlich selbst zu denken und rätselhaft gescheit zu sein. In seinem unnachahmlichen Ton graziöser Selbstverständlichkeit- worin es kein Pathos, keine Ranküne, keine Bitterkeit gibt, findet er Antwort auf jede Frage […]"

Als einziges eigenes Werk wurde bei diesen Stadtspaziergängen das für Goldman & Salatsch errichtete Geschäftshaus auf dem Michaelerplatz besprochen. Andere Interieurs, auch wenn der Weg daran vorbeiführen musste, dürften nicht thematisiert worden sein.

Adolf Loos hatte für seine Gäste auch ein Schlechtwetterersatzprogramm anzubieten. Wie aus den in mehreren Wiener Tageszeitungen geschalteten Annoncen hervorgeht, bot Loos an solchen Tagen "Exkursionen in die öffentlichen Gebäude und Sammlungen" an.

Die Arbeit an der Bauschule war kriegsbedingt 1915 zum Stillstand gekommen, wurde jedoch im Herbst 1919 wieder aufgenommen. Die Führungen wurden jedoch nicht wiederholt. Das Exkursionsprogramm dürfte durch eine ausgedehntere Vortragstätigkeit, die an Samstagen um die Mittagszeit angesetzt war, ersetzt worden sein.

Unklar ist, welche Quellen Adolf Loos für die Vorbereitung seiner zum Teil sehr in die Tiefe von Baudaten und Fakten gehenden Führungen verwendete. Einzelne Angaben wie beispielsweise Veränderungen nach Renovierungsarbeiten oder die Mitarbeit von Architekten wie Carl König oder Max Fabiani an Renovierungsprojekten finden sich weder in den gängigen Stadtführern, die zwischen 1900 und 1910 erschienen waren, noch in einschlägigen Fachzeitschriften wie der "Allgemeinen Bauzeitung" bzw. dem "Bautechniker". Sie dürften entweder anderen Ursprungs oder einer Einschätzung von Adolf Loos entstammen.

Auch über die Person des Protokollanten – anzunehmen ist ein männlicher Teilnehmer der Führungen – können derzeit nur vage Andeutungen gemacht werden. Der Schreiber bemühte sich, Loos möglichst im O-Ton wiederzugeben und flocht dessen Sarkasmus, Witz und Esprit ohne Ausweis wörtlicher Zitate in seinen Text ein. Da ihm besonders bei der Niederschrift von Fachausdrücken und Eigennamen auch zahlreiche Fehler unterliefen, die unbemerkt bzw. unkorrigiert im Typoskript stehen blieben, darf ein interessierter Laie als Verfasser angenommen werden. Seinen Bauschülern, bei denen Loos ja eine technische oder architektonische Vorbildung voraussetzte, wären die jeweiligen Begriffe wohl bekannt gewesen.

Zu den Führungen


Anlässlich der 150. Wiederkehr des Geburtstages von Adolf Loos wurden die historischen Stadtführungen von der Wienbibliothek im Rathaus in Zusammenarbeit mit Ralf Bock und dem Verein Architekturerbe im Sommer und Herbst 2022 auf Grundlage der Mitschrift rekonstruiert und wiederholt.

Quellen

Literatur

  • Harald Stühlinger: Adolf Loos als Führer zu Architektur und Städtebau. In: Adolf Loos. Schriften, Briefe, Dokumente aus der Wienbibliothek im Rathaus. Hg. von Markus Kristan, Sylvia Mattl-Wurm und Gerhard Murauer. Wien: Metroverlag 2018, S. 223 f.
  • Burkhardt Rukschcio / Roland Schachel: Adolf Loos. Leben und Werk. Salzburg: Residenz Verlag 1982, S. 187 ff.