48° 9' 3.07" N, 16° 27' 2.74" E zur Karte im Wien Kulturgut
Der Neue israelitischer Friedhof (11., Simmeringer Hauptstraße 246; Zentralfriedhof 4. Tor) wurde am 4. April 1917 eröffnet. Nachdem der Alte israelitische Friedhof zu klein geworden war, wurde ab 1916 ein neuer Friedhof beim damaligen 5. Tor angelegt. Die Zeremonienhalle entwarf Ignaz Nathan Reiser.
Geschichte
Anlegung und Eröffnung
Nach den Erweiterung des Alten Israelitischen Friedhofs zeichnete sich eine Belastungsgrenze ab, weshalb die Israelitische Kultusgemeinde am 8. Jänner 1911 den Kauf eines ostwärts an den Zentralfriedhof angrenzenden, im Besitz des Schwechater Brauereibesitzers Anton Dreher junior befindlichen Grundstücks im Ausmaß von 234.770 m² zum Preis von 1.089.382,84 Kronen beschloss. Die Bewilligung zur Errichtung des Friedhofs durch die zuständigen Stellen erfolgte im Herbst 1911. 1913 wurde ein Wettbewerb zur Erlangung von Entwürfen für die Errichtung der Friedhofsanlagen ausgeschrieben. Von den im März 1915 eingereichten Entwürfen wurde das Projekt des Architekten Adolf Oberländer mit dem ersten Preis ausgezeichnet.
Durch den Ersten Weltkrieg war die Verwirklichung des Projekts unmöglich gemacht worden, jedoch wurde von 1916 bis 1917 eine provisorische Zeremonienhalle nach den Plänen von Jakob Gartner vom Baumeister Edmund Melcher erbaut. Die vom Magistratischen Bezirksamt für den 11. Bezirk erteilte Baubewilligung wurde in der Sitzung des Stadtrats am 28. November 1916 genehmigt. Am 4. April wurde in einer stillen Feier in der provisorischen Zeremonienhalle der neue Friedhof eröffnet, die erste Beisetzung erfolgte am 19. April 1917. Jedoch wurden die Verstorbenen wie bisher in der Leichenkammer des Alten Israelitischen Friedhofs beigesetzt und erst am Begräbnistag auf den neuen Friedhof überführt.
Neuauschreibung und Eröffnung der Zeremonienhalle
Als sich in den Nachkriegsjahren die wirtschaftliche Lage gebessert hatte, wurde erneut ein Wettbewerb für die Errichtung der Friedhofsanlagen ausgeschrieben, bei dem der Architekt Ignaz Reiser für sein Projekt "Bet ha-chajim XI" den ersten Preis erhielt. Die Ausführung für den Neubau des Zeremoniengebäudes wurde ihm am 11. Dezember 1924 übertragen und am 21. Juni 1926 mit den Bauarbeiten begonnen. Die im Grundriss achteckige, von einer Kuppel gekrönte Zeremonienhalle bildete das Zentrum des Baukomplexes, der auch eine Beisetzkammer, ein Verwaltungsgebäude und zwei Leichenhallen - jeweils für infektiöse und nicht-infektiöse Verstorbene - inkludierte. Die Eröffnung dieser Zeremonienhalle erfolgte am 9. September 1928. Das Friedhofsportal erinnert stilistisch an das Krematorium von Clemens Holzmeister. Im Jahr 1935 wurde eine Erweiterung auf 16.000 m² durchgeführt.
Zeit des Nationalsozialismus und Wiederaufbau
Die Israelitischen Friedhöfe Währing, Floridsdorf und jene beim 1. und 4. Tor kamen 1938 in die Verwaltung der Stadt Wien. In den Novemberpogromen wurden die Zeremonienhallen am Alten und Neuen Friedhof verwüstet. Am Ende des Zweiten Weltkriegs erlitten die Zeremoniengebäude schwere Beschädigungen durch Bombentreffer
1951 wurde der Beerdigungsdienst in den Israelitischen Friedhöfen - ausgenommen Währing - von der Kultusgemeinde wieder aufgenonommen. Das Rückstellungsverfahren konnte im November 1955 abgeschlossen werden. Die Zeremonienhalle wurde wieder aufgebaut und am 17. Dezember 1967 ihrer Bestimmung übergeben; jene am Alten Friedhof wurde 1979 abgetragen.
Standort von Prominentengräbern und Gedenkstätten
Hier sind unter anderem Armin Berg, Josef Samuel Bloch, Elise Elizza, Leo Fall, Hugo Meisl, Ignaz Nathan Reiser und Heinrich Sussmann begraben. Außerdem befindet sich hier eine Anzahl von Gedenkstätten und Mahnmalen für jüdischen Märtyrer und Opfer des Nationalsozialismus. Da das ursprüngliche vierte Tor zur evangelischen Abteilung des Zentralfriedhofs um 2000 aufgelassen beziehungsweise in das unmittelbar benachbarte dritte Tor einbezogen wurde, änderte die städtische Friedhofsverwaltung in der Folge die Adresse der Neuen Israelitischen Abteilung von 5. Tor auf 4. Tor.
Siehe auch: Israelitische Friedhöfe, Israelitischer Friedhof (1879-1916), Friedhöfe, Jüdische Geschichte.
Bestattete Personen
Im Wien Geschichte Wiki gibt es 46 Einträge von Personen, die auf diesem Friedhof bestattet sind.
BildName des Bildes | Personenname | BerufBeruf | GeburtsdatumDatum der Geburt | SterbedatumSterbedatum | Grabstelle |
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Ignaz Abeles | Arzt Fußballfunktionär | 4 November 1874 | 27 Juli 1942 | Gruppe 19, Reihe 21A, Nummer 13 | |
Nathan Adam von Arnstein | Bankier Großhändler | 30 März 1748 | 6 September 1838 | Gruppe 14A, Reihe 14, Nummer 8 | |
Robert Ascher | Schriftsteller Angestellter | 9 Juni 1883 | 11 April 1933 | Gruppe 14A, Reihe 7, Nummer 31 | |
Armin Berg | Schauspieler Kabarettist | 9 Mai 1883 | 23 November 1956 | Gruppe 3, Reihe 22, Nummer 33 | |
Georg Chaimowicz | Künstler | 3 Juni 1929 | 5 Juni 2003 | Gruppe 24, Reihe 30, Nummer 1 | |
Franziska Danneberg-Löw | Fürsorgerin Widerstandskämpferin | 2 Januar 1916 | 28 November 1996 | Gruppe 5, Reihe 4, Nummer 39 | |
Elisabeth Elizza | Opernsängerin | 6 Januar 1868 | 3 Juni 1926 | Gruppe 3, Reihe 4, Nummer 3 | |
Jehudo Meier Epstein | Maler | 6 Juli 1870 | 16 November 1945 | Gruppe 8, Reihe 2, Nummer 3 | |
Julius Epstein | Pianist Klavierpädagoge | 7 August 1832 | 2 März 1926 | Gruppe 3, Reihe 4, Nummer 2 | |
Leo Fall | Komponist | 2 Februar 1873 | 16 September 1925 | Gruppe 3, Reihe 4, Nummer 1 | |
… weitere Ergebnisse |
Literatur
- Werner T. Bauer: Wiener Friedhofsführer. Genaue Beschreibung sämtlicher Begräbnisstätten nebst einer Geschichte des Wiener Bestattungswesens. Wien: Falter-Verlag 1988, S. 198f
- Felix Czeike: XI. Simmering. Wien [u.a.]: Jugend & Volk 1980 (Wiener Bezirkskulturführer, 11), S. 53
- Franz Knispel: Zur Geschichte der Friedhöfe in Wien. Wien: Wiener Stadtwerke - Städtische Bestattung 1992, Band 2, S. 110-117