Lokalbahn Wien-Baden
Badner Bahn
Die in Wien Badner Bahn genannte Lokalbahn verbindet das Zentrum Wiens mit südlich der Stadt im Nahbereich gelegenen Agglomerationen.
Nachdem erste Pläne für eine Schienenverbindung zwischen dem Wiener Stadtzentrum und den Ziegelöfen im Süden Wiens schon 1860 gemacht wurden, befuhr am 20. Juli 1873 erstmals ein Pferdebahnwagen die heutige Trasse zwischen Leesdorf und Baden, Josefsplatz (eingestellt am 16. Juli 1894). Am 29. September 1886 eröffnete die Neue Wiener Tramway-Gesellschaft (NWT) die Strecke von Wien, Margaretengürtel, nach Wiener Neudorf, wobei jährlich ca. 280.000 Fahrgäste befördert wurden. Am 27. Jänner 1895 erfolgte die Verlängerung der Strecke von Wiener Neudorf nach Guntramsdorf. Am 1. Jänner 1897 übernahm die AG der Wiener Lokalbahnen (WLB), ein bis heute bestehendes Unternehmen, die Betriebsführung der Dampftramwaystrecke Wien-Guntramsdorf.
Die WLB bauten auch das fehlende Streckenstück Guntramsdorf-Baden; am 11. Mai 1899 nahmen die WLB den zweigleisigen elektrischen Betrieb (550 Volt Gleichstrom) zwischen Guntramsdorf und Baden, Leesdorf, beziehungsweise am 19. Mai 1899 bis Baden-Viadukt (Südbahnhof) auf. In Guntramsdorf wechselte die Betriebsform (Dampf/Elektro), und die Fahrgäste mussten dort umsteigen. Nach Übernahme und Elektrifizierung der privaten Tramwaygesellschaften in Wien durch die Gemeinde Wien (1899-1902) wurde den Wiener Lokalbahnen die Mitbenützung der Strecke vom Matzleinsdorfer Platz über die Wiedner Hauptstraße bis zur Oper gestattet; dieses Mitbenützungsrecht besteht bis heute.
Nachdem bereits seit 1. September 1906 die Teilstrecke Guntramsdorf-Leesdorf mit Wechselstrom betrieben worden war, erfolgte am 22. Dezember 1906 die Aufnahme des elektrischen Verkehrs zwischen Wien-Matzleinsdorf und Guntramsdorf. Am 1. Mai 1907 nahmen die Wiener Lokalbahnen den Durchgangsverkehr vom Wiener Stadtzentrum (ab Giselastraße, heute: Bösendorferstraße) nach Baden auf. 1910 beförderte die Badner Bahn jährlich ca. vier Millionen Fahrgäste. Während des Ersten Weltkriegs kam es kurzfristig zum Wiedereinsatz von Dampftramways.
1942 wurde die Gemeinde Wien Hauptaktionärin der Badner Bahn und übertrug ihre Anteile an die Wiener Verkehrsbetriebe. Vom 1. Juli 1942 an führten die WLB auf Kriegsdauer keine Züge mehr bis zur Oper. Durch die alliierten Bombenangriffe auf die Industriegebiete südlich von Wien wurde auch die Infrastruktur der Badner Bahn in Mitleidenschaft gezogen. Ein großer Teil der Gleise wurde beschädigt, der Bahnhof Vösendorf wurde völlig zerstört. Nach dem Zweiten Weltkrieg kam es ab Mai 1945 zur schrittweisen Wiederaufnahme des Fahrbetriebs. Zunächst kamen mit Hilfe von in Baden stationierten sowjetischen Pionieren Dampflokomotiven zum Einsatz. Ab 22. Dezember 1946 war der vollelektrische Betrieb von der Wiener Philadelphiabrücke nach Baden und ab 25. September 1947 von der Bösendorferstraße möglich.
In den 1950er und 1960er Jahren sanken aufgrund der fortschreitenden Motorisierung des Verkehrs die Fahrgastzahlen der Badner Bahn. In den 1980er Jahren begannen erfolgreiche Rationalisierungsmaßnahmen und Modernisierungen des Wagenparks, die sich in einer merkbaren Erhöhung der Fahrgastzahlen niederschlugen. Auch das Entstehen eines neuen Ortsteils der Gemeinde Maria Enzersdorf (Südstadt) und der Bau der Shopping City Süd (SCS) in Vösendorf trugen zu einem Aufschwung der Badner Bahn bei. 1984 wurde zwischen Wien und Baden der Halbstundentakt eingerichtet. Im Jahr 2019 benutzten 13,7 Millionen Fahrgäste die Badner Bahn, die damit die beliebteste Regionalbahn Österreichs war.
Busverkehr
Am 19. Juni 1931 erwarben die WLB die Konzession für den Autobusverkehr Wien-Baden, der am 1. September 1939 eingestellt und am 1. September 1946 wiederaufgenommen wurde.
Infrastruktur
Ab 1. April 2018 wurde die Werkstätte und die neue Zentrale der Badner Lokalbahn in der Purkytgasse 1b (23) in Betrieb genommen. Das Areal umfasst 6500 Quadratmeter mit Bürogebäude, Abstell-und Revisionshallen und Waschanlage. Die Gleisgesamtnutzungslänge beträgt ungefähr einen Kilometer.
Daher wurde am 31. März 2018 der Betriebsbahnhof Wolfganggasse (12) geschlossen. Die Fläche wird als inneres Stadtentwicklungsgebiet nachgenutzt werden, wobei 850 geförderte Wohnungen entstehen. Während das alte Bürogebäude geschleift wird, bleibt die alte Revisionshalle (1905 errichtet) erhalten und wird einer neuen Nutzung zugeführt.
Durch die Auflassung des Betriebsbahnhofes Wolfganggasse befährt die Badner Bahn ab 1. April 2018 in Meidling eine neue Route. Es werden nun die Haltestellen Aßmayergasse, Längenfeldgasse / Flurschützstraße sowie Marx-Meidlinger-Straße angefahren. Die restliche Streckenführung zwischen Wien und Baden bleibt unverändert. Im August 2018 wurden die Gleisanlagen auf der nicht mehr befahrenen Strecke in der Eichenstraße (12) demontiert. Die AG befindet sich im Eigentum der Wiener Stadtwerke - Verkehrsbetriebe ("Wiener Linien"). Die Badner Bahn ist am Verkehrsverbund VOR beteiligt. Innerhalb der Wiener Stadtgrenzen können daher WLB-Fahrkarten auch in Verkehrsmitteln anderer Verbundteilnehmer verwendet werden und umgekehrt.
Ab Jänner 2023 verkehren auf der Badner Bahn Niederflurgarnituren von der Firma Alstom (Reihe 501), welche langsam die Züge der Reihe 100, gebaut von SGP und AEG Austria, ablösen. Beide Baureihen sind mit einer Vielfachsteuerung ausgetattet, welche untereinander konvertibel sind.
Literatur
- Hans Sternhart / Hans Pötschner: 100 Jahre Badner Bahn. Die Geschichte der Badner Straßenbahn under der Lokalbahn Wien-Baden. Wien: Slezak 1973
- Gregor Gatscher-Riedl: Bahnen im Südens Wiens. Berndorf: Kral Verlag 2015, S. 60 ff.
- Hotspot. Das Stadtjournal Liesing. In: Kronenzeitung, 08.04.2018 , S. 3 ff. (Beilage)
Weblinks
- Stadtentwicklungsprojekt Wolfganggasse [Stand: 09.04.2018]
- Alles einsteigen! 130 Jahre Badner Bahn [Stand: 3.9.2020]