Alfred Kraus
Alfred Kraus, * 18. Mai 1867 Gitschin, Böhmen (Jičín, Tschechische Republik), † 1. August 1938 Baden bei Wien, Chemiker, Industrieller, Gesellschafter der Firma "Jacob Kraus", Präsident der "Vereinigten Papier- und Ultramarin-Fabriken".
Biografie
Alfred Kraus, war das fünfte Kind von Jacob und Ernestine Kraus und wurde 1867 in der böhmischen Kleinstadt Jičín geboren, wo seine Vorfahren mütterlicherseits, die Kantors, schon über Generationen etabliert waren und sein Vater ein erfolgreiches Geschäftsimperium aufbaute. Er war etwa zehn Jahre alt, als die Familie 1877 nach Wien übersiedelte, um das Familienunternehmen in der Haupt- und Residenzstadt weiter auszubauen. Alfred Kraus besuchte das Franz-Josephs-Gymnasium (1., Stubenbastei 6–8), in dem nach ihm auch alle seine Brüder ihre Schulbildung absolvierten. Anschließend studierte er Chemie.
Am 14. August 1900 heiratete Alfred Kraus in Marienbad in der Israelitischen Kultusgemeinde Pilsen Rosa Hirsch (1880–1951). Das Paar hatte zwei Kinder. Marianne wurde am 26. August 1901 in Wien geboren. Richard, benannt nach seinem Onkel, kam am 2. Februar 1903 ebenfalls in Wien zur Welt und stieg später in das Familienunternehmen ein. Er starb am 20. Februar 1942 im französischen Internierungslager Aubagne. Alfred und Rosa Kraus traten in den 1900er Jahren aus dem Judentum aus und konvertierten zum Protestantismus. Wie auch bei anderen Familienmitgliedern, richtete ihre Wohnung in der 3., Mohsgasse 2 der Architekt Adolf Loos ein.
Alfred Kraus arbeitete wie andere seiner Brüder im Familienunternehmen "Jacob Kraus" mit und kümmerte sich dort unter anderem um die Finanzen. Wie der Briefwechsel mit seinem Bruder Karl Kraus belegt zählte dazu etwa die Ausbezahlung von dessen Leibrente. Nachdem der älteste Bruder Richard Kraus 1909 mit nicht einmal 48 Jahren starb, übernahm Alfred Kraus als zweitältester Bruder die Gesamtverantwortung für Familie und Unternehmen. Er war zunächst Geschäftsführer der Firma "Jacob Kraus", wozu der Ultramarinhandel in Wien und die Papierfabriken in Jičín und Franzensthal an der Mettau gehörten. 1912 erfolgte die Zusammenlegung mit "Johann Setzer" (Ultramarinfabriken in Wien, Weitenegg und Karbitz) und "N. Schneider jun." (Ultramarinfabriken in Neunkirchen) zur neuen Aktiengesellschaft "Vereinigte Papier- und Ultramarin-Fabriken Jacob Kraus, Joh. Setzer und N. Schneider jun." deren Präsident Alfred Kraus war. Ab 1913 wurde er außerdem Vorstandsmitglied der "Deutschlandsberger Papierfabriken", ebenso Teil des Familienunternehmens. Gemeinsam mit Karl Kraus vermittelte er in einem heftigen Konflikt der beiden anderen Brüder Josef und Rudolf Kraus. Nach dem Tod seines jüngsten Bruders 1936 übernahm er außerdem gemeinsam mit den anderen Brüdern die Weiterführung einiger Prozesse von Karl Kraus.
Alfred Kraus starb am 1. August 1938 im Kurhaus in Baden bei Wien. Als Jüd*innen verfolgt konnten seine Frau Rosa Kraus und sein Sohn Richard im Februar 1939 vor der nationalsozialistischen Verfolgung aus Wien flüchten. Rosa Kraus überlebte die NS-Zeit in Belgien, heiratete dort erneut (Rosa Hoton) und verstarb am 1. Juni 1951 in Brüssel.
Quellen
- Wienbibliothek Digital: Alfred Kraus
- ANNO: Wahl von Dr. Alfred Kraus in den Vorstand der Deutschlandsberger Papierfabriken. In: Buchdrucker-Zeitung, 12.06.1913
- ALO: Jahresberichte Franz-Joseph-Gymnasium Wien (1882–1895), 05.02.2024 [Stand: 13.02.2024]
- WStLA: Bezirksgericht (BG) Innere Stadt Wien, Verlassenschaft Rosa Hoton, A894-51
Literatur
- Lisa Frank: Rosa Kraus. In: Lexikon der österreichischen Provenienzforschung, 27.5.2024
- Katharina Prager / Simon Ganahl [Hg.]: Karl Kraus-Handbuch. Leben – Werk – Wirkung. Berlin: J.B. Metzler 2022
- Jens Malte Fischer: Karl Kraus. Der Widersprecher. Wien: Zsolnay 2020
- Empfehlung zur Rückgabe von Kunstgegenständen an die Nachfahren von Alfred und Rosa Kraus. 03.07.2015 [Stand: 13.02.2024]
- Georg Gaugusch: Wer einmal war A–K. Das jüdische Großbürgertum Wiens 1800–1938. 2 Bände. Wien: Amalthea 2011, S. 1545–1549
- Karl Kraus Online: Alfred Kraus [Stand: 13.02.2024]
Alfred Kraus im Katalog der Wienbibliothek im Rathaus.