Israelitischer Friedhof (1879-1916)

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Zentralfriedhof, 1. Tor (11., Simmeringer Hauptstraße 230B). Situationsplan des der Israelitischen Kultusgemeinde überlassenen Bereichs, 1876.
Daten zum Objekt
Art des Objekts Friedhof
Datum vonDatum (oder Jahr) von 1879
Datum bisDatum (oder Jahr) bis 1916
Name seit
Andere BezeichnungAndere Bezeichnung für diesen Eintrag Zentralfriedhof Tor I, Zentralfriedhof (Wien) / Alte Israelitische Abteilung
Frühere Bezeichnung
Benannt nach
Bezirk 11
Prominente Bewohner
Besondere Bauwerke
Wien Geschichte WikiIdentifier/Persistenter URL zur Seite  359270
GNDGemeindsame Normdatei 1252263171
WikidataIDID von Wikidata
Siehe auchVerweist auf andere Objekte im Wiki  Friedhöfe, Zentralfriedhof, Israelitische Friedhöfe, Israelitischer Friedhof, Langes 19. Jahrhundert, Jüdische Geschichte (Portal)
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Letzte Änderung am 15.10.2024 durch WIEN1.lanm08uns
BildnameName des Bildes WSTLA KS Plan und Schriftenkammer P3 5 107907 1 01.jpg
BildunterschriftInformation, die unterhalb des Bildes angezeigt werden soll Zentralfriedhof, 1. Tor (11., Simmeringer Hauptstraße 230B). Situationsplan des der Israelitischen Kultusgemeinde überlassenen Bereichs, 1876.
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48° 9' 30.61" N, 16° 25' 57.15" E  zur Karte im Wien Kulturgut

Der Alte Israelitische Friedhof / Alte Israelitische Abteilung (11., Simmeringer Hauptstraße 230B; Zentralfriedhof, 1. Tor) wurde von 1879 bis 1916 belegt. Seit 1876 dient der Zentralfriedhof als gemeinsame Ruhestätte für Verstorbene aller Konfessionen, doch wurde beim ersten Tor im Jahr 1877 der jüdischen Gemeinde ein Areal von knapp 260.000 Quadratmeter als Begräbnisstätte überlassen.

Geschichte

Die Israelitische Kultusgemeinde strebte durch die im Rahmen der Eröffnung des Zentralfriedhofs angestrebte Zentralisierung des Bestattungswesens schon 1874 Verhandlungen mit der Gemeinde Wien zur Überlassung einer Grundfläche zur Errichtung eines abgesonderten Friedhofs an. Diese Verhandlungen verzögerten sich allerdings, weil durch die rituellen Bestimmungen der Juden über die Bestattung ihrer Verstorbenen, die in der jüdischen Auffassung wurzeln, die Begräbnisstätten zur Wahrung der ewigen Totenruhe zu erhalten, die Bewertung der abzutretenden Grundfläche erschwert wurde.

Der Gemeinderat beschloss am 30. Oktober 1874 der Kultusgemeinde die gewünschten 30 Joch Grundfläche mit der Auflage zu überlassen, dass die Kultusgemeinde sowohl zu den allgemeinen Verwaltungskosten als auch den Kosten der Baulichkeit des Zentralfriedhofs ohne konfessionellen Charakter einen dem Anteil der Flächen zueinander entsprechenden Beitrag zu leisten hatte. Für die in der Israelitischen Abteilung vorgesehenen Bauten musste die Kultusgemeinde die Gesamtkosten tragen. Der Vertragsentwurf wurde vom Gemeinderat am 20. Juli 1877 bewilligt und für die Überlassung von 20 Joch 826 Quadratklafter der Betrag von 36.929 Kronen 25 Kreuzer festgesetzt. Der Vertragsabschluss fand am 16. Oktober 1877, die physische Übergabe des Grundstücks am 29. Oktober statt.

Das große Zeremoniengebäude wurde von Frühling bis Herbst 1878 nach Plänen des Architekten Wilhelm Stiassny im historisierenden Stil erbaut, es verfügt über einen großen Zeremoniensaal mit reich verzierter Kassettendecke mit Plätzen für 400-500 Personen. An der Ostseite entstand ein kleiner Saal für circa 100 Personen.

Nach der Sperre des Währinger Friedhofs wurde im März 1879 die Israelitische Abteilung des Zentralfriedhofs bei Tor 1 eröffnet, am 5. März wurde mit der Belegung begonnen. Zuvor wurden aufgrund des am 18. Dezember 1878 erteilten Konsenses "zur Benützung der Leichenhofgebäude" die erforderlichen sanitätspolizeilichen und administrativen Vorkehrungen getroffen.

Zum Hauptteil des Zentralfriedhofs wurde durch eine mit Alleebäumen bepflanzte Straße eine symbolische Teilung hergestellt. Die Kultusgemeinde erhielt jedoch Eigentumsrecht an der Bestattungsanlage, jedoch gemäß des Vertrags vom Oktober 1877 abgeschlossenen Vertrags das Benützungsrecht mit der Zusicherung erteilt, dass die israelitische Abteilung so lange unantastbar bleibt, als nicht der gesamte Zentralfriedhof seiner Bestimmung für Tote entfremdet wird.

In den Jahren 1887, 1889 und 1912 wurden Erweiterungen durch den Erwerb von anschließenden Grundstücken bis zu dem aufgrund der örtlichen Gegebenheiten zulässigen Höchstmaß durchgeführt. Bereits im Jahr 1909 wurde die Errichtung eines neuen Friedhofs erwogen und 1911 der Ankauf eines östlich an den Zentralfriedhof angrenzenden Grundstücks beschlossen.

Bis 1916 wurden hier circa 80.000 Verstorbene beerdigt, ab der Eröffnung am 4. April 1917 erfolgten die Beisetzungen am neuen Israelitischen Friedhof beim vierten Tor. In den Novemberpogromen 1938 wurde das vom Architekten Wilhelm Stiassny entworfene Zeremoniengebäude zerstört, im Jahr 1944 von etlichen Bomben schwer beschädigt und 1979 demoliert. Von den 60.000 Gräbern wurden 1945 fast 3.000 Grabanlagen, durch fehlgeleitete Fliegerbomben, zerstört. Der Friedhof steht nicht in der Verwaltung der Friedhöfe Wien GmbH, sondern wird von der Israelitischen Kultusgemeinde betreut. Von 1987 bis 2011 wurde der Friedhof saniert.

In der Alten Israelitischen Abteilung sind unter anderem Adolf Fischhof, Max Fleischer, Ludwig August Frankl, Karl Goldmark, Oskar Marmorek, Gustav Pick, Josef Popper-Lynkeus, Arthur Schnitzler, Maximilian Steiner und Friedrich Torberg (auf eigenem Wunsch) in Ehrengräbern begraben. Gemäß der jüdischen Bestimmung über die Erhaltung von Gräbern wird dieser Friedhof erhalten, obwohl hier seit 1916 keine Beisetzungen mehr stattfinden.

Künstlerische Gestaltung

Viele Gräber weisen eine künstlerische Vielfalt und Originalität auf: große neogotische Tempel, massive Grabwände mit "babylonischen" Pylonen, unübersehbare "ägyptische" Stileinflüsse, prächtige marmorne Scheinsarkophage für bedeutende Personen. Dies bezeugt die Eigenständigkeit der Grabkultur innerhalb der Gräber aus der Zeit des "Fin de Siècle".

Siehe auch: Zentralfriedhof, Israelitische Friedhöfe, Israelitischer Friedhof, Friedhöfe, Jüdische Geschichte.

Bestattete Personen

Im Wien Geschichte Wiki gibt es 124 Einträge von Personen, die auf diesem Friedhof bestattet sind.

BildName des BildesPersonennameBerufBerufGeburtsdatumDatum der GeburtSterbedatumSterbedatumGrabstelle
Max Adler (Soziologe)Soziologe
Philosoph
15 Januar 187328 Juni 1937Gruppe 6, Reihe 19A, Nummer 21
Anton AscherSchauspieler
Theaterdirektor
Politiker
15 Juli 182021 April 1884Gruppe 6, Reihe 29, Nummer 56
Eduard BacherChefredakteur
Parlamentsstenograph
7 März 184616 Januar 1908Gruppe 50, Reihe 1, Nummer 101
Sigmund BachrichMusiker
Komponist
23 Januar 184116 Juli 1913Gruppe 52, Reihe 7, Nummer 32
Moriz Benedikt.jpgMoriz Benedikt (Journalist)Journalist
Publizist
27 Mai 184918 März 1920
Gerhard BronnerSchauspieler
Kabarettist
23 Oktober 192219 Januar 2007Gruppe 6, Reihe 0, Grab 2
Moritz Brunner (Pädagoge)Pädagoge18463 Dezember 1908Gruppe 20, Reihe 3, Nummer 1C
Ignazbruell.jpgIgnaz BrüllPianist
Komponist
7 November 184617 September 1907Gruppe 20, Reihe 1, Nummer 23
Joel DeutschPädagoge20 März 18131 Mai 1899Gruppe 7, Reihe 29, Nummer 1
Sigmund EhrlichJournalist23 Dezember 185212 Februar 1932Gruppe 19, Reihe 56, Nummer 23
… weitere Ergebnisse

Video

Zur Übernahme, Erhaltung und Sanierung jüdischer Ehrengräber (wien.at, Erstausstrahlung 8. März 2012)

Quelle

Literatur

  • Werner T. Bauer: Wiener Friedhofsführer. Genaue Beschreibung sämtlicher Begräbnisstätten nebst einer Geschichte des Wiener Bestattungswesens. Wien: Falter-Verlag 1988, S. 194-197
  • Felix Czeike: XI. Simmering. Wien [u.a.]: Jugend & Volk 1980 (Wiener Bezirkskulturführer, 11), S. 53
  • Franz Knispel: Zur Geschichte der Friedhöfe in Wien. Wien: Wiener Stadtwerke - Städtische Bestattung 1992, Band 2, S. 110-117

Weblink