Theodor Körner (Bürgermeister)
Körner als Bürgermeister
Der ehemalige Militär Theodor Körner (1873-1957) übte in der Nachkriegszeit unter äußerst schwierigen Bedingungen das Amt des Wiener Bürgermeisters aus, ehe er 1951 die Wahl zum österreichischen Bundespräsidenten gewann und in die Präsidentschaftskanzlei wechselte.
Vorgeschichte und Ernennung
Nachdem sich ab 1943 das Ende der NS-Herrschaft in Österreich abzuzeichnen begann und auf Basis der Moskauer Erklärung die Unabhängigkeit Österreichs begannen überlebende Sozialdemokraten aus der kommunalen Führungsspitze über die Besetzung des Bürgermeisteramtes nach Kriegsende Überlegungen anzustellen. Von den bei der Bevölkerung populären Persönlichkeiten kamen nur Karl Seitz und Theodor Körner in Frage. Nach der Befreiung Wiens wurden allerdings kurzzeitig der ehemalige Vizebürgermeister Georg Emmerling als Platzhalter für Karl Seitz, dessen Überleben im Konzentrationslager nicht bekannt war und der ehemalige Stadtrat für das Bauwesen Anton Weber von Seiten der Widerstandsbewegung und der KPÖ ins Spiel gebracht. Letztlich gelang es den Sozialdemokraten unter der Führung von Adolf Schärf Körner durchzusetzen. Dieser wurde am 17. April 1945 von der sowjetischen Besatzungsmacht als provisorischer Bürgermeister bestätigt. Im August wurde Körner von Seiten der provisorischen Staatsregierung angelobt.
Körners Amtsverständnis und Regierungsstil
Die Unvertrautheit Körners mit kommunalpolitischen Agenden erwies sich in der Nachkriegszeit als Vorteil, weil der neue Bürgermeister unbürokratisch dachte, was den großen Problemen während des Wiederaufbaus eher gerecht wurde. Als großer Vorteil erwiesen sich Körners Sprachkenntnisse, die ihm erlaubten mit allen Vertretern der Alliierten in ihrer Muttersprache zu kommunizieren, besonders seine Kenntnisse in der russischen Sprache. Im Rahmen seiner Tätigkeit war er oft im öffentlichen Raum unterwegs, um den Kontakt zur Bevölkerung herzustellen, Mut für den Wiederaufbau zuzusprechen. Obwohl zumeist in seinen Reden vermittelnd auftretend war, Körner kein geschickter Diplomat. Diese Eigenschaft zeigte sich etwa anlässlich einer Feier der Schweizer Unabhängigkeit am 1. August 1949, in der er mit einer habsburgerkritischen Bemerkung in seiner Rede für Empörung in der konservativen Presse sorgte.
Die ersten Nachkriegsmonate
In einer seiner ersten Weisungen forderte Körner alle Mitarbeiter des Magistrats auf, zum Dienst zu Erscheinen. Alle die bis Ende April 1945 dem nicht nachkamen, galten als entlassen oder freiwillig ausgetreten. Abgesehen von der sowjetischen Besatzungsmacht war der Handlungsspielraum von Körner bis zu den ersten freien Wahlen im November 1945 vor allem dadurch beschränkt, dass er auf Anweisung der Sowjets keine Weisungen an Bezirksvorsteher erteilen konnte. Erst die Bestellung von Bezirksvertretungen nach den Wahlen durch das Verfassungsüberleitungsgesetz beendeten diesen Zustand. Die Aktivitäten des Bürgermeisters konzentrierten sich vorerst um die Lebensmittelversorgung und der notdürftigen Versorgung der rund 35.000 Obdachlosen. Weiters ging es um die Wiederinbetriebnahme der wichtigsten Ver- und Entsorgungsinfrastruktur. In Beziehung zu den Besatzungsmächten versuchte Körner durch laufende Interventionen die Zulieferung von Hilfsmitteln zu erreichen. Die von Körner initiierte „Septemberaktion“ diente einer ersten größeren Schuttbeseitigung.
Haltung zur Sowjetunion
Die Beziehungen Körners zur sowjetischen Besatzungsmacht waren durch Korrektheit und einen gewissen Respekt ihm gegenüber geprägt. Körner galt nicht ganz zu Unrecht als „russenfreundlich“, was ihm ab den späten 1940er Jahren auch leise Kritik von Seiten der Bundespartei einbrachte. Seine Teilnahme an der 800-Jahr-Feier Moskaus im Jahr 1948 und die Ehrenpräsidentschaft der sowjetisch-österreichischen Gesellschaft stehen für diese Haltung, die in einer nicht unkritischen, aber etwas naiven Sicht auf die stalinsche Herrschaft zum Ausdruck kamen.
Wiederaufbau (1946-1949)
In der konstituierenden Sitzung des Gemeinderates wurde Körner am 14. Februar 1946 mit 96 von 97 abgegebenen Stimmen als Bürgermeister bestätigt. Durch die alles überschattende Not hielten sich Spannungen in der Stadtregierung auch nach den Wahlen von November 1945 in Grenzen, wenngleich Körner vor allem dem kommunistischen Vizebürgermeister Karl Steinhardt nicht traute. In den Jahren 1946 und 1947 gelang es Körner unter anderem auch durch Auslandsreisen Hilfslieferungen für die Bevölkerung Wiens, die die Ernährungslage und die Energieversorgung verbesserten zu erreichen. Der Winter 1946/47 verursachte eine neuerliche Versorgungskrise, was zu Sparappellen an die Bevölkerung Anlass gab. Der Schwerpunkt der Initiativen verlagert sich in der Folge immer mehr zum Wiederaufbau, auch zum kommunalen Wohnbau. Politisch kämpft Körner gegen die Benachteiligung Wiens beim Finanzausgleich und der Baustoffzuteilung anzukämpfen, wobei er dafür in erster Linie die ÖVP-geführten Länder verantwortlich machte. Anlässlich seines 75. Geburtstags wird Körner 1948 zum Ehrenbürger der Stadt Wien ernannt. Im Wahljahr 1949 verstärken sich die Spannungen innerhalb der Stadtregierung zwischen SPÖ und ÖVP am Enteignungsgesetz, welches ohne die Stimmen der Volkspartei beschlossen wurde.
Ausklang
Nach den Wahlen von Oktober 1949 verlagerte sich die Tätigkeit von Körner zunehmend in Richtung einer Effizienzsteigerung der kommunalen Verwaltung abseits der Besonderheiten der unimittelbaren Nachkriegszeit. Die Erhöhung der Wohnbauleistung war Körner ein besonderes Anliegen, ebenso der Schulbau. In diesem Zusammenhang versuchte er die Macht des Finanzstadtrates Johann Resch zu beschränken, dem er Planlosigkeit und Sparsamkeit am falschen Ort vorwarf, Resch blieb jedoch seinem Kurs treu. In seiner Kritik stand auch die unterplanmäßige Wohnbauleistung unter Franz Jonas und Leopold Thaler. Auf Drängen Körners kam immerhin ein Schnellbauprogramm für Kleinwohnungen zur Umsetzung. In seiner letzten Rede als Bürgermeister vom 1. Jänner 1951 sprach sich Körner für einen Staatsvertrag auf Basis einer österreichischen Neutralität aus.
Während der von der KPÖ betriebenen Streikbewegung wegen des 4. Lohn- und Preisabkommens der Regierung suchte Körner durch Lob für die moderate Haltung der städtischen Angestellten in den Versorgungsunternehmen dem Umsturzversuch die Basis zu entziehen und durch mäßigende Vorsprache beim sowjetischen Stadtkommandanten ein Eingreifen der sowjetischen Besatzungsmacht zu verhindern, was letztlich auch gelang.
Gegen Ende seiner Amtszeit verschlechterte sich das Koalitionsklima innerhalb der Stadtregierung und auch im Gemeinderat, wobei Körner versuchte mäßigend einzuwirken. Der von Bundespräsident Karl Renner am 31. Dezember 1950 und die daran anschließenden Bundespräsidentenwahlen die Körner gewann beendeten die Tätigkeit als Bürgermeister der Stadt Wien und übergab am 18. Juni 1951 die Amtsgeschäfte an seinen designierten Nachfolger Franz Jonas.[1] Körner zählte zu den erfolgreichsten Wiener Bürgermeistern, zumal seine Amtszeit durch besonders schwierige Rahmenbedingungen geprägt war.
Quellen
- Wiener Stadt- und Landesarchiv, Nachlass Körner
- Wienbibliothek im Rathaus, Handschriftensammlung, Splitternachlass Theodor Körner
- Wienbibliothek im Rathaus, Handschriftensammlung, Sammlung Theodor Körner
- Verein für Geschichte der ArbeiterInnenbewegung (VGA), Karton 1, Mappen 1–3. Inhalt: Typoskripte zu militärischen Themen, Unterlagen Republikanischer Schutzbund, persönliche Dokumente, Korrespondenz, Notizen, Zeitungsartikel. Kassette mit Fotos, gewidmet von Studenten der Wirtschaftshilfe.
- Österreichische Nationalbibliothek, Nachlass Beatrix Hartmann-Bolla
Literatur
- Margit Altfahrt/Karl Fischer: Theodor Körner. Bürgermeister und Bundespräsident. Wiener Geschichtsblätter Beiheft 1/1987
- Eric C. Kollman: Theodor Körner. Militär und Politik. Wien: Verlag für Geschichte und Politik 1973
- Wolfgang Mayer: Nachlässe. Veröffentlichungen des Wiener Stadt- und Landesarchivs A 3/2. Wien: Wiener Stadt- und Landesarchiv 1988
- Andreas Pittler: Theodor Körner 1873-1957.Wien: Carl Gerold’s Sohn 2011
- Kurt Stimmer: Am 16. April 1945 einigten sich im Roten Salon des Rathauses die Vertreter von SPÖ, ÖVP und KPÖ auf die Bildung einer provisorischen Stadtverwaltung unter Bürgermeister Theodor Körner. In: Wien aktuell 25/4 (2005)
Referenzen
- ↑ Seine Tätigkeit als Bürgermeister ist vor allem in dem im Wiener Stadt- und Landesarchiv verwahrten Teilnachlass dokumentiert.